Kapitel 4

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Schwer atmend erreichte ich den Stall. Jeder dem ich begegnete knickste oder verbeugte sich höflich. Zwar schienen sie zu bemerken, dass etwas nicht stimmte, hatten aber wohl zu viel Angst um zu fragen. Und zum ersten mal in meinem Leben war ich dankbar dafür. Im Stall zerrte ich Raven an seinem Halfter nach draußen. Er tat mir leid, doch ich konnte jetzt keine Zeit mit Zärtlichkeiten verschwänden. Denn wenn Erobas mir folgte, würde er in wenigen Augenblicken hier sein. Ich verzichtete auf den Sattel und warf Raven nur so schnell wie das Zaumzeug über. Dann sprang ich auf seinen Rücken und preschte hinaus. Die Bediensteten sprangen zur Seite, als sie das Pferd auf sich zu galoppieren sahen. Ich überquerte den Platz und ritt dann durch das große Tor, das das Schloss vom Rest der Welt trennte.

Hinter mir vernahm ich das Getrappel der Hufe eines weiteren Pferdes und als ich mich umblickte, sah ich Erobas mit gebleckten Zähnen hinter mir her jagen. Dem Braunen, den er ritt, klebte schon jetzt gelber Schaum am Maul und ich war froh, dass Raven ein ebenso schnelles, wie ausdauerndes Tier war. Dennoch musste ich von der Straße runter wenn ich meinem Verfolger entkommen wollte. Also ritt ich seitlich in den Wald hinein. Die Hufschläge waren nun nicht mehr so deutlich zu hören, weswegen ich mich erneut umdrehen musste. Voller Entsetzen sah ich, dass Erobas gut zehn Schritt näher gekommen war. Anscheinend wollte er mich um keinen Preis entkommen lassen, selbst wenn er das Pferd dabei zu Schande ritt. Ich trieb Raven noch weiter an, doch die eng stehenden Bäume machten ihm zu schaffen. Und Erobas holte auf...

Völlig erschöpft ließ ich mich vom Pferderücken auf den Boden sinken. Doch meine Beine trugen mich nicht und ich knickte weg. Den ganzen Tag lang war ich vor Erobas geflohen und hatte ihn schließlich abhängen können. Nun saß ich hier, mitten im Wald, und hatte keine Ahnung wo ich war. Langsam versuchte ich mich aufzurichten. Zu meiner Erleichterung klappte es. Zwar zitterten meine Knie noch ein wenig, aber das würde nachlassen. Vorsichtig nahm ich Raven das Zaumzeug ab und hängte es über einen Ast. Dann suchte ich nach dem Bach, denn ein nahes Plätschern verriet das Fließen von Wasser. Ich füllte eine Feldflasche. Mit großen, hastigen Schlucken trank ich sie leer und füllte die Flasche erneut. Ich war dankbar für das kühle Nass, das mir die Kehle hinunter rann. Bevor ich zu Raven zurückkehrte, spritzte ich mir noch etwas Wasser ins Gesicht und über die Arme. Raven schnaubte und trottete in Richtung Bach. Kurz sah ich ihm nach, dann setzte ich mich an einen Baum. Die Dämmerung brach über dem Wald herein und schon bald würde es hier völlig Dunkel sein , bis auf ein paar Glühwürmchen, die nachts durch die Bäume tanzten. Auf ein Feuer würde ich wohl verzichten müssen. Die Gefahr, dass Erobas noch in der Nähe sein könnte und den Lichtschein sehen würde, war zu groß. Aus einer meiner Taschen nahm ich mir ein Stück Brot, worauf ich lustlos herumkaute. Dabei geisternten viele Fragen durch den Kopf. Lydia wollte mit mir reden. Allein. Warum? Hatte sie von den Männern gewusst? War es eine Falle gewesen? Nein! Sonst wäre sie jetzt nicht tot! Ich schalt mich für diesen Gedanken. Lydia war immer freundlich zu mir gewesen. Ihr hatte wirklich etwas an mir gelegen. Sie war immer mehr als nur meine Zofe. Trotzdem. Irgendetwas hatte sie mir noch sagen wollen. Nur was? Doch das würde ich nun nicht mehr erfahren. Angst und Verzweiflung stiegen wieder in mir auf. Am liebsten hätte ich sie in die Nacht hinausgeschrien. Doch ich ermahnte mich still zu sein. Irgendwann kehrte Raven zurück und ich verfiel in einen Dämmerzustand. Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein. So begann also meine Suche.....

Die Suchenden   ~Daughter of Death~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt