Johanna Mason - Vom Tributen zum Mentor | Kapitel 27

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Treen lief durch die Gegend und versuchte so viel Raum zwischen sich und seinen ehemaligen Verbündeten zu bringen. Natürlich hatte auch er die Kanone gehört doch er konnte nicht wissen wer gestorben war. Zwar war es in seiner Nähe gewesen, doch woher sollte er schon wissen wer sich dort alles befand? Er hatte ja keinen genauen Überblick so wie wir. Und egal wer es war, mindestens einer von den Karrieros war mit Sicherheit noch übrig, das konnte er sicher sagen, und würde ihn jetzt sofort, ohne auch nur seine Sekunde zu überlegen, töten.

Irgendwann schien Treen, nachdem er gut zehn Minuten einfach nur gerannt war, nicht mehr interessant genug zu sein, da nun das Mädchen aus Distrikt 9 eingeblendet wurde. Jedoch nicht lange, da auch sie nichts Großartiges tat, woraufhin die Kamera nun zwischen den Tributen hin und herschwenkte. Solange, bis plötzlich Treen wieder groß auf dem Bildschirm erschien. Er war immer noch dabei viele Meter hinter sich zu lassen, was eigentlich ja eine gute Sache war und nur seinem Überleben diente, doch trotzdem hatte ich ein ungutes Gefühl. Er bekam irgendwie zu viel Aufmerksamkeit der Kamera und es dauerte auch nicht lange und ich wusste wieso. Er steckte mit einem Bein fest.

Treen begann sofort zu fluchen und wackelte mit seinem Bein hin und her damit der Sumpf ihn freigab, doch er sank nur noch schneller hinein.

„Verdammt.", hörte ich Jason neben mir murmeln, doch ich ignorierte ihn. Er brauchte nicht fluchen, Treen bekam das hin. Wenn er nur endlich mal sein Hirn einschalten würde, was zur Abwechslung nicht schaden konnte. Der Idiot steckte doch nur mit einem Bein fest!

Doch Treen war manchmal wirklich ein Idiot, was er in diesem Moment wieder unter Beweis stellte. Er drehte sich herum, versuchte eine andere Position zu erlangen um sich dann befreien zu können, woraufhin er jetzt auch mit dem zweiten Bein begann einzusinken.

Verdammter Idiot. Jetzt durfte man fluchen.

Treen zappelte hin und her und sank immer schneller, ehe er sich plötzlich gar nicht mehr bewegte. Er hatte das schon miterlebt, es war keine neue Situation für ihn, was er in diesem Moment endlich zu begreifen schien. Vorsichtig und ganz langsam beugte er sich mit dem Oberkörper nach vorne und schlug dann mehrmals mit der Axt in den Boden bis er einen festen Untergrund erwischte. Danach zog er sich mit aller Kraft daran heraus und kam schwer atmend auf dem Boden zum Liegen. Es hatte ihn viel Kraft gekostet doch er war dem Tod gerade noch einmal entkommen.

Ich atmete erleichtert aus und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Erst jetzt merkte ich, dass ich mich doch unglaublich angespannt und teilweise auch den Atem angehalten hatte. Das war wirklich knapp gewesen, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte. Genau genommen war das sogar mehr als knapp gewesen, doch Treen hatte es geschafft und war für den Moment in Sicherheit. Doch genau als ich diesen Gedanken hatte kamen sie.

Zwei riesige Tausendfüßler, die Mutationen die bereits zweimal aufgetaucht waren, huschten über den sumpfigen Boden und stürmten direkt auf ihn zu. Gerade noch rechtzeitig konnte Treen mit seiner Axt ausholen und sie einem von ihnen in den Schädel rammen, doch der zweite wich geschickt aus und biss in seinen Arm.

Treen schrie und versuchte sich zu befreien, doch das Vieh biss so schnell noch ein paar weitere Male zu und für einen kurzen Moment konnte ich nur noch die schwarze Gestalt und die vielen zuckenden Beine der Mutation sehen, ehe sie von Treen abließ und so schnell wieder verschwand wie sie gekommen war. Zurück blieb ein blutüberströmter Junge der auf dem Boden lag und schwer atmete. Seine Brust hob und senkte sich noch doch ich konnte mit jedem Atemzug erkennen wie schwer es ihm fiel. Und was ich noch sehen konnte waren die tiefen Wunden die auf seinem Körper verteilt waren. Er würde das niemals überleben.

„Nein.", sagte ich und Tränen traten in meine Augen während sich meine Hände zu Fäusten ballten. Da war so viel in mir. Ungläubigkeit, Angst, Trauer, Wut.

Es waren nur diese zwei Mutationen gewesen. Nur diese zwei waren gekommen und hatten Treen angegriffen, während alle anderen verschont geblieben waren. Er was das Ziel gewesen, ihn hatten sie töten sollen. Treen hatte von Anfang an nicht überleben dürfen, ich sollte nur lange genug die Hoffnung haben damit es nur umso schlimmer war wenn er dann sein Leben ließ.

Eine Hand wollte mich an der Schulter berühren, doch ich wich zurück und fauchte ihn an. Danach blickte ich wieder nach vorne und auf meinen besten Freund der nun in Großaufnahme auf dem Bildschirm zu sehen war. Nicht weil er gerade einen großartigen Kampf abgeliefert hat, sondern weil er dabei war zu sterben und die Tributzahl damit auf drei reduzierte. Mit seinem Tod kam das Finale der diesjährigen Hungerspiele immer näher, was bestimmt hunderte herbeisehnten. Jetzt wurde mir auch noch schlecht.

„Jo...", begann Finnick, doch ich fuhr ihn sofort an, dass er seine Klappe halten sollte, ehe er auch nur ein weiteres Wort sagen konnte. Er schwieg.

Die Minuten verstrichen und ich verlor jegliches Zeitgefühl während ich auf den Bildschirm blickte. Ich blinzelte kein einziges Mal weil ich Angst hatte, dann genau den Moment zu verpassen. Den Moment den ich niemals sehen wollte und den ich trotzdem nicht verpassen durfte. Er ließ jedoch nicht lange auf sich warten.

Treen schloss die Augen, danach hob und senkte sich seine Brust noch dreimal, ehe er seinen letzten Atemzug ausstieß. Danach erklang seine Kanone und verkündete seinen Tod.

Jetzt hatte ich niemanden mehr. Von meinen Lieben war keiner mehr da.

Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Vom Tributen zum MentorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt