A I R A

656 53 11
                                    

"W-was?!" Aufgewühlt und mit zusammengezogenen Augenbrauen, die meinem ganzen Gesicht bestimmt einen entrüsteten Ausdruck verliehen, richtete ich meinen Blick nach oben. Der zitternde Boden unter mir fühlte sich so an, als würde jemand den ganzen Palast schütteln wollen und er würde jeden Moment in Zwei zerbrechen. In diesem Moment hatte ich wahrscheinlich mehr Angst von Gesteinsbrocken und Marmorplatten erdrückt zu werden, als von den erneuten Feinden, die sich angeblich die Zeit genommen haben, Asgard mal wieder anzugreifen. Obwohl, diese Information konnte ich gerade nicht verarbeiten. Ich konnte nicht einmal einen einzig klaren Gedanken fassen. Mein Kopf füllte sich mit wirren Fragen und Verwunderungen, doch am meisten machte ich mir furchtbare Sorgen über dieses Erdbeben, was nicht einmal eines war. "Na los, steh schon auf! Wartest du darauf, dass irgendeines dieser Viecher hier hochkommt oder dass du von irgendeinem Stein getötet wirst? Ich denke nicht, dass jemand wie du so sterben will.", brachte mich Aira wieder zurück in die Realität und flitzte auf mich zu, als wollte sie einen Marathon gewinnen wollen. Sie bewies mehr Stärke, als ich es ihr eigentlich für ihre zierliche Statur zugetraut hatte, als sie mich hastig an beiden Armen hochzog und mir half auf dem rüttelndem Boden einigermaßen gerade stehen zu leben. Obwohl das ja gar unmöglich war. So langsam erwachte auch ich mal wieder aus meinem kleinen Schock und meine benebelten Gedanken begannen immer und immer klarer zu werden. Und schließlich aktivierte sich schlussendlich mein guter, alter Überlebens- und Avengersinstinkt.

"Okay, also, ich glaube, es gibt jetzt nur eine richtige Lösung für so eine Situation. Renn.", rief ich Aira wegen des unfassbar lauten Tumults ins Ohr, während wir beide versuchten so gut wie möglich die Balance zu halten. Meine kleine Helferin nickte darauf eifrig und nahm blitzschnell meine kalte Hand, worauf sie plötzlich anfing zu grinsen und mir diejeweiligen Worte zu wisperte: "Wenn wir den Weg nach unten schaffen, zusammen, dann schwöre ich, dass wir beide wie meine Mutter und Frigga werden." Und in ihrer leisen, sanften Stimme, in die mittlerweile wieder eine innere Ruhe gekehrt war, war so voller Ehrlichkeit und Vertrauen, dass ich schwören könnte, niemals wieder so ehrliche Worte zu hören. Und das würde ich auch nicht.

Und plötzlich liefen wir los. Stürmten mit einer Wucht, Hand in Hand, und voller Energie aus der Tür, und hätten jedem professionellem Läufer in diesem Moment Konkurrenz gemacht. Mein bebender Körper wurde nur seltene Male von so viel Dynamik und Eifer durchflutet und meine Atemzüge gingen gefährlich schnell. Die staubige und komplett verschmutzte Wucht von Luft, die uns entgegen geblasen wurde, verursachte zwar bei uns beiden ein hysterisches Keuchen, doch trotzdem konnte uns keiner aufhalten. Ich fragte mich, ob uns jemals einer aufhalten könnte. Wir rannten und rannten weiter, während wir in jeder einzelner Sekunde dieses Rennens dem puren Tod ins Auge sahen. Doch auch in jedem weiteren Moment entkamen wir ihm ein kleines bisschen mehr.

Die Atmosphäre umfasste uns wie eine reißende, lebensbedrohliche Welle. Wir spürten ihre alamierende Präsenz, konnten vor uns schon das entscheidende Ergebnis dieser Naturgewalt vor uns sehen. Wir wussten, dass unsere Chance zu erleben so gering war, das wir nicht einmal mehr an die Zukunft, sondern an den jetzigen Moment dachten. Ich verspürte keine Angst und keine Furcht, ich fühlte mich nur komplett außer Atem, was der ekelerregende Staub natürlich nicht besser machte. Doch nach jeder weiteren Stufe, die wir hinunter rasten, und uns die Schreie und das altbekannte Klirren der Klingen immer näher kamen, wurde uns bewusst, dass wir von einer Katastrophe in die nächste gezogen wurden. Vielleicht entkamen wir gerade einem bitteren Tod, der durch einem Einsturz hervorgerufen wurde. Aber nun könnte uns jeden Moment irgendein Feind niederschmettern.

"Bleib bei mir.", befahl ich Aira und umschlang ihre bestimmt schon zerquetschte Hand noch fester. Im Normalfall hätte ich ihr womöglich gerade mitgeteilt, dass sie doch so schnell wie möglich sich irgendein sicheres Versteck suchen sollte. Doch da ich wusste, dass sie sich nicht ein weiteres Mal von mir irgendwo einsperren lässt und ich sie so besser beschützen konnte, erhielt Aira die Lizenz bei mir zu bleiben. Der Dreck, der sich überall an meinen Klamotten, in meinen Haaren und sogar auf meinen Wimpern platziert hatte, verursachte, dass ich womöglich gerade aussah, als hätte ich einen unglaublich schlimmen nervlichen Zusammenbruch gehabt. Obwohl das nicht einmal so weit hergeholt war.

F I R E E M P R E S SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt