Kapitel 1

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"Nell komm jetzt, wir müssen endlich zurück"
Ich stöhnte auf. Der Metal Henkel des Eimers Schnitt mir in die Finger und ich wechselte zum gefühlten zehnten Mal die trage Hand.

"Du könntest mir ruhig helfen" fauchte ich mein gegenüber an.
"Das bisschen Wasser wirst du doch wohl noch schaffen" bekam ich als mentale Hilfe. Klasse Hilfe.

"Du hast leicht reden. Du trägst nicht so einen scheiß Rock der immer auf dem Boden hängt." Ich kniff die Augen zu engen Schlitzen.

"Ich kann nichts dafür dass unsere Rohre eingefroren sind und das wir unser Wasser aus dem Brunnen holen müssen." Maulte der junge Mann, der kaum älter war als ich, dafür aber ein Kopf größer. Er lief so schnellen Schrittes dass ich mit meinem Wasser gefüllten Eimer kaum hinter her kam ohne die Hälfte zu verschütten.

"Sean nicht so schnell! Meine Beine sind kürzer als deine" jammerte ich weiter, als hätte ich seinen Einwurf einfach überhört.
Wir hatten nur noch wenige hundert Meter vor uns und ich würde trotzdem am liebsten eine Pause machen.

"Wären wir Zauberer" fuhr ich fort "könnten wir die Eimer einfach vor uns hin schweben lassen" schwärmte ich vor mich hin und stieß fast gegen meinem Freund, der abrupt Stehen blieb.
"Hör endlich auf Nell! Schreib dir das Zauberzeug endlich aus dem Kopf. Wir haben weder Zauberer als Eltern noch werden wir es je können. Und ich bin für meinen Teil echt froh darüber." Kam es so plötzlich von Sean als ob er nur darauf gewartet hatte es endlich aus zusprechen.

"Wie kannst du so etwas sagen?!" Rief ich entsetzt "stell dir nur vor wir würden jetzt in Hogwarts sitzen und an einer großen magischen Tafel Speisen oder in einem Klassenraum sitzen und Frösche in Tauben verwandeln.
Stattdessen schleppen wir schweres Wasser quer durch den Wald."

Ich schwärmte dafür. Schon immer hatte ich mir gewünscht, nach Hogwarts gehen zu können. Plötzlich zu erfahren, dass mein Schicksal von Zauberei, einem Stab und einem fliegenden Besen bestimmt sei.
Ich hätte mir nicht glamouröseres vorstellen können.

"Wärst du jetzt in Hogwarts, wärst du mit Sicherheit Tot!" Wies Sean mich zurecht.
"Du weist, dass dort grade die Hölle los war. Nach dem Angriff des Dunklen und seiner Armee ist die komplette Schule zerstört und viele haben ihr Leben gelassen. Falls du es vergessen hast wird nachher in der Stadt die Trauer und Gedenkfeier stattfinden für die tapferen die ihr Leben gelassen haben."

"Predige mir nichts vor! Das weiß ich selber!" Schmollte ich trotzig.

"Wieso schwärmst du dann immernoch davon wie so ein dummchen. Ich bin einfach nur froh, dass dieses Grauen jetzt endlich vorbei ist und dass dieser Lord Voldemort für immer Tot ist!"

Bei dem erwähnen dieses Namens und vor allem in diesem Zusammenhang zuckte ich zusammen.
Nicht aus Angst.
Ich hatte keine Angst.
Nicht vor IHM.
Ich erschauderte aus Verlust.

Den Rest des Weges schwieg ich. Ich hätte nicht gewusst was ich dazu noch hätte sagen können.
Jeder in Hogwarts, London und der Zauberwelt war froh, dass Voldemort nun Tot war.
Jeder atmete nun auf. Trotz der Vielen Toten Zauberer und Hexen ... Jeder traute sich nun seinen Namen ohne Angst auszusprechen.

Der Dunkle ist nun Vergangenheit. So heißt es in jeder Zeitung.
Als gäbe es kein anderes Thema mehr.
Es war abscheulich und ich hasste es.
Wir konnten die Menschen nur so ekelhaft sein.

Sobald ich am Haus angekommen war knallte ich den Eimer auf den Treppensatz und rannte die Stufen rauf in mein Zimmer.
Ich hörte Sean seufzen und ein paar dumpfe Worte mit meiner Mutter wechseln, bevor er sich ins Nachbar Haus aufmachte, wo er wohnte.

In diesem Haus hielt ich es nicht mehr aus. In meinem Leben hielt ich es nicht mehr aus. Ich hatte mir so oft gewünscht jemand anderes zu sein - jemand besonderes zu sein - dass ich es nicht mal mehr in meinem eigenen Körper aushielt.

Der Raum in dem ich saß, der mein Zimmer sein sollte war gefüllt von lauter bedeutungslosen Zeug. Nichts davon war mich wichtig und ich würde alles dafür eintauschen auch nur einen Zauberspruch ausführen zu können.
Mein großes Bett, mein Kleiderschrank voller toller wertvoller Gewänder, meine Wanduhr, mein Regal voller Bücher oder sogar meinen weichen Teppich. Nichts davon bedeutete mir was. Nichts davon war jemals ein Teil von mir.
Meinem wahrem ich.

Ich betrachtete das Gemälde an der Wand.
Es war ein Bild vom meiner Familie.
Mein Vater, der auf dem Bild so eine ernste Miene machte als sei es wirklich ein Foto von ihm. Er war ein sehr ernster Mann.
Meine Mutter, sie war so liebevoll, doch das Bild zeigte nicht die Sorgenfalten, die sich in der letzten Zeit auf ihrer Stirn eingebrannt hatten.
Mein Großer Bruder, so stattlich. Ich hatte ihn schon so lange nicht mehr gesehen und schließlich ich.
Oder zumindest das Mädchen, das die äußere Hülle war, die mein innere verlangen versteckte.
Ein schlankes Mädchen in Jungem Alter, braunes Haar und große Runde Augen. Die vollen Lippen, die ich von meinem Vater geerbt bekommen habe, aber nicht mein trauriger Blick, den ich seit geraumer Zeit im Spiegel erkannte.

Das Bild wurde erstellt vor circa zwei Sommern. Als unsere Welt noch nicht so durcheinander war.

Seit dem der Dunkle wieder auf der Bildfläche erschienen war, schien sich die komplette Magische Welt mit nichts anderes zu beschäftigen als ihn wieder loszuwerden.
Einfach lächerlich.
Ich hasste die einbahnige Sicht der Leute um mich herum.

Wir lebten in der besonderen Ecke von London, die mit Zauberei und mystischen Wesen übersähet war, auch wenn an meiner Familie nichts besonders war. Es war einfach nur Zufall, dass ich hier rein geboren wurde. Genauso gut könnte ich in jeder anderen Muggel Familie aufwachsen. An mir würde nie etwas magisches sein.
Doch hier hatte ich das wissen davon, und das Verlangen danach.

Ich wandte mich in meinem Raum um und zog an einem alten Kerzen Ständer an der Wand.
Seit der Elektrizität war er als Lichtquelle Nutzlos.
Aber nicht für mich.
Es war Zufall, dass vorige Generationen meiner Familie in ein Haus gezogen waren, in dem es Geheimnisse gab und auch Magisches.
Aber meine Familie interessiert sich nicht dafür Zauberei im eigenen Haus zu haben und genauso war es bei Sean.
Alle arbeiteten hier und hatten täglich mit Zauber Gegenständen oder Zauberern bzw Hexen zu tun, aber selber benutzten sie es wenig.

Sean's und meine Familie waren zusammen aufgewachsen. Er war einfach schon immer da. Ein Guter Freund und mehr würde daraus auch nie werden. Selbst wenn er das wollte.
Ich hatte es nicht mehr zu entscheiden. Ich gehörte jemand anderem. Schon lange. Auch wenn er es nicht mehr wusste. Und selbst jetzt wenn er tot war.

Beim betätigen des Kerzenständers erklang ein Klicken und ein Durchgang öffnete sich in der Wand. Eine Treppe ging nach unten. Auch wenn von außen nichts zu sehen war.

So war das mit der Magie. Sie ist da, auch wenn man sie nicht sieht. Und ich liebte es.

Ich stieg die Stufen hinab und ein warmes Gefühl machte sich in meiner Magen Gegend Breit als ich das vertraute Geräusch hörte, dass sich die Tür hinter mir zuschob.

Erst wenn sie zu war fühlte ich mich frei. Ich fühlte mich wie ich selbst an einem Ort der nur mir gehörte, den niemand kannte erschaffen aus Zauberrei.

Die Treppe führte in einen Mittelgroßen Raum, der außerhalb nicht existierte. Es war zu schwer es zu erklären. Es war etwas, dass man in der Praxis sah, aber nie in der Theorie gelernt hatte. So war Zauberei für mich.
Einfach Magisch und unbegreiflich.
Und darüber war ich froh. Denn ich mochte es, es nicht zu begreifen, das machte für mich die Magie aus.

Ich weiß nicht für was der Raum früher einmal genutzt wurde, aber er war altmodisch und heimisch eingerichtet.
Mit einem Schreibtisch und einem kuscheligen Sofa. Auch vielen Regalen und warmen Licht, obwohl nirgendwo eine Lampe oder Kerze zu sehen war.
Aber am besondersten war der Kamin, der immer brannte, ohne dass das Holz jemals verglühte.

Ich rollte mich auf dem Sofa zusammen und lies meine Gedanken schweifen wie immer.

Es war einfach Zauberhaft.
An diesem Ort fühlte ich mich besonders.

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Hey ihr,
Ab jetzt werd ich jeden Samstag updaten, wenn ich es schaffe :) die nächsten paar Kapitel sind auch schon vorgeschrieben! ❤️
Lasst mir gerne Kritik oder einen Kommentar da.

Schönes Wochenende euch
Anguriadore ❤️🍉

ZEITLOS - The Beauty and the Man without Nose (HP FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt