Kapitel 44

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Linda

"Vielleicht liegt es auch einfach an mir", murmelte ich und warf einen Kieselstein ins Wasser. "Ich soll vielleicht einfach nicht glücklich sein."

"Ach Quatsch", Luke lächelte mich aufmunternd an. "Michael ist ein Arschloch, Linda. Du solltest ihm nicht hinterher trauern, das hat er nicht verdient." Er zog aus seiner Hosentasche eine Schachtel Zigaretten. Pall Mall um genau zu sein.

"Seit wann rauchst du?", fragte ich und sah ihm dabei zu, wie er sich einen Glimmstängel anzündete.

"Seit einer Woche?", er zuckte mit den Schultern. Ich wusste nicht genau, ob mir diese Angewohnheit gefallen sollte.

"Wieso?" Ich senkte meinen Blick wieder zum Wasser und warf erneut einen Stein und stellte mir vor, ich würde damit Michael treffen.

"Was wieso?" Er blies den Rauch durch die Nase.

"Wieso hast du angefangen?" Er blieb eine ganze Weile stumm, bevor er antwortete.

"Vielleicht weil ich ein Rebell bin." Ich sah ihn fragend an, er lachte rau. "Die Zigarette im Mundwinkel ist quasi der orale Stinkefinger an meinen Vater, an all die spießigen Leute, die über mich und andere urteilen, nur wegen den Löchern in unseren Hosen oder den Piercings in unseren Gesichtern. An all die, die sagen, wir sollen mit der Musik aufhören, denn wir bringen es ja zu eh nichts." Er nahm einen Stein und versenkte ihn. "Und außerdem, in jedem Hollywoodstreifen hat der Bad Boy immer ein Faible für Zigaretten."

"Ach so ist das", antwortete ich ihm grinsend. "Du weißt aber schon, dass rauchen tödlich sein kann?"

"Lieben auch", sagte er und drückte den Zigarettenstummel aus. Ich erinnerte mich daran, dass Michael mir sowas mal geschrieben hat. In dem Moment fühlte ich mich etwas unbehaglich, denn ich wusste, dass Luke mich damit meinte, seine Gefühle, die er für mich hegte. Gefühle, die ich leider Gottes nicht erwiderte. Manchmal malte ich mir aus, wie es wäre, mit ihm zusammen zu sein. Ob mein Leben dann unbeschwerter wäre? Luke war mit Abstand einer der süßesten Jungs, die ich jemals kennenlernen durfte. Sowas wie raue Schale, weicher Kern. Und ich war mir fast sicher, dass Luke zu der Sorte Männer gehörte, die ihre Freundin auf Händen tragen. In diesem Moment wünschte ich mir, das mein Herz für den Blondschopf und nicht für Michael schlagen würde. "Und außerdem; nur die Besten sterben jung."

"War das eine Hommage an Kurt Cobain?", fragte ich und musterte ihn, wie er in T-Shirt und Jogginghose hier saß, die Füße im kalten Wasser, während hinten am Horizont die Sonne langsam unterging.

"In etwa." Seine blauen Augen suchten meine und er lächelte, so das man sein Grübchen sah, die ich so sehr liebte.

"Weißt du wer das Mädchen vorhin bei ihm war?", wechselte ich das Thema. Seit fünf Stunden oder länger saßen wir hier, an dem kleinen Ufer mit den vielen Steinen. Zuerst hab ich mir die Seele aus dem Leib geweint, während Luke mich tröstete, doch mittlerweile habe ich keine einzige Träne mehr für Michael übrig.

"Das war die Bitch aus dem Starbucks." Er verzog angewidert das Gesicht. "Die lässt jeden über sich rüber rutschen, glaub mir." Ich wusste doch, dass mir dieses Mädchen mehr als bekannt vorkam. Ich hab sie schon mal gesehen, wie sie an Michaels Lippen hing, damals vor der Schule.

"Gib mir 'ne Zigarette." Ich richtete mir auf und setzte mich im Schneidersitz hin.

"Was?" Er runzelte die Stirn.

"Bitte?"

"Linda, du solltest damit nicht anfangen."

"Luke, ich bin alt genug um das selbst zu entscheiden." Er seufzte geschlagen und hielt mir seine Schachtel hin. Zufrieden nahm ich mir eine und drehte sie in meinen Fingern.

"Warum steht da 'Sorry Mom' drauf?"

"Ich bin eine Enttäuschung für meine Mutter. Ich bin schlecht in der Schule, helf' ihr nicht im Haushalt und jetzt rauch ich auch noch", erklärte er mir und steckte sich selbst eine Kippe in den Mund. Nachdem er sich sie angezündet hat, reichte er mir das Feuerzeug.

"Luke", ich setzte an, doch musste husten. Ich verzog das Gesicht bei dem Geschmack von Tabak. "Du bist absolut Enttäuschung. Du bist klug, manchmal sogar nett und du machst Musik mit deinen drei besten Freunden. Ihr habt sogar schon eine EP herausgebracht, die nicht einmal schlecht ankam, also hör auf so schlecht über dich zu denken."

"Manchmal sogar nett?", er kicherte. "Ich bin immer nett."

"Natürlich", ich verdrehte die Augen und blies ihm Rauch ins Gesicht. Luke grinste mich an und lehnte sich dann zurück. Ich tat es ihm gleich und legte mich auf die Steine, was gar nicht so schmerzhaft war, wie ich es mir vorgestellt habe. Während wir so rumlagen und uns den lilafarbenen Himmel ansahen, überlegte ich, was ich tun würde, wenn ich Michael morgen auf der Hochzeit sehen würde. Ich wollte kein großes Szenario abziehen, schließlich war das der Moment von Calums Eltern und ich wollte das auf keinen Fall zerstören. Ich kam zu dem Entschluss, ihm aus dem Weg zu gehen, so gut es eben möglich wäre.

"Ich finde Zigaretten nützlich", begann ich, "Es tröstet mich, dass die Dinger mich umbringen könnten, bevor Dinge noch schlimmer werden." Aber wie konnte es denn noch schlimmer werden?

"Shit, du hörst dich an wie ein Teenager an seinen schlimmsten Tagen", prustete Luke und nahm meine Hand. Seine rauen Hände strahlten soviel Wärme an diesem unglaublich kalten Ort aus.

"Bin ich das denn nicht? Ist heute nicht einer meiner schlimmsten Tage?", fragte ich ihn und warf den Rest der Zigarette ins Wasser.

"Ach Prinzessin", er strich mir vorsichtig mit seinem Daumen über den Handrücken. "Es wird andere geben. Bessere als ihn. Welche, die dich auch verdienen."

"Luke, komm mir jetzt bitte nicht mit 'Es schwimmen noch andere Fische im Teich'. Vielleicht finde ich ja einen besseren und vielleicht ist es dann einfacher. Aber einfacher will ich nicht und einen anderen erst recht nicht. Ich will nur ihn, Luke. Ich habe ihn immer gewollt und ich werde ihn immer wollen, auch wenn er mich nicht will und mir das vielleicht zum Verhängnis wird."

"Bist du sicher, dass du weißt, was dich glücklich macht?", fragte er nach kurzer Stille. Seine Worte brachten mich zum grübeln. Michael machte mich glücklich, definitiv, bloß in diesem Moment nicht. Doch vielleicht irrte ich mich auch.

Luke lachte heiser, bevor er seine Zigarette im Sand ausdrückte. "Beziehungen und Liebe sind so kompliziert, nicht wahr?" Er drehte seinen Kopf zu mir und musterte mich lange, bevor er wieder in den Himmel guckte. "Die beste Beziehung ist zwischen Raucher und Zigarette. Sie brennt für ihn und er stirbt für sie."

"Du klingst wie ein fünfzig Jahre alter, nostalgischer Kettenraucher, mein Lieber", kicherte ich und stand auf. "Komm, mein Traumprinz. Wird langsam spät und morgen musst du mit mir tanzen."

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Ist zwar nicht Mittwoch aber ja guuut das Kapitel ist ja jetzt auch nicht unbedingt der Burner....

ABER
Die neuen 5SOS Songs sind so axghdfk *-* Und dann noch BADLANDS von Halsey, One Direction bringen ihr Album bestimmt auch bald raus oh mein Gott am Ende des Jahres bin ich tot :DD

Am schönsten finde ich Girl Who Cried Wolf und ihr?

to the moon and back || mgc Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt