Kapitel 5

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Tief atmete ich seinen salzigen Geruch ein. Das Meerwasser bildete sein persönliches Parfum, welches ich niemals missen wollte. Meine Hand lag in seinem Nacken und ich zog ihn fest an mich. Abschiede waren schwer. Das galt auch, wenn er nur für kurze Zeit war. Doch ich hatte Gavin die letzten Wochen dauerhaft um mich und wollte ihn nicht gehen lassen. Ich war so sehr an seine Gegenwart gewöhnt, seinen Duft, seine Stimme, seine Berührungen und seine Küsse. Aber er konnte das Finfolk nicht länger warten lassen. Durch den Tod seines Vaters wurde er zum neuen König. Er war es, der ihnen sagen musste, wie es weitergehen würde. Gavin hatte vieles zu erklären. Ich konnte dabei nicht helfen, dies war seine Aufgabe. Also schwamm er zurück nach Finfokaheem, um sein Volk aufzuklären und ließ mich in Kirkwall zurück. Die großen Aufgaben standen den großen Königen zu. Und auch wenn Gavin noch ganz am Anfang stand, war ich mir sicher, dass er in Zukunft ein großer König werden würde.

"Ich komme so schnell wieder zurück wie ich kann", murmelte Gavin an meinem Ohr und strich über meinen Rücken. Ich lockerte meinen Griff ein wenig, gerade so viel, dass ich ihn ansehen konnte.

"Du brauchst deine Zeit", antwortete ich leise.

"Du könntest mitkommen, schließlich bist du die Königin. Das Volk wartet auch auf dich", entgegnete er hoffnungsvoll und strich mir eine Strähne hinter mein Ohr.

"Wissen sie überhaupt, dass wir verbunden sind?", ich hatte nie darüber nachgedacht, aber unsere Verbindung war so spontan und hintergründig, dass es eigentlich niemand mitbekommen haben konnte.

"Ich werde es ihnen noch mitteilen. Die Geheimnisse enden hiermit, also sollen sie alles wissen", Gavin gab mir einen Kuss auf die Stirn und befreite sich aus meinem Klammergriff. Kurz blickte er hinter sich, Richtung Wasser, bevor er wieder mich ansah. Er schaute mich an, wie ich meine Arme schlaff an meinem Körper hingen ließ, der Rucksack zu meinen Füßen, ganz verdreckt vom nassen Sand.

"Ich lasse dich nicht lange warten. In einigen Tagen werde ich zurück sein. Und dann fangen wir mit unserer Suche nach dem Dreizack an, damit Reed dir nie wieder Angst machen kann", sagte er.

"Es macht mir nur Sorgen, dass er dich fast getötet hätte. Du weißt, er würde es immer wieder versuchen", meine Sorge war definitiv berechtigt. Gavin antwortete darauf nicht, ging einen Schritt auf mich zu und nahm mich noch einmal kurz in den Arm, bevor er im Meer verschwand. Ich blickte auf das glitzernde Wasser und die sanften Wellen. Der Boden war von seinen Bewegungen etwas aufgewühlt und färbte die Wasseroberfläche leicht braun. Dann sank der Sand langsam und das Wasser wurde wieder glasklar von der aufgehenden Sonne. Ich bückte mich, um meinen Rucksack aufzuheben und schulterte ihn. Gavin würde nichts passieren, das hoffte ich.
Ohne einen letzten Blick auf die Stelle zu werfen, an der er gerade erst verschwunden war, ging ich den Strand zurück. Meinen Rucksack warf ich auf den Gepäckträger meines Fahrrads und radelte zur Schule. Es war mitten in der Woche, also hatte ich Unterricht, den ich nicht mehr allzu oft verpassen konnte. Schon jetzt wusste ich nicht mehr, wann ich meine nächste Trigonometrie Kontrolle nachschreiben sollte.

Die Fahrt dauerte nicht besonders lange, weshalb ich mein Fahrrad in den Fahrradständer schob und mich auf den Weg in das Schulgebäude machte. Da mich immer noch viele Schüler anstarrten, senkte ich meinen Kopf und eilte durch die Flure, um an meinen Spind zu kommen. Doch schon an der ersten Ecke prallte ich gegen jemanden und ließ meinen Rucksack fallen, dessen Inhalt sich auf dem Boden verteilte.

"Mist!", rasch bückte ich mich und stieß dabei gleich das zweite Mal mit der Person zusammen, die ebenfalls meine Sachen aufheben wollte. Überrascht schaute er mich an und griff nach einem Buch, während ich mir meinen schmerzenden Kopf hielt.

"Du solltest zur Abwechslung mal deine Augen aufmachen, sonst übersiehst du noch gewisse Dinge, die vielleicht wichtig sind", murmelte Sloan leise in meine Richtung. Ich griff nach meinem Rucksack und versuchte zu ignorieren, wie verletzt er klang. Dann nahm ich ihm das Buch ab, das er mir hinhielt.

"Es tut mir Leid", sagte ich.

"Du sagst das immer wieder und doch hat es keine Bedeutung", entgegnete er und reichte mir das letzte Buch, bevor er aufstand und auf mich niederschaute. Ich ließ das Buch in meinen Rucksack gleiten, zog den Reißverschluss zu und richtete mich auf, sodass ich ihn ansehen konnte.

"Du bist mein bester Freund. Natürlich hat es eine Bedeutung", widersprach ich ihm.

"Und trotzdem dachtest du, ich sei schwul", er konnte meinem Blick nicht mehr standhalten und senkte seinen Kopf.

"Ich war überrascht!", rief ich aus, "Du hast mich ganz plötzlich geküsst und ich konnte nicht anders, als es zu unterbrechen. Ich...", Sloan ließ mich nicht ausreden.

"Du musstest zu Gavin, hab ich recht? Als ich dich am Strand gesehen habe, musste ich all meinen Mut zusammennehmen, um dich zu küssen", erklärte er verletzt. Doch er konnte nicht verstehen, wie Leid es mir wirklich tat, unendlich viel.

"Slow?", Caitlin kam um die Ecke gerast und blieb direkt vor uns stehen, "Wo warst du nur?"
Dann drückte sie ihn an sich und rettete mich somit aus dieser schwierigen Situation. Dennoch ließ ich meinen Kopf hängen und schaute kurz hoch. Sloan umarmte Caitlin nicht freundlich zurück, sondern starrte mich weiterhin an. Ich wollte ihn nie verletzen und er machte die Lage nur noch viel schlimmer, indem er mich ansah. Seine lebhaften Augen waren matt und lustlos. Ich wollte es zwar nie, doch ich hatte ihn verletzt.
Caitlin ließ ihn los und beäugte ihn misstrauisch: "Ich möchte mich da echt nicht einmischen, aber so geht es nicht weiter."

"Ich muss jetzt zum Unterricht", beendete Sloan das Thema, wandte sich von uns ab und ging den Flur entlang. Still schauten wir ihm hinterher.

"Du hast ihm wirklich einen Keil in die Brust gerammt", meinte Caitlin schließlich trocken.

"Ich weiß...", murmelte ich zurück und schloss kurz meine Augen.

"Du musst nach dem Unterricht mit mir kommen", sagte sie plötzlich.

"Wohin?", hakte ich nach und hob meinen Blick.

"In die Buchhandlung meiner Grandma. Ich habe dort etwas Interessantes entdeckt", Caitlin sah mich ernst an und machte sich dann auf den Weg zu ihrer ersten Stunde.

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Hi, ihr Lieben.
Nach langer Zeit endlich wieder ein neues Kapitel. Ich weiß nicht genau warum, aber in letzter Zeit hatte ich eine totale Schreibblockade und nur andere Dinge im Kopf. Deshalb hoffe ich, dass ihr mir verzeihen könnt.
Eure birded♥

The Search for the TridentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt