"Taylor?", hörte ich seine gedämpfte Stimme.
"Ja?", rief ich zurück und biss mir auf die Lippe. Mein Herz raste wie wild, als ich hörte wie er die Tür aufschloss und in das Zimmer herein maschiert kam.
"Taylor!", brüllte er und seine Schritte kamen in Richtung Fenster. Ich sah im Augenwinkel, wie er auf mich hinunter schaute. "Komm sofort wieder hoch!", rief er und packte meine Hand. Ich verlor das Gleichgewicht, klammerte mich aber im letzten Moment wieder ans Efeu.
"Lass mich los!", schrie ich.
"Auf keinen Fall!" Mit einem festen Griff um meiner Hand, riss er mich nach oben. Doch weil ich mich dann an dem Rohr klammerte, das stabiler aussah und in meiner Nähe war, ließ er mich ruckartig los. Und ich fiel auf den Boden.
Ich prallte hart auf den Rücken auf und mir entwich all die Luft aus meinen Lungen. Hastig hechelte ich nach Luft und verzerrte schmerzerfüllt mein Gesicht. Ich hatte mich zur Seite gedreht und würgte. Mir tat der ganze Rücken weh.
"Taylor!", rief mein Vater überrascht. Ich sah wie er sich vom Fenster weg bewegte. Nein, nein, nein. Ich zwang mich auf alle viere und zog mich auf die Beine. Wenn er mich wieder hochbrachte, würde ich nie, NIE wieder eine Fluchtmöglichkeit finden.
Keuchend zwang ich mich dazu zu laufen. Ich schnappte mir ein Fahrrad, dass am Zaun unserer Nachbarn war, setzte mich drauf und drückte die Pedalen durch. Die Tränen verwischten mir die Sicht, doch ich fuhr trotzdem weiter.
"Taylor!", brüllte mein Vater in weiter ferne. In der Nähe gingen einige Lichter hinter den Fenstern an.
Ich fuhr so schnell ich kann. Bitte, Gott, wenn es dich gib, bitte mach es möglich, dass Harry die Nachricht gefunden hatte. Bitte.. Ich kam endlich bei dem Brunnen im Park an, schmiss das Fahrrad irgendwo hin und lief noch das Stück zum Brunnen. Ich beugte mich über die Kante und keuchte. Stöhnend spritzte ich mir das eiskalte Wasser ins Gesicht und schluchzte.
"Tay?", fragte eine Stimme hinter mir. Ich drehte meinen Kopf zur Seite. "Verdammt, was ist mit dir passiert?", fragte Harry mit Sorgen in seinem Gesicht geschrieben. Er kam zu mir und stützte mich auf.
Ich versuchte etwas zu sagen, aber es kam nur ein Nuscheln heraus. Also schob ich meine Jacke zur Seite und mein Tshirt hoch. Ich hörte Harry keuchen.
"War das dein Vater?" Ich nickte. "Verdammt." Ich sog erschrocken die Luft ein, als er seine kalten Hände auf meine Wunde Stelle legte. "Das wird später richtig dick anschwellen." Er kramte aus seiner Tasche ein Tuch heraus, tunkte es in den Brunnen und wischte mir mit dem nassen Tuch über den Rücken. Das Gefühl von Erleichterung breitete sich in mir aus, als es anfing zu kühlen.
"Komm", sagt er und stellte mich auf die Beine. "Wir gehen erstmal weg von hier. Zu mir." Vorsichtig hob er mich hoch, versuchte nicht, meinen Rücken viel weh zu tun und trug mich zu sich nach hause. Er war wohl ohne sein Motorrad gekommen, damit er nicht zu viel Krach veranstaltete.
. . .
Von meinem Vater hatte ich nichts mehr gehört. Ich wollte von ihm auch nichts hören. Er ist ein mieser Dreckskerl. Die Nachbarn hatten zum Glück etwas von unserem Streit mitbekommen und mein Vater wurde für 40 Stunden im Sozialen Dienste verurteilt. Aber ich ließ mich nicht mehr blicken.
Harry und ich waren nach dem ich mich erholt hatte umgezogen. Weit weg.
Wir konnten endlich zusammen sein. Vielleicht kannten noch einige seinen Ruf als Verbrecher, aber wir beachteten siese Leute nicht. Das war Vergangenheit. Harry ist ein ehrlicher Mann. Eine liebenswürdige Person, der an meiner Seite steht, mich beschützt. Damit ich keine Angst mehr haben muss. Damit ich ich nicht mehr leiden muss.
Fearless.