Kapitel 2

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Am nächsten Morgen wachte ich auf und hatte ein pelziges Etwas im Gesicht. Kurz darauf realisierte ich, dass Pan auf mir lag und döste. Als er bemerkte ,dass ich wach war begann er mit seinem Schwanz freudig auf das Bett zu hämmern. Lächelnd tastete ich mich zu ihm hin und vergrub mein Gesicht in seinem Fell. Danach stand ich auf und schob mich an der Wand entlang ins Bad. Nach einer warmen Dusche zog ich mir eine Jogginghose und ein weißes Tshirt an . Dann schnappte ich mir Pans Leine und ging die Treppe runter und aus der Haustür auf die jetzt noch menschenleere Straße. Langsam lief ich hinter meinem Hund her in den nächstgelegenen Park. Dort angekommen setzte ich mich auf eine Bank und machte Pan von der Leine los. Ich hörte wie er freudig die Gegend erkundete aber immer in meiner Nähe blieb. Und ich saß da und dachte über Gott nach. Ich glaubte nicht an ihn, doch irgendwie hoffte ich doch dass es da oben eine Macht gab, die das Leben eines jeden von uns steuerte. Aber wieso ich ? Fragte ich mich mal wieder. Wieso hätte ich nicht einfach sterben können. Dann müsste ich mich jetzt nicht so quälen. Doch im selben Moment verabscheute ich mich selbst und meinen Egoismus. Meine Mutter wäre am Boden zerstört gewesen.Vermutlich hätte sie sich das Leben genommen...Aber ich hatte überlebt. Und nun musste ich damit klarkommen.Seit meinem Unfall war für mich jeder Tag wie der andere. Es wurde morgen und es wurde Abend. Ich lebte nicht, ich existierte einfach nur. Es dauerte eine Weile bis mir das klar wurde. Ich saß zusammengesunken auf der Parkbank . Pan war inzwischen zu mir gekommen und hatte seinen Kopf auf meinen Schoß gelegt. Gedankenversunken kraulte ich ihn hinter den Ohren und ich merkte auch nicht, wie sich jemand näherte. Erst im letzten Moment bemerkte ich den Schatten einer Person vor mir. Und hob den Kopf. Ich konnte einen leichten Geruch nach Minze und Zitrone entdecken. Da setzte dieser jemand einfach neben mich . Ich spürte ,wie sich die Bank unter dem Gewicht der Person bewegte und fand es ehrlich gesagt etwas dreist, mir einfach ohne ein Wort zu sagen auf die Pelle zu rücken. " Na wer bist du denn?" Sagte da eine männliche relativ tiefe Stimme, die der Person neben mir zu gehören schien.Ich schätzte den Jungen auf 18 oder 19 . Erst dachte ich ,er hätte mich angesprochen, da merkte ich, dass Pan sich von meinem Schoß zurückgezogen hatte und den Jungen beschnupperte. Ein Stich durchfuhr mich. Das ist mein Hund dachte ich wütend. Da spürte ich, dass der Junge mich ansah. "Ist das dein Hund?" fragte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich nickte nur. "Du hast echt Glück einen so hübschen Hund zu besitzen" sagte er und streichelte Pan über den Kopf. Hatte er noch gar nicht bemerkt, dass ich blind war? Oder warum redete er sonst mit mir? Für Gewöhnlich sprach mich niemand von sich aus an. Ja die meisten Menschen mieden mich. Ich war nicht normal und das verunsicherte sie. Die Menschen wollten nur beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Aber ich hatte sie durchschaut, ich spürte jeden ihrer Blicke wie Stecknadeln in meinem Herzen. Oft hatte ich das Gefühl, dass viele Menschen trotzdem sie ihr Augenlicht noch besaßen, viel blinder waren als ich. Ruckartig hob ich meinen Kopf, ich hatte mal wieder vor mich hin geträumt. Ich spürte ,wie der Junge mich belustigt ansah. Anscheinend hatte er mir eine Frage gestellt. "Wie heißt du ?" wiederholte er sie dann. Ich sagte nichts ,sondern schnipste mit den Fingern und Pan kam wieder zu mir.Gerade wollte ich aufstehen und weitergehen. "Du redest nicht" stellte der Junge erstaunt fest."Ist es weil du blind bist?" fragte er gerade heraus. Mir stockte der Atem, noch nie hatte mich jemand so direkt darauf angesprochen. Alle versuchten immer dieses Thema zu meiden, was natürlich sinnlos war. Da es mein Leben beherrschte. " ich heiße Lukas" sagte der Junge plötzlich. "Darf ich dich ein Stück begleiten?" was wollte dieser Lukas von mir? Ich überlegte....wollte er mich verarschen!? Oder hatte er einfach nur Langeweile? Ich stand auf und machte Pan an die Leine um Lukas zu zeigen, dass es mir egal war. Er stand auf und ging neben mir her. Etwas zu dicht für meinen Geschmack. Ab und zu streifte er mit seinem Arm an meinem vorbei. Und verursachte jedes Mal Gänsehaut an meinem Körper. " wie lange bist du schon blind ?" fragte er nach einer Weile, doch ich antwortete ihm nicht, wie auch, wenn ich nicht redete. "Stimmt, ich hatte vergessen, dass du nicht mit mir redest?" schmunzelte er "Formulieren wir die Frage anders" sagte er dann "bist du schon blind auf die Welt gekommen?" Verwundert drehte ich mich zu ihm und schüttelte dann den Kopf. Damit gab sich Lukas zufrieden. Kurz darauf standen wir vor meiner Haustür und ich schloss auf, drehte mich noch einmal um nickte Lukas zum Abschied zu. Irgendetwas war anders bei ihm. Und das verunsicherte mich. Bis jetzt konnte ich jeden Menschen irgendwie zuordnen, doch bei ihm hatte ich keine Ahnung. Ich loss die Tür und ging mit Pan in mein Zimmer. Dort ließ ich mich aufs Bett fallen und drehte die Musik so laut auf, dass sie nicht nur alle Geräusche ,sondern auch meine Gedanken verdrängt und lies meine Gedanken abschweifen. Gedankenverloren kraulte ich Pans Nacken. Dann tastete ich nach meinem Handy und drückte aus die Taste 3. Aus Erfahrung wusste ich wo genau sie sich befand.

Blindes VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt