Kaffee bei Rosetta

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Verschlafen rieb ich mir die Augen.
Die Gouvernante stand neben meinen Bett:"Guten Morgen Prinzessin Marie."
Ich setzte mich auf.  "Habt ihr wohl geruht?", erkundigte sie sich. 
" Ja, wunderbar", gab ich als Antwort.
"Eure Mutter lies ausrichten, dass ihr zum Kaffee zu Madame Rosetta fahrt", informierte sie mich.
Ich nickte nur und die Gouvernante verlies mit einem Knicks den Raum.
Stöhnend stieg ich aus meinen Bett, ein Nachmittag bei der aufgeplusterten Rosetta und ihren zwei Töchtern,
na toll.

In einem fliederfarbenen Kleid und dem dazu passenden Hut stieg ich mit meinen Eltern, meiner großen Schwestern, meinem großen Bruder und meinen drei kleinen Geschwistern in die Kutsche. Rosetta und Wilhelm waren alte Freunde der Familie wie meine Eltern immer sagten. Sie gehörten zu einer fürstlichen Familie.

Ein Mann mit weißen Handschuhen geleitete uns in den Salon und forderte uns auf an der Teetafel Platz zu nehmen. Kurze Zeit später betraten dann auch Rosetta, Wilhelm und ihre Töchter den Raum.
"Oh, willkommen, wilkommen!", rief Rosetta.

Nach der wie immer ewigen Begrüßung gab es dann endlich etwas zu essen. Hatte ich einen Hunger!
Die Erwachsenen unterhielten sich wie immer über langweiliges Regierungszeug und Amandine und Hortensie ihre zwei Töchter unterhielten sich fürstlich über Harfenstücke.

"Wie sind eigentlich so deine Vorschritte beim Harfespielen, Marie?", erkundigte sich Hortensie.
"Sie könnten nicht besser sein", gab ich gekünstelt zurück. Ich hasste diese Gespräche, bei denen jeder nur versuchte zu zeigen, dass er der Beste und Tollste war. Ich setzte ein falsches Lächeln auf.
"Benimm dich, Marie!", zischte meine Mutter.

Amandine setzte eine wichtige Miene auf:"Also ich spiele zurzeit einen festlichen Hoftanz. Meine Lehrerin meinte zwar, dass dieses Stück sehr schwer ist, aber auf Grund meiner Begabung spiele ich es trotzdem."
"Meine Lehrerin hat vorgeschlagen, dass ich auf der nächsten Soiree vielleicht etwas vortragen könnte", sagte Hortensie hochnäsig.
"Und ich wäre froh, wenn ich nicht Harfe spielen müsste", dachte ich nur.

Ich drehte mich weg von den unsinnigen Harfengespräche und wand mich meiner kleinen Schwester Charlotte zu. Sie saß neben mir am Tisch und spielte mit einer ihrer hellbraunen Locken. Ihre Gouvernante hatte ihr die vorderen Haare in prachtvoller Flechtarbeit nach hinten geflochten. Am Hinterkopf waren sie  mit einer silbernen Spange, die die Form eines Vogels hatte festgesteckt. Die restlichen Haare fielen ihr in Locken auf ihre schmalen Schultern.
Ich stupste sie an: "Hey, hast du das gehört? Hortensie wird bei der nächsten Soiree etwas vortragen", flötete ich und kicherte dann. Meine kleine Schwester begann auch zu kichern und ihre Augen leuchteten.

Mit meiner kleinen Schwester konnte ich über solche Dinge reden.
Über das, was ich mochte, nicht mochte und was ich mir wünschte.

"Wirst du auch etwas auf der Harfe vorspielen? Bei der nächsten Soiree, meine ich. Ich glaube mich zu erinnern, dass sie bei den Naranis' stattfinden wird." Ich drehte mich zu Hortensie.
"Nein ich habe nicht vor etwas vorzuspielen."
"Nicht?", Amandine zog eine Augenbraue hoch.
"Nein, wieso sollte ich?"
"Marie!", meine Schwester Helene warf mir einen warnenden Blick zu.

Es wurde ein sehr langer und ein sehr langweiliger Nachmittag. Hin und wieder wechselte ich ein paar Worte mit meinen Schwestern oder Hortensie und Amandine, aber die meiste Zeit saß ich einfach nur da und ließ meine Gedanken schweifen.

Ich dachte an das Dorf.
Und ich dachte an diesen Jungen.

Wo er wohl gerade war? Zu gerne wüsste ich es.
Warum, wusste ich selbst nicht genau.

MarieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt