T H I R T E E N

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T H I R T E E N

Mit Lokis frappanter Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Anstatt mir nun kalt in die Augen zu starren und mir schon innerlich meinen Tod zu wünschen, hüpften seine Mundwinkel ein klein wenig mehr in die Höhe, als würde ihm meine gestellte Stärke viel eher entgegenkommen, als meine Panik. Oder wusste er etwa, dass ich nur so tat, als würde mir seine Präsenz nichts ausmachen und fand das höchst belustigend? Konnte er sich in den wenigen Sekunden überhaupt so viele Gedanken machen? Oder war mal wieder nur ich das? Mein Grinsen, was mit der Zeit zu einer harten Anstrengung geworden war, ließ ich nicht locker und wartete sehnlichst auf eine hilfreiche Erlösung. "Loki, du weißt, warum wir hier sind.", erklang Odins ebenmäßige Stimme und sein Satz hörte sich eher wie eine Frage an, als eine Feststellung. "Oh, das tu ich gewiss, Allvater.", entgegnete ihm mein Gegenüber und ließ mich dabei nicht aus seinen Augen, sondern winkelte sein Kinn nur leicht an. "Und ich werde dir einen großartigen Spaß versprechen." Es war das erste Mal, dass Loki mich direkt ansprach, wenn man die etwas kühle Begrüßung nicht mitzählte, und ich wusste nicht, ob seine Bemerkung eine doppelbödige Bedeutung besaß. Ich fühlte mich so, als würde ich jeden Moment aufgehen und in alle Einzelheiten explodieren, doch ich war mittlerweile geübt darin, meine Angst so gut wie es ging zu verstecken, dass es kaum auffiel. Fire Empress war eine gute Vorbereitung gewesen, die mich diese gerissene Taktik gelehrt hatte. "Loki, das soll kein verhöhnendes Spiel werden.", brummte sein Adoptivbruder, und auch wenn ich Thor mit keinem Blicke würdigte, konnte ich mit nur allzu gut seine wütende Mimik vorstellen. Der Schwarzhaarige, der sich nun auch endlich aus seiner Trance befreit hat, widmete sich dem Donnergott und hatte einen getürkten, überraschten Ausdruck im Gesicht kleben. "Oh, aber nein, so sehe ich das doch auch nicht. Es ist wirklich enttäuschend, dass du so etwas von mir denkst." Ohne über meine Worte nachzudenken, übernahm ich Thors Antwort: "Nun ja, er ist es nicht, der das glaubt. Denn es bin ich. Und dazu habe ich allen Grund, denn ich denke, du warst derjenige, der meine ganze Welt versklaven wollte." Mir war noch nie aufgefallen, dass in meinem Vorrat für Gefühlen gegenüber Loki auch noch Platz für ein Wort namens Wut war. Doch dies bekam ich jetzt zu spüren und komischer Weise machte es mir das nur wenig aus. Fast schon gar nichts. Es war so, als ob all meine Furcht gegenüber dem Lügengott, ausgetauscht mit einem brenzligen Jähzorn wurde. Derjenige schloss genervt seine blau-grünen Augen, doch man konnte gut beobachten, wie er kurz davor diese noch verdrehte. "Ihr seid noch immer nicht darüber hinweg, oder?", meinte Loki, als ob es eine Selbstverständlichkeit wäre, und drehte sich einmal langsam um seine eigene Achse. Seine Selbstgefälligkeit kam bei mir ganz schlecht an und ich war im Versuch meine prallende Faust in seinem attraktiven Gesicht zu platzieren, sodass seine Schönheit nicht mehr zu hundert Prozent vertreten war. Doch dann würde höchstwahrscheinlich ich als die Böse abgespempelt werden, obwohl ich doch jedes Recht dazu besaß. Deswegen rümpfte ich nur eitel die Nase strich mir meine Haare aus meinem Gesicht, um Loki ein Zeichen von brodelnder Missbilligung einzutrichtern. "Na ja, Leute sind selten schnell darüber hinweg, wenn ein fanatischer Gott versucht Herrscher über jedes Lebewesen ihrer Art zu werden, und dabei Unmengen an Menschen umkommen." Meine Hemmungslosigkeit war kaum zu vertuschen und ich gab mir auch nicht viel Mühe, das zu ändern. Ich sah schon, das konnten wunderbare Stunden unserer anstrengenden Zweisamkeit werden. Loki musste wohl den selben sarkastischen Gedanken gehegt haben, denn er schaute genauso überlastet drein wie ich. Beide von uns beließen es wohl bei meiner Meinung und auch die anderen zwei Götter schien es die Sprache verschlagen zu haben. Wahrscheinlich waren sie so überrascht über meinen plötzlichen Ausbruch voller Ärger und Schlagfertigkeit, weil ich ja doch eher zu der introvertierten, schüchternen Art gehörte. Ich musste zugeben, auch ich war überweltigt, dass ich nicht vor Angst bewusstlos geworden bin. Aber da hat sich doch eher ein gewisses Gefühl namens Ingrimm dreist in den Vordergrund gedrängt.

"Alice, nicht damit du täuschst, das ist nicht der echte Loki. Das ist eine Illusion. Es war uns zu riskant, dich alleine mit ihm in einem Raum zu lassen." "Wieso lässt ihr mich dann überhaupt mit ihm alleine?", warf ich Thor gerädert gegen den Kopf und stemmte, die drei Götter von oben bis unten musternd, meine Hände in die Hüften. Während der Donnergott und sein Vater nur zerknirscht in die Gegend herumstarrten und versuchten, meinen vernichteten Blick auszuweichen, tauchte Lokis gehässiges und geisttötendes Lächeln wieder auf, was mich langsam zur bitteren Weißglut brachte. Wenn er weiter so unoriginell rumstammelte und mich so pejorativ anschmunzelte, dann überlegte ich mir das noch einmal mit der körperlichen Auseinandersetzung. Doch gleich, als ich meinen zynischen Gedankengang vollendet habe, erschrak ich selbst vor meinen eigenen, untypischen Ideen. Wie konnte ich so etwas nur denken? Natürlich, ich hatte jedes Recht mich wegen Loki so unpassend und fast schon aggressiv aufzuführen, doch ich war doch eher die Art von Person, die sich das kaum traute. Und ich wollte auch nicht in die Versuchung kommen, das zu tun. In der nächsten Sekunde erfüllte mich ein unglaubliches Schuldgefühl, was mich beinah zum Platzen brachte und ich langte mir erschöpft an die hitzige Stirn. Seit Tagen führte ich mich schon so unausstehlich auf, meine Reaktionen waren ja schon bipolar. Erst waren meine Gedanken dermaßen deprimiert, dass man sonst was von mir hätte denken können, und glich einem kleinen Häufchen Elend, und nur eine Woche darauf war ich ein wütendes und durchtriebenes Ungeheuer. Irgendetwas stimmt nicht mit mir, und das Gewaltig. Und dass ich den Grund nicht einmal wusste, warum dem so war und ich mich so merkwürdig benahm, ließ meine Stimmung auch nicht gerade steigen. Ich musste definitiv meinen Emotionen sobald wie möglich unter Kontrolle bekommen, oder noch besser; Herausfinden, was mit mir geschah. Ich räusperte mich und tat es nun den Göttern gleich, die noch immer verlegen Löcher in die Luft starrten. "Ich... ich meine, ob wir heute noch irgendetwas machen. Im sportlichen Sinne, oder so.", sprach ich und ich fand erneut zu meiner schüchternen und ruhigen Art wieder. Ich täuschte mich nicht, wenn ich behauptete, dass mich das entspannen ließ. "Ich denke nicht, dass das von Nöten sein wird. Wir wollten nur sichergehen, dass ihr euch am ersten Tag nicht gleich zerfetzt und wir euch doch irgendwie in der nächsten Zeit in einer Zweisamkeit lassen können. Aber wie ich sehe-" "Läuft es besser, als ich gedacht habe. Glaub mir, Thor, ich hatte mit schlimmeren Reaktionen gerechnet und ich denke, da bin ich nicht allein." Loki, der Thor ohne Weiteres einfach unterbrochen hat, lugte mit einem doppeldeutigen Blick zu mir herüber. Ich wagte es gar nicht, ihm eine vernünftige Antwort zu geben, da ich mich höchstwahrscheinlich eh nur wieder verplapperte und somit wahrscheinlich alles Schlimmer machen würde. Und ich log nicht, wenn ich sagte, dass ich Loki wegen seiner Unterbrechung gegenüber seines Bruders Dank schuldete. Ich wusste, der Gott der Lügen würde das Beste sein, was mir in meiner unglücklichen Situation hätte passieren können. Und auch wenn ich es hasste es zu zugeben, aber Thors Aussage vor ein paar Tagen war richtig; Das Eis verband uns.

F I R E E M P R E S SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt