Kapitel 4

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Lukas hielt noch immer meine Hand ,trotzdem wir schon draußen waren. Seine Handfläche war warm und leicht rau und sendete immer wieder unsichtbare Empulse zu mir herüber, die bei mir Gänsehaut hervorriefen. Zudem kam es selten vor ,dass Menschen mich von sich aus berührten. Immer noch leicht verwirrt tastete ich mich neben Lukas auf der Straße entlang und nahm Pans Leine etwas kürzer. Dann befreite ich mich aus Lukas Griff und sah verunsichert zu ihm herüber. Ich spürte sein Schmunzeln und etwas in mir regte sich. "Ich weiß deinen Namen immer noch nicht..." meinte er dann. "Glaubst du ich schaffe es ihn herauszufinden ohne dass du etwas sagst?" Na dann mal los, viel Spaß, dachte ich mir und lief einfach weiter. "Fangen wir mit dem ersten Buchstaben an...soll ich von vorne im Alphabet anfangen?" ein leichtes Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Und so ließ ich mich auf das Spiel ein und schüttelte den Kopf. "Okay, also von hinten?" woraufhin ich ihm zunickte. "Z?" begann er zu fragen und ich nickte. "Dein name beginnt also mit Z?" hakte er nochmals nach. Und ich bejahte. "Alles klar, das war ja einfach" lachte er."Zweiter Buchstabe auch von hinten?"....und so ging es weiter und nach nichteinmal 10 Minuten hatte er meinen Namen erraten."Zoey, was für ein schöner Name.Schau mal wir sind an deinem Haus vorbeigelaufen" Lachte er und hielt mich am Arm zurück, was mir wieder ein Kribbeln über den Rücken jagte. Was hatte dieser Junge nur an sich...Nichtmal vor meinem Unfall wollten viele Jungs was mit mir zu tun haben. Ich war nicht besonders hübsch, fand ich zumindest und auch nicht sehr schlank....und dass ich nun auch noch blind war ,trug auch nicht wirklich dazu bei, dass ich attraktiver wurde. Lukas blieb plötzlich stehen und auch Pan hatte angehalten. "So da wären wir, die Dame. Ich wünsche noch einen schönen Abend, bzw. eine gute Nacht" sagte er. Und schob mich zur Tür. Ich schloss auf und rief Pan zu mir. Lukas war schon verschwunden und somit ging ich ins Haus, ignorierte die vorwurfsvollen Worte meine Ma und flüchtete in mein Zimmer. Ich schmiss mich aufs Bett, krallte mich in Pans Fell und fing hemmungslos an zu schluchzen. Ich hasste mein Leben. Warum ich!? Warum konnte ich nicht ein normales Mädchen sein, dass diesen Jungen getroffen hat und sich vielleicht sogar in ihn verliebte. Ein Mädchen, dass ihn ansah und in seine Augen blickte. Solch ein Mädchen und kein Krüppel wollte ich sein. Ich war abschreckend und verabscheute mich selbst. Ich merkte wie eine leichte Hoffnung in mir aufkeimte, das Lukas anders war als all die anderen... Dass er mich verstand.Aber ich durfte nicht anfangen ihm zu vertrauen und ihn an mich heranzulassen. Denn wenn er nur mit mir spielte und mich nicht ernst nahm, wusste ich,dass ich den Schmerz nicht aushalten würde.
Ich würde mich noch mehr zurückziehen und meine Suizidgedanken würden zurückkommen..

FLASHBACK
Es waren 6 Tage nach meinem Aufwachen im Krankenhaus vergangen. Ich war schon wieder zu Hause und saß zusammen gesunken auf dem Boden in meinem Zimmer. Die Tür war abgeschlossen und in meiner Hand hielt ich eine Rasierklinge. Langsam fuhr ich mit dem Finger über die scharfe Oberfläche und spürte diesen beruhigenden Schmerz. Das kupferrote Blut lief mir über die Hand und ich setzte schon an meiner Pulsschlagader an. Endlich war es soweit, ich konnte diese grausame Welt verlassen. Ich hatte nichts im Leben was mich noch hier hielt. Niemand war wichtig genug um mich vor dem Tod zurückschrecken zu lassen. Nichtmals meine Ma. Ich spürte die Spannung an meinem Handgelenk, als ich auf die Klinge drückte. Doch plötzlich klopfte es an der Tür "Zoey ! mach auf bitte!" Sascha. "Lass mich in Ruhe " schrie ich. Zu der Zeit hatte ich meine Stimme noch nicht aufgegeben. "Bitte Zoey. Du kannst mich nicht alleine lassen!" Er war den Tränen nahe und ich spürte wie meine Augen ebenfalls feucht wurden. Ich ließ die Klinge fallen und schwankte zur Tür. Sascha stürzte herein, sah das Blut und zog mich an sich. "Warum Zoey? Warum?" Heulend umarmten wir uns und ich zitterte am ganzen Körper. In dieser Nacht schlief Sascha bei mir. Erstens, weil ich nicht allein sein wollte, und zweitens, weil er sowieso nicht geganegn wäre. Eng an ihn gekuschelt lag ich neben ihm und hatte meine Hände in sein T-Shirt gekrallt...
FLASHBACK ENDE

Schnell tastete ich nach meinen Kopfhörern und schloss sie an mein smartphone an. "Don't worry 'bout a thing" dröhnte es kurz darauf und ich konnte die schrecklichen Erinnerungen ausblenden. Am nächsten morgen hatte ich Kopfschmerzen und schwitzte total. Schwankend lief ich ins Badezimmer und stellte mich unter die Dusche. Ich zitterte am ganzen Körper und die Narben an meinen Augen juckten. Erschöpft trocknete ich mich ab, zog mir Joggingsachen an und tastete mich vorsichtig die Treppe herunter. Pan kam mir hinterher und hechelte leise. Ich ging ohne zu zögern am Schlafzimmer meiner Eltern vorbei und schloss die Haustür auf. Sie wurden mir immer fremder und das setzte mir extrem zu. Ich hatte im Moment niemanden, dem ich mich anvertrauen konnte oder mit dem ich reden konnte. Denn vor allem meine Mutter war zu sehr ihrem Selbstmitleid verfallen, als dass sie mitbekommen hätte,wie es mir ging. Seufzend folgte ich dem Zug von Pans Leine und ließ meine Gedanken abschweifen. Meine Sinne sagten mir, dass es noch recht früh am morgen war, ca. 8.30 uhr schätzte ich. Die Luft war schwül warm und vermutlich hatte es in der Nacht geregnet. Es waren keine Menschen auf der Straße unterwegs und nur ab und zu kam ein Auto. Ich wartete an der Ampel, bis ich das vertraute Klicken hörte, was mit symbolisierte, dass grün war. Aber das hätte ich gar nicht gebraucht, denn Pan hatte schon an der Leine gezogen und führte mich jetzt über die Straße. Trotzdem die Luft sehr schwer war, konnte ich endlich wieder durchatmen und auch meine Kopfschmerzen und das Zittern verschwanden allmählich. Doch von einer Sekunde auf die andere überkam mich eine Kälte. Und eine derartige Leere, die ich noch nie verspürt hatte. Meine Beine spielten nicht mehr mit, sie sackten ein und mein Körper verkrampfte sich. Mir wurde übel und ich konnte nicht mehr klar denken. Unter mir spürte ich Graß und Erde. Ich bemerkte den Aufprall nicht mehr. Noch im Fallen drifteten meine Gedanken ab und ich wurde ohnmächtig...

Blindes VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt