T H I R T Y O N E

586 59 7
                                    

"Das war eine absolute Ausnahme, Loki. Ich war in Trance oder so, als ich die Feuerkräfte beim Kampf betätigt habe.", murrte ich und legte meinen mir viel zu schwer vorkommenden Kopf in den Nacken, während ich mich zurück an das furchtbare Schreckensszenario vor ein paar Tagen erinnerte erinnerte. Es hatte sich angefühlt als wäre ich in einem Traum gefangen. Einem Albtraum, dem man einfach nicht entkommen konnte, und doch wusste, dass es einer war. Die Schreie, die permanenten Wutausbrüche der Feinde, das spitze Ertönen der Klingen, die aneinader schmetterten. All diese Geräusche und Eindrücke hatten sich in meinem Gedächtnis verankert und sich in meinen Schädel eingebrannt. Und doch wusste ich, dass es das alles wert war. Mit Sicherheit hatte ich eine andere Traumarbeit oder wäre gerne auf eine Universität gegangen, aber wenn man solche Kräfte bekam, dann musste das ja auch schließlich für etwas gut sein. Ich fragte mich in diesem Moment, wie lange ich wohl gebraucht hatte, um das zu verstehen. Ein bis zwei Jahre vielleicht?

"Dann musst du eben wieder in Trance fallen.", schnatterte der Lügengott hochnäsig und schien es wirklich todernst zu meinen. "Ach so, ja, also das nenne ich einen Superhelden. Immer, wenn eine Schlacht ist, falle ich in Trance. Na, das ist ja mal ein Plan!", sprach ich mit einem großen Haufen voller Ironie und wunderte mich, ob das Beisammenleben mit Tony mich wohl in irgendeiner Weise geprägt hat, was den Humor anging. Nun ja, wenn man jeden Tag eine exzessive Pizzafeier schmeißt und er die einzige Person war, die ich wirklich sehen durfte, wann ich wollte, dann konnte es ruhig sein, das da etwas hängen blie.

Loki ließ einen endlos langen und übertriebenen Seuftzer gehen, während er etwas gedankenverloren und überlegend in die Gegend blickte und wahrscheinlich darüber nachdachte, wie er mir seine Taktik am Besten erklären konnte. Wahrscheinlich schwirrten in seinem Gedankegang noch die ein oder andere auf mich zutreffende Beleidigung mit, was mich kaum überraschen würd. Schlussendlich schien er zu einer Lösung gekommen zu sein und irgendwie wirkte er so, als ob er ganz stolz auf sich und seine Idee wäre: "Du musst dich in die Lage zurückversetzen, in der du warst, als du das mit den Feuerkräften gemeistert hast. Wie hast du dich gefühlt? Wie war die Situation um dich herum?" "Brenzlig." Für diesen schlechten Witz hätte ich mir am liebsten selber in mein Gesicht geschlagen, aber ich konnte einfach nicht wiederstehen. Loki schien wohl der selben Meinung wie ich zu sein und verdrehte entnervt seine Augen, bevor ich einverstanden war, ihm doch noch eine vernünftige Replik zu liefern. Am Schluss war dann noch er derjenige, der einen Wutanfall erlitt. Und ich wollte den Gott nun wirklich nicht inmitten eines Ausrasters erleben. Möglicherweise würde er aus Rache erneut einen Anschlag auf die Erde planen. "Na ja, also... ich hatte das Gefühl, dass ich etwas tun musste. Ich meine, musste ich ja auch. Aber ich hab gesehen, dass ich euch so viel ersparen könnte, wenn ich meine Feuerkräfte einsetzen würde. Ich denke, das hat es in mir ausgelöst." Für einen kurzen Moment trat Stille zwischen uns, doch die hielt nicht besonders lange. Sofort ergriff mein Gegenüber, jetzt deutlich entspannter, das Wort: "Das heißt, du kannst die Kräfte eigentlich nur einsetzen, wenn es um Andere geht? Na, großartig. Und die Eiskraft kannst du wahrscheinlich nur hernehmen, wenn du Angst verspürst, richtig?" Konnte man diesem Spinner von Gott bitte klarmachen, dass er manchmal einfach seinen Mund schließen sollte? So, ungefähr, für immer. "Nein, das jetzt nicht mehr. Ich komme gut mit ihnen zu Recht." Ein weiterer Seuftzer entfloh Lokis Mund, doch dieses Mal war es wahrscheinlich eher im positiven Sinne gemeint. Na, wenigstens ein Zeichen von Erleichterung heute. Ich fragte mich, wie ich es all die gute, lange Zeit mit ihm allein in einem Zimmer ausgehalten habe. Vergiss die Kämpfe zwischen Fire Empress und mir, das war nichts im Gegensatz zu einem wöchentlichem Aufenthalt bei Loki Laufeyson. "Wenigstens etwas. Ich will nicht, dass, wenn du wieder nach Midgard kehrst, alle von mir behaupten, ich wäre dir kein guter Lehrer gewesen." "Nein, wie könnte man das nur je behaupten?"

---

Nach diesem gefühlt zehnstündigen Training war ich mir sicher, dass die Aufenthalte bei Loki wahrscheinlich einer der anstrengensten Dinge waren, die ich je getan habe. Ich hatte das Gefühl, dass meine wunden Arme vor Anstrengung sogleich in Millionen Teile zersplittern würden und ich jeden Moment bewusstlos umkippen würde, wenn ich nicht so rasch wie möglich mein Bett erreichen würde. Wer kam auch auf die Idee mich in das wahrscheinlich höchst gelegene Zimmer des ganzen Palastes einzuweisen, wenn ein Teil der Leute hier doch wusste, dass ich nur hier war, um mich von Loki quälen zu lassen. Als ich mich schlotternden Beinen und schleppendem Gang endlich das erlösende, goldene Leuchten meiner Zimmertür erkennen konnte, verließ ein erleichtertes Seufzen meine trockene Kehle. Wie war es nur möglich nach so großem Durst, Hunger und unfassbarer Müdigkeit immer noch auf den Beinen zu stehen? Das sollte als meine eigentliche Superkraft gelten, nicht die Feuer - oder Eiskräfte.

F I R E E M P R E S SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt