Prolog

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Der Ozean schimmerte matt im Licht der brechenden Sonnenstrahlen. Sanfte Wellen bahnten sich ihren Weg in Richtung der Felsen, an denen sie schlussendlich abprallten. Und doch kamen immer wieder neue Wellen, die das gleiche Schicksal erwartete. Das Wasser war leblos und trotzdem so gefährlich, dass es schon vielen Menschen das Leben geraubt hatte. Holton wusste das. Er wusste um die schrecklichen Sitten seines Volkes und konnte es nicht aufhalten. Menschen starben sinnlos, nur weil sie in ihr Gebiet kamen. Aber nicht nur dies lag schwer auf seinen Nerven. Der junge König hatte größere Probleme. Viel Größere.

"Was wollen wir tun?", nach einer langen Zeit brach Holton das tiefe Schweigen und wandte seinen Körper zu der jungen Finwife. Ihre langen, ebenholzfarbigen Haare fielen fließend über ihre Schultern, sodass sie beinahe ihren ganzen Oberkörper bedeckten. Ihre dunklen Augen leuchteten im Schein der Sonne, als sie ihn ansah.

"Ich muss gehen", flüsterte sie leise und legte eine Hand auf seine.

"Du kannst mich nicht alleine lassen", erwiderte Holton frustriert und entzog ihr seine große Hand.

Ihre wunderschönen Augen senkten sich: "Ich habe keine andere Wahl. Es muss sein und das weißt du auch."

"Ich kann dich nicht einfach so gehen lassen. Ich liebe dich!", entgegnete der junge König und nahm blitzschnell ihr zartes Gesicht zwischen seine beiden Hände, um ihr tief in die Augen zu sehen.

"Holton...", sie seufzte, "Es würde alles zerstören. Einfach alles. Es ist zu gefährlich."

"Es ist nur ein Kind, Grace", er ließ ihr Gesicht los und legte stattdessen eine Hand auf ihren runden Bauch, "Spürst du denn gar nichts? Das neue Leben, das wir erschaffen haben? Es ist ein großes Glück!"

"Das Kind trägt das Blut Poseidons in sich. Es ist sein Nachfahre. Solange wir nicht wissen, wie es sich entwickelt und wie es denkt, stellt dieses Kind eine große Bedrohung dar!", sagte Grace und nahm Holtons Hand von ihrem Bauch.

"Du bist ebenso eine Nachfahrin Poseidons und stellst keine Bedrohung dar. Warum sollte unser eigenes Kind unser Volk vernichten wollen?", fragte er.

"Nicht nur die Menschen sind egoistisch. Auch wir denken zuerst an uns selbst, Holton. Wenn das Kind erwachsen ist und erfährt, was es alles haben könnte...", ihre Stimme brach, bevor sie stumm in den Himmel sah.

Schweigend griff Holton nach ihrer Hand: "Ich weiß, dass unser Kind reinblütig wäre und dazu noch ein Königskind. Ich verstehe deine Bedenken, Grace. Aber ich kann mich nicht von dir trennen. Ich kann nicht zulassen, dass du einfach so gehst."

"Du musst das Kind bei dir behalten. Sein reines Blut schenkt ihm sofort eine Flosse, also kann ich es nicht mit an Land nehmen. Du musst auf es aufpassen und es großziehen!", erwiderte Grace und blickte direkt in seine Augen. Das typische Strahlen war verschwunden. Glanz und Freude einfach weg.

"Ich kann nicht..."setzte Holton an, doch sie unterbrach ihn.

"Doch, du kannst. Wir können nicht die ganze Existenz des Finfolks aufs Spiel setzten, damit wir glücklich sein können. Wenn das Kind erfährt, zu was es in der Lage wäre, dann sind wir alle verloren. Ganz Finfolkaheem würde zerstört werden. Seine Macht wird zu groß sein, seine Fähigkeiten zu ausgeprägt. Dagegen kann niemand ankommen. Vertraue mir, Holton", Grace griff nach seiner Hand und führte sie zu ihren roten Lippen, "Pass auf das Kind auf!"

"Ich werde es nie lieben können, wenn du mich wegen ihm verlässt", sagte er.

"Versuch es! Niemand darf wissen, dass ich die Mutter bin. Ich muss verschwinden und du musst mich decken. Es muss so aussehen, als wäre ich tot oder einfach nur verschollen. Schaffst du das?", hakte sie nach.

"Ich liebe dich, Grace", er hatte nicht auf ihre Worte geachtet. Ein Abschied würde dem jungen König zu schwer fallen.

"Ach Holton, ich liebe dich auch. Unendlich sogar, aber es geht nicht anders. Wenn ich bei dir bleibe und das Kind bekomme, würden alle wissen, was es ist. Sie würden versuchen es zu töten, um die Bedrohung auszuschalten. Wir müssen es schützen. Niemand darf jemals erfahren, wer das Kind wirklich ist, nicht mal es selbst", eine winzige Träne bahnte sich ihren Weg aus Grace' Augen, sodass Holton sie in seine Arme nahm und sie fest an sich drückte. Er wusste, dass sie Recht hatte und er würde es sich nie verzeihen, wenn dem Kind etwas zustieße. Es war sein Kind.

"Du musst dir eine Gemahlin suchen. Wir müssen sie in alles einweihen. Sie muss das Geheimnis bewahren und das Kind als ihr eigenes annehmen", erklärte Grace leise, woraufhin Holton nur traurig nickte.

"Was ist mit Poseidons Mal?", hakte Holton nach.

"Du bist ein Nachfahre Tritons. Bei einer Verbindung von Poseidon und Triton wird das Mal nicht erscheinen. Sie sind beide zu unterschiedlich", antwortete Grace.

"Wie willst du es nennen?", fragte er plötzlich.

Ein winziges Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie einen Finger grüblerisch an ihre Lippen legte.
"Wenn es ein Mädchen wird, soll es Malia heißen und ein Junge...", Holton konnte sehen, wie sie scharf nachdachte. Er liebte ihren Anblick. Umso mehr hasste er es, sie gehen zu lassen. Er würde sie verlieren, sobald das Kind geboren war. Doch Holton hoffte, dass die Trennung nicht ewig andauerte. Er würde sie wiedersehen, schließlich musste man sich erst verlieren, damit man sich wiederfinden konnte. Daran hielt er fest. Tief sog er die kühle Seeluft ein und ließ sie bis in seinen Brustkorb fließen. Er speicherte den Moment in seinem Kopf ab, damit er ihn nie vergessen würde. Denn es würde das letzte Mal sein, wo er mit Grace auf der Klippe hockte und den Wellen dabei zusah, wie sie an den Felsen zersprangen. Er war der König von Finfolkaheem und hatte viele Pflichten. Es war keine Zeit für kleine Ausflüge an Land. Und doch trafen sie sich hier immer wieder. Er liebte sie. Er würde alles für sie tun. Also klammerte er sich an diesen Moment, solange er Grace noch bei sich hatte. Denn manchmal sind  alles, was du bekommen kannst, Erinnerungen.
Er war so tief in seinen Gedanken versunken, dass er gar nicht hörte wie Grace sagte:

"Einen Jungen nennen wir Reed"

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Hallo, ihr Lieben!

Der zweite Teil meiner Buchreihe beginnt mit dem Prolog. Ich hoffe natürlich sehr, dass alle, die auch "The Secret of the Finfolk" gelesen haben, den zweiten Teil ebenfalls gespannt verfolgen.
Wenn ihr den ersten Teil nicht gelesen habt, dann würde ich ihn wirklich sehr empfehlen, weil es sonst unverständlich wird. Ich freue mich trotzdem sehr, endlich weiterzumachen und regelmäßig zu schreiben. Und ich bedanke mich schon mal im Voraus bei allen denen, die beide Bücher lesen, Voten und Kommentare dalassen. Ihr seid wirklich super!
Der Prolog ist so wie im ersten Teil, nur dass es sich hierbei um einen Ausschnitt aus der Vergangenheit handelt. Aber das habt ihr wahrscheinlich schon gemerkt, da hier die Rede von Holton und Grace ist. Es spielt also in ihren jungen Jahren. Der Rest des Buches wird aber natürlich aus der Perspektive von May geschrieben. Vielleicht habt ihr ja auch bereits mitbekommen, dass ich kein großer Fan von POV- Wechsel bin. Also bleibt es weiterhin May, die euch alles berichtet. ;)
Ich hoffe, ihr freut euch über den zweiten Teil.
Ach, und vielleicht sollte ich euch noch sagen, dass es hier nicht sofort weitergeht. Das ist erstmal der Prolog. Die Kapitel kommen später, weil ich die komplette Story noch nicht ganz fertig habe. Aber keine Sorge. Spätestens zu Neujahr geht es dann wirklich los. Also höchstens ein Monat.

ALSO: Schreibt alles in die Kommentare, was ihr so loswerden wollt. Anmerkungen, Tipps oder was euch einfällt. Ich freue mich immer über eure Meinungen!

Liebe Grüße, eure birded ♥ 



The Search for the TridentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt