Kapitel 15

10 1 0
                                    

Wir fuhren von der Straße ab in eine große Einfahrt mit Tor. Schon aus der ferne sah ich das große, weiß gestrichene Haus mit seinen Säulen am Eingang. Als Theresa Alec die Tür öffnete fiel sie ihm gleich um den Hals:"Alec, mein Schatz.",säuselte sie, dann sah sie mich,"Und Daisy.", sie lächelte mich sichtlich unbegeistert an. Ich erkenne falsche Freude wenn ich sie sehe. Ein seltsamer Gedanke kam mir in den Sinn, gefällt es ihr, dass Ethan sozusagen wieder mit Ajsa zusammen ist? Ich zwang mich den Gedanken zu verdrängen."Kommt doch rein." Ich trat mir die Schuhe ab und ging über die Schwelle. Der Duft von Blumen und Parfum stieg mir in die Nase. Die Eingangshalle kam mir größer vor als beim ersten Mal. "Wo ist Ethan?", fragte Alec."In seinem Zimmer, geht doch hoch."
Wir gingen die geschwungene Treppe hinauf und kamen in den langen Flur. Zum Glück war Alec da, den bei den vielen Türen wusste ich nicht wo der richtige Raum war. Am Ende des Ganges klopfte Alec an die Tür. "Herein.",tönte die mir so vertraute Stimme von der anderen Seite. Ethan saß in einem Sitzsack vor dem Fernseher, welcher an der Wand hing. Er legte den Controler aus seiner Hand und kam, sichtlich glücklich seinen großen Bruder zu sehen, auf ihn zu. Sie umarmten, und klopften sich auf den Rücken. Ich lächelte ihn hoffnungsvoll an. Schließlich umarmte er mich, freundschaftlich, und begrüßte auch mich. "Mom hatte nicht gesagt, dass du, beziehungsweise ihr kommt.""Ja sollte eine Überraschung sein." "Okay, ähm, setzt euch." Wir setzten uns auf das Sofa neben dem Sitzsack.
"Wie geht's dir?", fragte ich vorsichtig. "Ganz gut, ja ist schon ziemlich dämlich beim Sushi zubereiten mehr oder weniger zu sterben." Alec und ich sahen uns verdattert an. "Sushi?",hakte ich nach. "Ja zum Glück hat mich Ajsa rechtzeitig gefunden ansonsten hätte ich wohl ins Gras gebissen.""Ich hole mir mal kurz ein Wasser.", teilte uns Alec tonlos mit.
Ich verstand das nicht. Hatte Theresa ihm das etwa eingefädelt?
"Ich gehe mal kurz auf die Toilette.",lächelte ich Ethan an.
Jedoch ging ich in Richtung der Küche im Erdgeschoss, da ich Alec mit seiner Mutter lautstark streiten hörte:
"Sushi?! Ist das dein Ernst?!"
"Es ist das beste für ihn."
"Ach ja das beste für ihn? Es ist wohl eher das beste für dich und Dad!"
"Alec du verstehst das nicht. Das mit dieser Daisy wäre doch eh bald Geschichte gewesen."
"Ethan liebt sie, nur sie. Und ich verstehe das sehr wohl: Du hast ihn mit Absicht hier her geholt, du willst nähmlich überhaupt nicht das er sein Gedächtnis zurück bekommt. Nein, du willst das er das gleiche, bescheuerte Leben führt wie du und Dad. Euer ach so scheinheiliges, perfektes Leben, dass vor Lügen nur so strotzt. Als Ethan sich vor acht Jahren schon mal versucht hat das Leben zu nehmen. Als Dad dich mit dem Hausmädchen betrogen hat. Als..." "Das reicht!",schreit seine Mutter ihn an und gibt ihm eine Ohrfeige. "Du bist doch echt das allerletzte!", dann nahm Alec sich das Wasserglas und schmiss es auf den Boden, sodass es in unendlich viele Teile zersprang. Ich lukte immer noch um die Ecke und sah wie Theresa anfang zu weinen. Ich hechtete so schnell ich konnte nach oben, denn Alec trat ebenfalls seinen Rückweg an. Ich wusste das alles nicht. Das gibt dieser Familie ein ganz neues Bild. Ich konnte nicht glauben was Alec sagte, Ethan hatte sich bereits ein mal versucht zu töten. Warum?
"Da bist du ja wieder.",sagte Ethan als Alec kurz nach mir den Raum betrat.""Ja, ich musste erst eine Flasche aus dem Keller holen.""Daisy wie kommt es eigentlich, dass du auch hier bist?" Panik stieg in mir auf, wie sollte ich das erklären?
"Ähm"
"Hey wollen wir nicht einen Spaziergang machen?",löste Alec die unangenehme Situation auf. "Ja okay.",stimmte Ethan zu.
Wir wollten gerade rausgehen doch dann sagte Alec er müsse noch unbedingt etwas erledigen. Also ging ich allein mit Ethan los. Das Grundstück war riesig, wir entschieden uns um den See zu gehen. Wir redeten kaum., e war unangenehm und ungewohnt. Allerdings wusste ich absolut nicht was ich zu ihm sagen sollte. "Vermissen mich die anderen schon beim tanzen?"" Ich, ich weiß nicht ich hab erstmal ein bisschen ausgesetzt." Die Wahrheit war, ich hab e das Tanzen vollkommen vergessen. " Ach so." Damit war der Versuch einer Unterhaltung gescheitert und wir schwiegen uns wieder an. Da es hier draußen am Morgen geregnet hatte, war der erdige Boden um den See herum, matschig. Und es kam wie es kommen musste. Plötzlich glitt ich weg und rutschte bereits den kleinen Hang zum See herunter. Zum Glück konnte ich mich kurz bevor das Wasser anfing, an einer Wurzel festhalten. Sofort kam mir Ethan zur Hilfe. "Nimm meine Hand!",er streckte sie mir entgegen. Ich nahm sie, seine große Hand. Die rau war, weil er Handcreme nicht mag und sich so nie eincremt. Er zog mich rauf. "Alles okay?", fragte er besorgt und musterte mich mit seinen großen Augen. Schlagartig war ich traurig. All die Trauer der vergangenen Wochen kam. Normalerweise hätte er mich jetzt geküsst, doch was wenn er mich nie mehr küssen wird. Ich hatte Angst ich würde vergessen wie sich seine Küsse anfühlen. Ich fing an zu weinen. "Daisy, Daisy was hast du denn?""Ich kann das nicht.", ich lief zurück zum Haus und ließ Ethan stehen. Ich konnte nicht bei ihm sein, nicht so, nicht wenn ich ihn nicht lieben darf.
Am Haus angekommen, öffnete mir das Hausmädchen."Ach herrje, kommen sie, ich gebe ihnen etwas frisches zum Anziehen."
Ich zog mich im Gästezimmer um, das Hausmädchen, Annabelle, hatte mir eine schwarze Hose und eine blaue Bluse, sowie Socken und Schuhe geliehen. Die Sachen gehörten ihr, ich konnte von Glück sein, dass wir dieselbe Kleidergröße hatten. Es klopfte an der Tür."Herein." "Hey Ethan hat's mir erzählt. Willst du mit mir drüber reden?", bot Alec mir an. "Nein es geht schon.", lehnte ich ab."Naja okay wie du meinst, es gibt Abendessen, kommst du?""Ja."
Alle saßen bereits am Tisch und warteten. Alec setzte sich an den Kopf des Tisches und ich ließ mich neben Ethan nieder. Ich sah ihn aus Scham nicht an, sondern blickte auf den leeren Teller. Er fragte aus Höflichkeitvnicht was vorhin mit mir los war, doch ich bemerkte wie er mich neugierig beäugte.

Der Hauptgang war wundervoll angerichtet. Es gab einen deftigen Gänsebraten, mit Gemüse, Knödeln und Sauce.
"Und Daisy das Studium hat wieder angefangen?",fragte William."Ja, aber ich nehme mir momentan etwas Zeit für mich. Die letzten Wochen waren...Kräfte zehrend."
Sie redeten während des Essens alle weiter, doch ich fühlte mich wieder einmal ausgelaugt, wie ein Schnitzkürbis zu Helloween.

"Ethan magst du uns nicht etwas auf dem Piano vorspielen?",fragte Theresa nachdem wir schon eine Weile wortlos auf dem Sofa gesessen hatten. "Ja aber ich bin ein wenig eingerostet.",lächelte er verlegen.
Er spielte Kiss the rain von Yiruma fast fehlerfrei. Was mich wunderte, denn Ethan beantwortete meine Frage ob er mir etwas vorspielen könne, stets mit nein. Er sagte er hatte damit aufgehört, als er angefangen hatte zu studieren. Wir klatschten als er das Stück beendete. "Alec, Daisy möchtet ihr nicht hier übernachten, es ist schon spät, ich möchte euch die Fahrt nicht mehr zumuten.",lächelte Theresa. Alec sah mich fragend an. "Ja das wäre sehr freundlich.", nahm ich das Angebot an. Sie klatschte in die Hände:"Schön. Annabelle richtest du bitte für Alec sein Zimmer und für Daisy das Gästezimmer."
Es klingelte an der Tür. Man hörte gedämpfte Stimmen dann betrat Ajsa den Raum. Eine Art kalter Schauer kam mir bei ihrem Anblick über den Rücken. Ethan stand sofort auf und begrüßte sie mit einem Kuss. Ich richtete meinen Blick auf meine Hände, um nicht sofort in Tränen aus zubrechen. Alec, der neben mir saß, legte seinen Arm um meine Schulter. Dann setzten die beiden sich und Ajsa begrüßte auch uns andere. "Ajsa was für eine schöne Überraschung, dass du uns Gesellschaft leistest.",trällerte Theresa ekelerregend süß. Diese falsche Schlange, ich war mir sicher, dass sie sie sogar eingeladen hat. Und das es Ajsa überhaupt nicht stört wie sie die Hand meines Freundes hält, während ich ihr sogar gegenüber sitzte. "Wie wär's mit einer Partie Sharade?"
Nachdem wir gespielt haben, war es bereits viertel vor zwei. "Es ist ja schon spät ich gehe schlafen.",lächelte ich.
Ich schlief nur langsam ein, obwohl das Bett samtweich war. Doch ich vermisste Ethan, ich vermisste ihn selbst wenn er neben mir saß. Ich vermisste seine Küsse, seine Zärtlichkeiten und unsere Gespräche. Oft redeten wir über vollkommen uninteressante Dinge. Er sagte wie gut die Seattle Seahawks gespielt hatten, manchmal sagte ich ihm das ich Spliss habe. Und obwohl ich mich nicht für Football interessiere und er sich auch nicht darum scherte, ob ich Spliss habe oder nicht, hörten wir einander zu und redeten.
Irgendwann zwischen drei und vier wurde ich wach. Ich hatte einen trockenen Hals und wollte mir ein Glas Waser aus der Küche holen. Ich machte kein Licht an und verhielt mich ruhig um niemanden auf zu wecken. Als ich den Flur betrat sah ich aus der Tür von Ethan Licht dringen, sie stand sogar auf. Ohne groß nach zu denken folgte ich dem Schein des Lichtes.
Als ich einen Blick durch die angelehnte Tür riskierte, traf es mich wie einen Pfeil direkt ins Herz.
Ich sah wie Ethan nur mit einer Boxershorts bekleidet über der ebenfalls leicht bekleideten Ajsa hockte. Ich lief, plötzlich gar nicht mehr durstig, zurück in mein Zimmer um nicht noch mehr zu sehen. Ich zog mir fie Bettdecke über den Kopf und weinte.

Für immer wäre zu kurzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt