Johanna Mason - Vom Tributen zum Mentor | Kapitel 14

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Sie freuten sich wirklich über meine gute Nachricht, weshalb ich am Ende nur noch grinsend neben ihnen stand. Jason lobte mich, ganz ohne Aufforderung meinerseits und auch Treen umarmte mich ehe er meinte, dass ich wirklich eine gute Mentorin war. Ich wusste nicht, ob ich das wirklich war, immerhin hatte ich hier ja nicht viel tun müssen, doch seine Worte freuten mich und in diesem Moment ließ ich es deshalb einfach so stehen.

Den restlichen Tag verbrachten die beiden Tribute weiterhin mit der Vorbereitung, während ich abwechselnd beiden dabei zusah. Immerhin musste auch ich etwas lernen, behauptete zumindest Jason, und da meine Laune an diesem Tag ja wirklich gut war diskutierte ich nicht mit ihm darüber sondern tat es einfach.

Der nächste galt ausschließlich dem Interview. Letzte Absprachen wurden durchgegangen und wiederholt, die Haut wurde erneut gesäubert, eingecremt und geschminkt und die Tribute wurden in ihre Outfits gesteckt. Danach folgten sie uns zum Aufzug und dann in Richtung Bühne, wo das Interview stattfinden sollte. Ich konnte nicht glauben, dass mein eigenes erst ein Jahr zurücklag und wie aufgeregt ich damals war da ich Angst hatte, mich irgendwie zu verraten, sodass meine Tarnung aufflog. Dieses Problem hatten Treen und Elaiza bei ihren Spielen nicht. Sie konnten sich zeigen wie sie wirklich waren und das war schon ein Stück angenehmer als bei mir. Das Interview an sich war trotzdem bescheuert.

„Wir sehen uns später. Ihr macht das schon.“, sagte Jason und packte mich dann am Arm, sodass wir unsere Tribute einfach stehen ließen. So wie er es im letzten Jahr auch mit mir gemacht hatte.

„Wieso tust du das immer? Warum lassen wir sie einfach stehen?“, fragte ich und schob seine Hand weg.

„Weil ich kein Mentor bin der seine Tribute bemuttert und du bist das sicherlich auch nicht. Sie müssen sich in der Arena den Aufgaben auch alleine stellen. Wir können ihnen nur dabei helfen, indem wir sie vorbereiten und versuchen Sponsoren zu gewinnen. Außerdem, dir hat es im letzten Jahr auch nicht geschadet, oder?“, erwiderte er und eigentlich hatte er recht damit.

„Wo gehen wir dann hin?“, wollte ich nun wissen, doch anstatt zu antworten winkte er mich nur mit sich. Zu meinem Schrecken führte uns unser Weg genau zur Tribüne.

„Was? Wir sollen ins Publikum?“, fragte ich mit viel zu hoher Stimme.

„Was glaubst du warum wir uns auch etwas rausputzen mussten? Und jetzt setz eine andere Miene auf und versuch niemanden zu erwürgen.“

Ich brummte, hatte dann aber keine andere Wahl und folgte ihm zu unseren Plätzen. Kurz darauf begann auch schon das erste Interview mit der Tributin aus Distrikt 1.

Ich fand die Interviews schon immer nervig, doch jetzt, da ich inmitten dieser ganzen reichen Idioten aus dem Kapitol saß musste ich mich wirklich beherrschen, niemanden zu erwürgen. Und mit niemanden meinte ich hauptsächlich die dumme Kuh neben mir, die beinahe jedes Wort kommentieren musste, das einer der Tribute sagte. Als Treen an der Reihe war warf ich ihr deshalb einen unglaublich vernichtenden und bösen Blick zu, der sie verstummen ließ. Kluge Entscheidung.

„Schön dich hier zu haben Treen. Setzt dich doch neben mich.“, sagte Caesar und Treen kam seiner Aufforderung nach. Es sah lustig aus, der er sogar sitzend einen Kopf größer war, als der Zeremonienmeister.

"Also Treen", redete Caesar einfach weiter, während er sich bequem zurück lehnte, "Wie fühlt es sich an, Tribut für den Distrikt zu sein, der letztes Jahr gewonnen hat?“

„Ich denke nicht anders, als sich die anderen Tribute fühlen.“, erwiderte er und lehnte sich ebenfalls zurück. „Außer vielleicht dass ich jetzt eine frische Siegerin als Mentorin habe, die gleichzeitig meine beste Freundin ist. Das ist doppelt anstrengend.“

Die Menge begann zu lachen, während ich meine Arme ein wenig vor der Brust verschränkte. Böse blickte ich dazu, als meine Sitznachbarin zu mir sah.

Auch Caesar lachte kurz auf und lächelte Treen an.

"Ja unsere kleine Johanna ist schon speziell. Heißt das, du bist auch so gewandt mit der Axt, wie sie? Zehn Punkte sind eine beeindruckende Punktzahl, nicht wahr meine Damen und Herren?"

Sofort erklang lauter Applaus und Jubelrufe.

„Danke Caesar. Aber lasst euch überraschen. Ich wäre dumm es jetzt schon  zu verraten, oder?“

Caesar verzog den Mund kurz gespielt schmollend, was dem Publikum ein mitleidendes Geräusch entlockte. Doch es dauerte nicht lange, ehe der Zeremonienmeister wieder grinste und sich zu Treen lehnte.

"Treen, jetzt mal unter uns Beiden", meinte er verschwörerisch als wären die Beiden wirklich alleine in einem Raum und nicht gerade auf einer Bühne, während alles Live übertragen wurde. "Du und Johanna seid also beste Freunde, ist das richtig?"

„Kaum zu glauben, oder? Aber sie ist nicht immer so aggressiv und übellaunig.“, behauptete Treen und dieses Mal schnaubte ich laut auf.

„Ich zeig ihm wie übellaunig ich wirklich sein kann, wenn er von der Bühne kommt.“, knurrte ich.

„Sei nicht so. Er macht das super. Die lieben ihn, vor allem weil er dein bester Freund ist. Und dich lieben sie aus irgendeinem Grund auch.“, antwortete Jason leise. Er hatte leider Recht, da das Publikum wirklich laut jubelte und applaudierte und Treen so von der Bühne verabschiedete. Der Mistkerl hatte die Leute auf meine Kosten unterhalten und ihnen schien es auch noch gefallen zu haben. Seine Sache hatte er also gut gemacht was jedoch nicht bedeutete, dass ich deshalb nicht noch ein Wörtchen mit ihm zu reden hatte. Aus diesem Grund stand ich sofort auf, als auch der letzte Tribut, der Junge aus Distrikt 12, sein Interview hinter sich hatte und der ganze Zirkus damit beendet war. Eigentlich war ich froh darüber, doch dann musste ich daran denken, was immer nach dem Interview kam. Morgen begannen die Spiele und Treen musste in die Arena. Vielleicht sah ich ihn dann zum letzten Mal.

Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Vom Tributen zum MentorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt