Ohje

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Kapitel 5

Zwei Wochen lang war Lara nun schon jeden Tag bei unseren abendlichen Treffen im Park. Die Routine, die ich mir ursprünglich zur Ablenkung geschaffen hatte, fühlte sich dadurch nur noch schwerer und bedrückender an. Seit Lara da war, schien alles, was ich zu verdrängen versuchte, ständig präsent zu sein. Die Zigaretten und Joints, die ich heimlich rauchte, hatten sich in der letzten Zeit verdoppelt, und ich fand mich nun oft auf meinem Weg zum Park dabei, wie ich den zweiten Joint anzündete. Es war ein Ritual geworden, eines, das mir half, die Gedanken für einen Moment zu dämpfen und die Realität für eine Weile zu vergessen.

An diesem Abend jedoch änderte sich etwas. Baran hatte mich dabei gesehen, wie ich zum zweiten Mal an diesem Tag einen Joint rauchte, noch bevor wir alle im Park waren. Ich merkte, wie er stehen blieb, und ich fing seinen enttäuschten Blick auf, als er stumm den Kopf schüttelte und sich abwandte. Es war, als hätte er alles, was ich zu verbergen versucht hatte, auf einen Schlag durchschaut. Er ging, ohne ein Wort zu sagen, und ich wusste, dass ich ihn enttäuscht hatte, doch meine eigene Verwirrung und Frustration waren zu stark, als dass ich die Dinge ändern könnte.

Was ich an diesem Abend nicht ahnte, war, dass Baran meinen Brüdern Bescheid geben würde. Zwei Tage später klopfte es unerwartet an meiner Wohnungstür. Als ich öffnete, standen Emre und Bzet, meine älteren Brüder, vor mir, ihre Gesichter ernst und fest. Sie sahen mich an, und ohne ein Wort zu verlieren, wusste ich sofort, worum es ging.

„Was soll das, [Dein Name]?" begann Emre, sein Blick besorgt, aber auch fordernd. „Baran hat uns gesagt, dass du... du dich verändert hast."

„Es ist nicht so, wie ihr denkt", sagte ich hastig und suchte nach einer passenden Ausrede. Ich hatte mir fest vorgenommen, niemandem von meinen Gefühlen für Mufasa zu erzählen. Es war mein Geheimnis, das ich in mir verschlossen halten wollte. „Ich habe einfach nur viel Stress in letzter Zeit. Der Job und alles... das ist alles."

Bzet verschränkte die Arme und sah mich an, als könnte er meine Worte durchdringen. „Stress, ja? Und was ist das mit dem Rauchen? Zwei Joints jeden Abend? Du bist kaum hier angekommen und schon fängst du so an?"

Ich spürte die Wärme in meinem Gesicht aufsteigen. Meine Brüder standen mir so nahe, und doch wollte ich ihnen das eigentliche Problem nicht erklären. „Es ist mein Leben, okay? Ich mache das, weil ich es will. Und ehrlich gesagt, Baran hat doch auch selbst keine weiße Weste. Er raucht auch sogar mehr als ich."

Die Worte verließen meinen Mund härter als beabsichtigt, aber ich wollte nicht, dass sie mir vorschrieben, wie ich mein Leben zu führen hatte. Die Wahrheit war jedoch, dass mir diese Worte wenig halfen, das Problem zu lösen. Emre schüttelte den Kopf. „Es ist nicht das gleiche, [Dein Name]. Baran hat seine eigenen Fehler, aber er ist nicht unser Thema gerade. Es geht um dich. Was auch immer los ist, wir stehen hinter dir, aber so eine Richtung... das führt zu nichts."

Ich verschränkte die Arme und blickte weg. „Ich weiß, was ich tue, okay? Ich hab das im Griff."

Emre und Bzet tauschten einen kurzen Blick aus, und ich wusste, dass sie lieber anders reagiert hätten. Aber nach einer Weile nickten sie beide. „In Ordnung", sagte Bzet schließlich. „Es ist dein Leben, wie du sagst. Wir sind für dich da, wenn du reden willst wann auch immer du bereit bist."

Die Worte hinterließen eine Spur von Enttäuschung in der Luft, doch sie gaben mir Raum. Meine Brüder verließen die Wohnung, und als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, blieb ein eigenartiges Gefühl der Erleichterung zurück - und doch auch eine Leere.

An diesem Abend ging ich wie gewohnt in den Park, doch diesmal mit einem festen Entschluss. Ich würde nicht länger heimlich rauchen. Wenn mich alle akzeptieren wollten, dann mussten sie auch diese Seite an mir hinnehmen. Also setzte ich mich in den Kreis und zündete meinen Joint an, ohne mich zu verstecken. Die Jungs sahen kurz zu mir, nickten aber nur. Sie schienen meinen Entschluss zu respektieren, und das Gefühl, endlich nichts mehr verbergen zu müssen, gab mir einen kurzen Moment der Freiheit.

Nur Mufasa stach heraus. Als er mich so rauchen sah, legte er die Stirn in Falten und schüttelte leicht den Kopf. Doch diesmal ließ mich sein Blick kalt. Ich zuckte die Schultern und verdrehte die Augen. Es war mir egal, was er dachte. Seine Meinung, seine Nähe das alles hatte für mich an Bedeutung verloren, oder zumindest sagte ich mir das immer wieder.

Der Abend verlief wie gewohnt. Wir redeten, lachten und machten Witze. Doch meine Gedanken drifteten immer wieder ab, und nach ein paar Stunden beschloss ich, mich zu verabschieden. Die anderen winkten mir hinterher, und ich machte mich auf den Weg zu einer Bank am Rand des Parks, an der ich oft saß, um allein zu sein.

Es vergingen einige Minuten, bis ich Schritte hörte, die sich mir näherten. Als ich aufsah, stand Mufasa vor mir. Er hatte mir anscheinend gefolgt, und sein Gesichtsausdruck war ernst, aber irgendwie auch verletzt.

„Was machst du hier, Mufasa?" fragte ich, bemüht,kalt und gleichgültig zu klingen.

„Ich wollte mit dir reden", sagte er ruhig und setzte sich neben mich auf die Bank. „Was ist los mit dir, [Dein Name]? Seit wann rauchst du so viel? Ich kannte dich anders."

Ich schüttelte den Kopf und warf ihm einen kühlen Blick zu. „Das geht dich nichts an, Mufasa. Du hast dein Leben, ich habe meins. Ende der Geschichte."

Aber Mufasa ließ nicht locker. „Das bist nicht du. Ich sehe, dass da mehr ist. Und selbst wenn du es mir nicht sagen willst das hier ist nicht der Weg."

Ich spürte, wie sein Blick in mich hineinbohrte, und zum ersten Mal wurde mir klar, dass er mehr von mir erwartete als eine leere Ausrede. Doch ich hielt an meiner Linie fest und erzählte ihm dieselbe Geschichte, die ich auch meinen Brüdern erzählt hatte. „Es ist der Job, das neue Leben hier... Ich komme klar, also lass es gut sein.bist du jetzt glücklich, du weißt es jetzt."

Mufasa sah mich für einen langen Moment schweigend an, als wollte er die Wahrheit hinter meinen Worten erkennen. Schließlich nickte er langsam, aber der Ausdruck in seinen Augen verriet, dass er nicht überzeugt war. Doch er sagte nichts mehr und stand auf.

„Wie du willst", murmelte er schließlich und ging.

Ich blieb allein auf der Bank zurück, den Rauch des letzten Joints noch in der Luft hängend, und spürte die kalte Stille der Nacht um mich herum. In diesem Moment fragte ich mich, ob ich mir selbst gegenüber wirklich ehrlich gewesen war oder ob all dies nur der Versuch war, vor etwas zu fliehen, das ich längst nicht mehr kontrollieren konnte. Doch für heute Nacht verdrängte ich den Gedanken und machte mich auf den Weg nach Hause.

Mufasa icon 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt