T W E L V E

1K 81 3
                                    

T W E L V E

Ich kann das nicht. Vier Worte. Vier simple, harmlose Worte, und trotzdem schwirrten sie wie ewige, klagende Plagegeister in meinem brummenden Schädel herum, und wollten von dem Moment an, als ich aufgewacht bin, mir einfach keine Ruhe geben. Entmutigt und zutiefst verzagt lag ich ausgelaugt in meinem himmelweichen Bett, dessen Konsistenz mir leider auch kein Erbarmen und somit Entspannung schenkte. "Ich werde heute Loki treffen.", wisperte ich mit straubtrockener Kehle, die eine Folge des vergrämten Durstes war, in die erhellte Gegend hinein. Doch ich war sogar zu resigniert nach irgendetwas zu sehen, was meine quälende Begierde nach einer kühlen Flüssigkeit vielleicht stillen könnte. Es würde heute ein anstrengender und schwermütiger Tag werden, und die Tatsache, dass der Übeltäter für meine unglückliche und bemitleidenswerte Lage derjenige war, den ich wahrscheinlich die nächsten Tage ununterbrochen zu Gesicht bekommen würde, machte alles nicht besser. Das Gegenteil war da wohl eher der Fall.

Wie aus dem Nichts klopfte es plötzlich genau drei Mal an der Tür, aber hatte ich weder die Lust, noch die Laune, Anzeichen darauf zu machen, die Tür zu öffnen und somit meine Anwesenheit zu bestätigen. Sollten sie doch, wer auch immer sich dort gerade vor der Tür aufhielt, diejenige einrammen, so würde ich eventuell wenigstens aus meiner, im Selbstmitleid versunkenden, Trance erwachen. Ohne auf jegliche Antwort meinerseits zu warten, riss jemand die Tür mit solch energischer Kraft auf, dass es mich doch tatsächlich zusammenzucken ließ und ich für einen kurzen Moment sogar den Grund für meine miesepetrige Laune vergaß. Als ich aber die Person erspähte, die nicht gerade elegant in mein Zimmer stolperte, wurde ich wieder auf den eisernen Grund der Tatsachen gezogen. Im immergrünen Gewand gekleidet und reizend bestückt mit offenen, strubbeligen Haaren stand die asische Aira da, die mich mit einem strahlendem Lächeln angrinste und ich mir in dieser Sekunde so sehr wünschte, an ihrem ethusiastischem Optimismus teilhaben zu dürfen. "Weißt du, du brauchts gar nicht mehr klopfen, wenn du doch eh immer ohne Weiteres hier reinstürmst.", raunte ich mit einem brummenden Ton, und bedeckte meine trockenen Augen mit meinem Ellenbogen, sodass ich das wärmende Licht, was durch die Öffnung der Tür hervorgerufen wurde, geradwegs in mein Zimmer schien und mich nervtötender Weise blendete, abwehren konnte. Jetzt fing ich also auch noch an das Sonnenlicht zu hassen. "Ach, da hat aber jemand gute Laune.", bemerkte Aira sofort meine melancholische Stimmung mit einem sarkastischen Unterton, während sie ein Tablett, was ich gerade erst bemerkte, direkt auf einen kleinen Schrank abstellte und ich ihr dabei neugierig und aufmerksam zulugte. Das sollte wohl das Frühstück sein. Ich musste zugeben, es ähnelte sich ein klein wenig dem typischen, amerikanischem Frühstück, dass aus warmen und frisch zubereiteten Pancakes, Waffeln, Speck, Eiern und Orangensaft bestand. Und ich hatte momentan auf nichts mehr Lust, als auf das. "Tut mir Leid, aber ich... ich habe einfach schlecht geträumt.", log ich und spähte vielsagend und doppelsinnig zu dem duftendem Essen hinüber, was mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Hätte doch die freundliche Aira nur gewusst, dass ich am liebsten alles dafür getan hätte, um der widerspenstigen Realität zu entgehen und wieder den Weg in mein buntes, kindliches Träumeland zurückzufinden. "Ach, dafür wird der Tag heute umso schöner. Dir wird doch heute von Thor Asgard gezeigt. Du solltest dich freuen." Oh ja, das tu ich.

---

Ich hatte das Gefühl, mein Aussehen spiegelte in diesem Moment meine trübselige und unglückliche Stimmung wieder, denn Aira hatte mich ganz geschickt in ein schwarzes, schmales Tüllkleid gedrängt, was mit einem funkelndem, breiten Silbergürtel meine Taille um einiges mehr betonte. Dazu hat man eine Art Schleier an die Schultern des Kleidungsstückes angenäht, und nun nun glich ich einer Königin der Unterwelt. Ich hatte eine leise Ahnung, dass das die raffinierte Absicht Airas war. Es fehlte nur noch eine Krone und ein paar Diamantohrringe für die komplette Vollkommenheit, und ich wäre nicht überrascht gewesen, wenn die Braunhaarige mir die Schmuckstücke auch noch an mir montiert hätte. Doch dies war keine allzu große Lüge. Dummerweise hatte ich am Vortag die mysteriöse Kette, dessen Herkunft und Absicht mir noch immer unbekannt waren, direkt auf meinem Schminktisch liegen gelassen und Aira hat sie leider entdeckt. Entzückt wie sie war, war sie ganz begeistert von ihrer Idee, die Kette an meinen Hals zu hängen, da sie gut zu meinen Augen passen würden. Ich wollte es ihr unbedingt ausreden, denn wenn Loki doch irgendetwas mit diesem prachtvollen Schmuckstück zu tun haben sollte, dann wollte ich mir am liebsten seine Reaktion gar nicht erst vorstellen. Doch jede verzweifelte Bemühung war komplett umsonst. Ich konnte Aira ihre Bitte einfach nicht auschlagen, vorallem da sie ihr ganzes Leben wahrscheinlich daran gefeilt hat, ihren Hundeblick zu zu perfektionieren. Doch kaum war ich aus meinem Zimmer ausgetreten, riss ich das wertvolle Ornament von meinem Dekoltee hinunter und verfrachtete sie in meiner Faust. Die schillernden Armreifen machten unüberhörbare und klackernden Geräusche, als ich den Weg zu der Eingangshalle im rasenden Tempo entlangschritt. Ich war froh, dass mich Aira nicht in hohe Schuhe gezwengt hatte und mir dafür eher antike Römersandalen als Alternative anbot, die mir ungefähr bis zu meinen Kniekehlen gingen. Sie hatte es also wirklich darauf angelegt, dass ich so gut wie möglich bei all den Bürgern ankommen würde. Nur leider würde ich stattdessen jemand ganz anderen heute zu Gesicht bekommen.

F I R E E M P R E S SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt