Der Fremde

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Kapitel 1 - Der Fremde

Als ich am nächsten Tag von der Schule nach Hause kam, fand ich einen Zettel meines Vaters auf dem Herd liegen.

'Ich hatte einen Termin, fahr mit der Bahn zum Training.'

Ich seufzte. Jetzt durfte ich auch noch schauen, wie ich zum Ballett kam.

Am liebsten hätte ich es ausfallen lassen, doch mir war klar, dass mein Vater Monsieur Chirac Bescheid gegeben hatte.

Auf eines freute ich mich allerdings; kein Vater, der mir auf dem Rückweg Ärger geben würde, weil ein Schritt mal wieder nicht perfekt gewesen war.

Nachdem ich mir etwas zu essen gemacht hatte, sammelte ich also meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg zur nächsten Metro-Station.

Auf dem Weg dorthin nahm ich mein Handy hervor, stöpselte mir die Stöpsel in die Ohren und schaltete die Musik an.

Es war eigentlich ein schöner Tag. Die Sonne schien, die Luft war erfüllt mit dem Duft nach Blumen und der Frühling ließ sich an allen Ecken und Kanten blicken.

Zwar hob die allgemeine Stimmung meine Laune etwas, doch genießen konnte ich den Tag trotzdem nicht, denn meine Gedanken waren bei der morgigen Geschichts-Klausur und die Schmerzen in meinem Fuß wurden dadurch, dass ich nur umher lief auch nicht besser.

Die Metro fuhr gerade ein, als ich an der Haltestelle ankam und ich sprang schnell noch hinter einer älteren Dame in die Bahn, bevor sich die Türen zischend schlossen.

Suchend blickte ich mich um und entdeckte noch einen freien Platz gegenüber einem Jungen in meinem Alter.

Darauf steuerte ich zu und deutete auf den Platz, als ich vor ihm stand.

"Darf ich?", fragte ich und der Junge sah von seinem Handy auf.

Er hatte schwarze Haare, die an den Seiten etwas kürzer waren, dunkle Augen und ein Lächeln auf den Lippen, als er mich anblickte.

"Klar!"

Dankend lächelte ich und setzte mich.

Da die Ballettschule am Rand von Paris war und mein Vater und ich fast im Zentrum wohnten, würde es seine Zeit dauern, bis ich aussteigen musste, also nahm ich mein Geschichtsbuch hervor, das ich extra hierfür eingepackt hatte.

Ich lernte meistens in der Bahn, da ich fand es wäre sonst vergeudete Zeit.

Wahrscheinlich war man dieser Ansicht, sobald man ständig im Stress war.

Während ich da saß und versuchte Zusammenhänge verschiedener historischer Ereignisse zu finden, sah ich aus den Augenwinkeln, wie mich mein Gegenüber beobachtete.

Etwas verwirrt hob ich den Kopf und sah ihn an, doch er schaute weg und ich meinte noch zu sehen, wie ein kleines Lächeln seine Lippen umspielte.

Schnell widmete ich mich wieder meinem Buch und verlor mich kurz darauf in irgendwelchen alten Schriften und Reden von -damals- wichtigen Personen.

Als gut zehn Minuten später meine Haltestelle angesagt wurde, raffte ich überrumpelt meine Bücher und Hefte zusammen und stopfte sie in meine Tasche.

Hastig stand ich auf, als die Bahn hielt und lief nach draußen. Nicht aber, ohne dem Jungen einen letzten Blick zuzuwerfen.

Als ich ausgestiegen war, wollte ich mit gerade einen Weg durch die Menschenmasse bahnen, als ich eine Hand auf meinem Arm spürte, die mich zurückhielt.

Feel like dancing (Zayn Malik)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt