Selenas Zustand hatte sich immer noch nicht verbessert. Körperlich ging es ihr gut, aber die Ärzte machten sich Sorgen um ihr Bewusstsein und wiesen sie in eine Anstalt für Geisteskranke ein. Ich sprach mit dem Arzt und bat ihm, sie doch bei mir wohnen zu lassen, ich war ihr fester Freund und sie kannte mich. Aber er hielt es für das beste, wenn sie dort untergebracht wurde.
Ich versuchte Selena so oft wie möglich zu besuchen und kam zu ihrem Zimmer, brachte ihr Blumen. Ich nahm ihre Hand und versuchte ihren Blick einzufangen, doch sie starrte ins Leere, abwesend, als wäre sie nur körperlich da. Sie sprach nicht mit mir. Sie erwiderte keine meiner Umarmungen. Selena stand einfach nur da, mit schlaffen Armen.
Jedesmal, als ich mich von ihr verabschiedete, darauf hoffte, dass sie etwas sagte oder überhaupt ein Zeichen von sich gab, verließ ich traurig die Anstalt und fühlte, wie mein Herz schwer wurde und Risse bekam. Wie ich langsam zerbrach.
Es ist fast so schlimm, wie das Gefühl, wenn sie tot wäre. Ich kann sie sehen, anfassen.. sie ist da. Aber sie nimmt mich nicht war. Als wäre ich hier der Geist. Als exestierte ich nicht.. so fühlte ich mich, ohne sie, ohne ihre Zuneigung.. ich fühlte mich einfach tot.. nicht lebendig.
. . .
Ich parkte mein Auto unter einer schattigen Eiche und stieg aus. In meinen Händen hielt ich einen Strauß voller Tulpen, das waren früher Selenas Lieblingsblumen. Sie hatte eine Menge davon im Wohnzimmer verteilt oder welche bei sich auf dem Schreibtisch stehen lassen. Diese Blumen brachte ich ihr immer mit.
Ich betrat das Gebäude und ein Schwall von warmer, stickiger Luft kam mir entgegen. Ich steuerte direkt auf die Rezeption zu und lehnte mich gegen das Brett.
"Ich würde gerne zu Selena Gomez", erklärte ich und lächelte höfflich.
Die Frau schaute hoch und erkannte mich. Sie sah mich öfters hier, aber ihr Blick verriet, dass was nicht stimmte. "Miss Gomez belegt hier kein Zimmer mehr."
"Und das soll heißen?" Ich zog die Augenbrauen zusammen.
Sie biss sich auf die Unterlippe und überlegte, als ob sie nach den richtigen Worten suchen musste. "Wir haben sie tot aufgefunden.."
Mir stockte der Atem und ich bekam große Augen. Ich hoffe, dass ist nur ein Scherz! "W-was?"
"Nachdem sie nicht beim Frühstück erschien, schickten wir eine Schwester zu ihr ins Zimmer, dort fanden sie wir auf. Sie hatte den Krankenwagen gerufen, aber wie es aussieht war es längst zu spät. Verstehen sie, wir suchen es hier so sicher wie wirklich zu machen, damit so etwas wie Erhängen oder jegliches nicht passieren kann, aber sie hat einen anderen Weg gefunden.."
Meine Augen wurden feucht und mein Magen krampfte sich zusammen. "W-wie?.."
"Sie hatte Rasiermesserklingen geschluckt. Wir hatten es nicht mit bekommen." Sie stoppte. "Miss Gomez ist innerlich verblutet. Mein Beileid."
Da konnte ich die Tränen nicht mehr zurück halten. Ich ließ die Tulpen fallen und sank in die Knie, legte die Hände auf mein Gesicht und schluchzte. Ein Schaudern durchfuhr mich und ich fühlte, wie mein Herz entzwei brach. Es wäre so, als ob ich nach Selenas Hand griff, sie mir aber entgleitete. Einfach weg schwebte.. sich auflöste..
Die Frau kam um ihren Schreibtisch und hockte sich neben mich hin und streichelte mir über den Rücken. "Es wird alles wieder gut..", sagte sie. Ich zitterte und umarmte meine Knie und vergrub darin mein Gesicht. Ich war allein.. Selena war fort.
Sie war schon lange nicht mehr da gewesen. Doch jetzt, jetzt gab es keine Chance mehr, nun gab es keine letzte Hoffnung mehr, eine letzte Hoffnung, dass sie mich doch wieder ansah und wieder meine Selena wurde. Meine Liebe zu ihr machte mir immer Hoffnung. Und jetzt? Ich fühle mich leer, mir wurde etwas genommen und ich bekomm es nie wieder zurück.
Ich werde Selena nie wieder in die Arme schließen können, egal ob sie meine Umarmung erwidert oder nicht. Nie wieder werde ich ihren Duft riechen, nie wieder ihre Hand halten..
Doch nun ist sie erlöst. Nun hat sie keine Angst mehr. Und ich? Nein, ich habe keine Angst mehr, weil ich weiß, dass sie jetzt an einem besseren Ort ist. Bei ihren Eltern im Himmel.. Vielleicht schaut sie auch mich hinab und wenn ich Glück habe, werde ich sie wieder sehen. Möglicherweise, kommt sie zu mir zurück.. oder ich gelange zu ihr.
Aber jetzt.. ist sie ein Engel. Mit breiten Flügeln, schwebt sie hinauf und muss keine Schmerzen mehr ertragen. Ruhe in Frieden, Selena. Ich liebe dich.