13 𝐅𝐫𝐞𝐮𝐧𝐝𝐬𝐜𝐡𝐚𝐟𝐭 𝐢𝐦 𝐒𝐜𝐡𝐚𝐭𝐭𝐞𝐧 𝐝𝐞𝐫 𝐆𝐞𝐡𝐞𝐢𝐦𝐧𝐢𝐬𝐬𝐞

9 0 0
                                    

Als die beiden auf dem Weg zum Klassenraum die letzten Meter entlanggingen, hielt Anna plötzlich inne und sah Sophia nachdenklich an. „Sophie," begann sie vorsichtig, „wenn das wirklich so echt ist, wie du sagst... könnte ich dann... irgendwann mal mitkommen? Ich meine, wenn du wirklich zwischen den Welten pendeln kannst und er... na ja, dieser Schatten, dir nahe ist, dann..." Sophia blieb stehen und blinzelte überrascht. Der Gedanke, jemanden mitzunehmen, war ihr selbst noch nie gekommen, und sie musste das Bild erst einmal in ihrem Kopf entstehen lassen: Anna und sie, gemeinsam in jener Dunkelheit, die eigentlich nur ihr und dem Schatten gehörte. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie er reagieren würde, und doch... eine kleine, rebellische Stimme in ihr regte sich, fasziniert von der Idee, ihre beste Freundin in diese geheime Welt mitzunehmen.

„Ich... weiß nicht, Anna," sagte Sophia schließlich. „Ich habe nie darüber nachgedacht, jemanden mitzunehmen. Es fühlt sich an wie... etwas, das nur uns beiden gehört." Ihre Stimme wurde sanfter, beinahe wie ein Flüstern, während sie an die kühle, fremde Nähe des Schattens dachte. Anna biss sich auf die Lippe, unsicher, ob sie ihre Frage weiterverfolgen sollte. „Ich verstehe," sagte sie leise, doch ein Hauch von Enttäuschung lag in ihrem Tonfall. „Es ist einfach nur... ich möchte sicher sein, dass du da nicht allein verloren gehst, weißt du?" Sophia schenkte Anna ein beruhigendes Lächeln. „Mach dir keine Sorgen, wirklich. Er ist... beschützend, auf seine eigene Art. Aber ich verspreche dir, wenn ich jemals das Gefühl habe, dass es zu viel wird oder ich nicht mehr klar sehen kann, dann werde ich dich sofort um Hilfe bitten."

Anna nickte zögernd und gab schließlich nach. „Okay, das klingt fair. Aber versprich mir, dass du mir wirklich Bescheid gibst."

„Versprochen," sagte Sophia fest und schob die Unsicherheit für einen Moment beiseite. Gemeinsam gingen sie den restlichen Weg zum Klassenraum. Sie fühlte, wie die Schulglocke durch die Wände vibrierte, und ein Gedanke kam ihr, fast wie ein Versprechen, das sie im Innersten sich selbst gab: Sollte die Dunkelheit je stärker werden, würde sie ihre Freundin nicht im Ungewissen lassen.

Anna und sie lächelten sich an, ein unausgesprochenes Verständnis zwischen ihnen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, einerseits das Unfassbare erlebt zu haben und andererseits die Schule und die Freundschaft im Licht des Alltags zu wissen. Die letzten Momente des Gesprächs fühlten sich an wie ein erneutes Abtauchen in das Geheimnis, das sie in sich trug - ein Geheimnis, das, selbst wenn sie es teilweise mit Anna teilte, doch immer ein Teil ihres eigenen, tiefen Schattens bleiben würde.

Als sie im Klassenzimmer angekommen waren, hielten Anna und Sophia es für besser, den anderen beiden Freundinnen vorerst nichts von den Ereignissen der letzten Nacht zu erzählen. Die Stunde zog sich wie Kaugummi, und Physik, das Fach, das Sophia ohnehin nicht mochte, schien endlos zu dauern. Verträumt begann sie, auf ihrem Notizblock zu kritzeln. Irgendwann tauchte eine dunkle Gestalt auf, ein Motorradfahrer - der Biker aus ihren Träumen. Sie versuchte, ihn so surrealistisch und echt wie möglich zu zeichnen, wie sie ihn bei ihrer letzten Begegnung vor ein paar Stunden in Erinnerung hatte.

Anna schüttelte belustigt den Kopf, während die Stunde weiterging. Sophia bekam kaum mit, dass die Zeit verging. Nach 60 Minuten läutete die Glocke, und der Unterricht war beendet. Doch Sophia verbrachte noch ein paar Minuten damit, ihre Zeichnung zu vervollständigen. Sie arbeitete an kleinen Feinheiten und versuchte, mit dem Bleistift einige Schatten in das Bild einzuarbeiten.

Sophias konzentrierte Malerei fiel nicht nur ihren Freundinnen in der zweiten Reihe auf, sondern auch zwei Jungen aus ihrer Klasse. Der eine, Elias, fand die ganzen Geschichten, die die Mädels austauschten, immer lächerlich und total peinlich. Er ging nach vorne zu den Mädchen und sah, dass Sophia etwas gemalt hatte. Er machte spöttische Bemerkungen und fragte, ob sie träumen würde und wer die Gestalt auf ihrem Bild sei. Was hatte sie sich wohl wieder für einen Quatsch in den Kopf gesetzt mit ihrem Lesestoff..

Sophia wollte antworten, denn sie wollte sich die Beleidigungen nicht gefallen lassen. Doch Elias zog ihr die Zeichnung weg und sah sie sich an. Sophia versuchte, wild mit ihren Händen herumzufuchteln, um die Zeichnung zurückzubekommen. Doch Elias machte nur weiter mit seinen blöden Sprüchen. Schließlich zerknüllte er die Zeichnung ein wenig und warf sie zu seinem Freund Luca, der ebenfalls in der Klasse war. Gemeinsam warfen sie die zerknüllte Zeichnung hin und her.

Irgendwann mischten sich auch die anderen Mädchen ein, um Sophia zu helfen und die Zeichnung zurückzuholen. Sie sahen, wie wichtig Sophia die Zeichnung war, und machten sich Sorgen um ihre Reaktion. Nach einer Weile bekam Sophia die Zeichnung wieder in die Hände. Sie zog an dem Papier, ebenso wie Elias. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis das Bild plötzlich in zwei Teile riss. Sophia landete auf ihrem Hinterteil auf dem Boden, mit der zerknüllten Hälfte des Bildes in der Hand.

Als sie die zerrissene Hälfte ansah, kamen ihr sofort die Tränen. Überwältigt von ihren Emotionen lief sie aus dem Klassenraum hinaus. Anna machte sich große Sorgen um Sophia. Nachdem sie die Klasse verlassen hatte, rannte sie zur Bibliothek, in der Hoffnung, Sophia dort zu finden. Sie hatte in der Schule viel umhergefragt und alle Ecken abgesucht, um ihre Freundin zu entdecken. Anna wusste, wie viel Mühe Sophia in ihr Bild gesteckt hatte und wie toll es aussah.

Als Anna in die Bibliothek stürmte, hörte sie das leise Schluchzen ihrer Freundin. Sie sah Sophia an einem Tisch sitzen, den Kopf in die Hände vergraben. Anna setzte sich vorsichtig neben sie und legte einen Arm um ihre Schultern. „Sophia, ich bin hier", flüsterte sie beruhigend. „Es tut mir leid, was passiert ist. Ich bin für dich da."

Sophia blickte auf und ihre Augen waren voller Tränen. Anna konnte sehen, wie verletzt und traurig sie war, und ihr Herz tat weh. „Das Bild war wirklich großartig, und es war so viel mehr als nur eine Zeichnung für dich", versuchte Anna zu erklären. „Du musst dir keine Gedanken darüber machen, was Elias gesagt hat. Es ist ein Idiot und hat noch nie was von Büchern verstanden und liebe so unreif wie er ist. Anna hielt die zerknüllte Hälfte des Bildes in der Hand, die sie Sophia nach dem Vorfall abgenommen hatte. „Hier", sagte sie sanft und reichte sie ihr. „Das ist die zweite Hälfte. Lass uns das Bild wieder zusammenfügen. Es war wichtig für dich, und du solltest nicht aufgeben."

Sophia schaute auf die zerknüllte Hälfte und schüttelte den Kopf. „Ich will kein anderes Bild machen", murmelte sie. „Normalerweise male ich überhaupt nicht oder zeichne. Ich habe das nur gemacht, weil ich mich in diesem Moment so verbunden gefühlt habe."

Sophia saß immer noch an dem Tisch in der Bibliothek und wischte sich die Tränen ab. „Ich kann einfach nicht mehr hierbleiben, Anna. Ich möchte nach Hause", sagte sie leise. Anna sah ihre Freundin besorgt an und nickte verständnisvoll.

„Verstehe ich", antwortete sie. „Willst du, dass ich dir beim Abmelden von Mathe helfe? Du könntest einfach sagen, dass du krank bist."

Sophia überlegte kurz und nickte dann. „Ja, das klingt gut. Ich kann einfach nicht tun, als wäre alles in Ordnung. Ich kann nicht mehr an die Schule denken, nachdem, was passiert ist."

„Okay, mach ich", sagte Anna. „Aber du musst mir später Bescheid geben, wie es dir geht, okay?"

„Versprochen", erwiderte Sophia, und ein schwaches Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Sie war dankbar, dass Anna sie unterstützte und verstand.

Die beiden standen auf und verließen die Bibliothek. Als sie zum Klassenraum gingen, fühlte Sophia sich ein wenig leichter. Anna half ihr, sich zu entspannen und die Gedanken an Elias und die zerknüllte Zeichnung für einen Moment beiseite zu schieben.

Im Klassenzimmer angekommen, gingen sie direkt zu der Lehrerin und Anna erklärte, dass Sophia sich unwohl fühlte und nach Hause gehen wollte. Die Lehrerin nickte verständnisvoll und wünschte Sophia gute Besserung. Anna begleitete ihre Freundin zur Tür.

„Mach dir keine Sorgen, wir schaffen das zusammen. Ich melde mich später bei dir, um sicherzustellen, dass du dich erholst", sagte Anna, als sie im Flur standen.

Sophia nickte und fühlte sich ein wenig besser, weil sie wusste, dass sie nicht allein war. „Danke, Anna. Ich werde mich später bei dir melden, versprochen."

Anna gab Sophia einen schnellen Umarmung, bevor sie sich verabschiedete und zurück in den Klassenraum ging. Sophia machte sich auf den Weg nach Hause, um sich auszuruhen und die Ereignisse der letzten Nacht und den Tag zu verarbeiten.

𝔇𝔞𝔯𝔨 𝔯𝔬𝔪𝔞𝔫𝔠 || 𝙏𝙝𝙚 𝙣𝙞𝙜𝙝𝙩 𝘿𝙧𝙞𝙫𝙚𝙧 || Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt