Als er weglief war mir klar, dass er etwas versucht aus dem Weg zu gehen, also ließ ich ihn erstmal. Doch dann dachte ich, dass ihm vielleicht auch einfacv helfen sollte. Ich drückte die Türklinke vom Badezimmer runter doch es war abgeschlossen."Ethan?", fragte ich vorsichtig und leise. Keine Reaktion. Ich war etwas ängstlich. Würde er sich etwas antun? Nein! Oder etwa... Mit einem mal hörte ich ein lautes Geräusch, als ob etwas oder jemand zu Boden fällt."Ethan!", schrie ich gegen die verschlossene Tür. Hektisch hämmerte ich auf sie ein. Ich musste ins Bad, was war mit ihm? Ich sah nur eine Möglichkeit ich trat gegen die Tür. Zuerst bewegte sich gar nichts. Doch nach ein, zwei weiteren Tritten zeichnete sich bereits eine Delle ab. Ich holte zu einem weiteren Tritt aus und tatsächlich die Tür knackte und fiel zu Boden. Es war erstaunlich das ich das geschafft hatte doch im Fernsehen habe ich mal einen Bericht gesehen, über Menschen die in extremen Paniksituationen ungeahnte Kräfte aufwiesen. Die Tür lag direkt auf ihm, sodass ich sie wegstemmen musste. Als ich mich zu ihm knien wollte schlug ich mir die Hände vor den Mund. Ich schrie. Ich weinte. Ich sah überall Blut. Der Boden war rot. Das Waschbecken war rot. Ethan war rot. Ich kniete mich neben ihn, drehte ihn mit dem Gesicht zu mir. Seine Lider waren geschlossen, ich begann ihn zu rütteln und rief voller Verzweiflung seinen Namen. Ich legte meine zitternden Finger an seinen Hals, sein Herz schlug noch, doch wer weiß wie lange. Er hatte bereits viel Blut verloren. Ich suchte den Ursprung des Blutes und wurde schnell fündig. Sein Handgelenk. Blut quoll aus dem Schnitt in seiner Pulsschlagader. Meine Hände färbten sich rot, beim Versuch zweifelhaft die Blutung zu stoppen. Meine Sicht trübte sich durch Tränen und ich wischte sie weg. Ich holte mein Handy aus der Hosentasche und versuchte es zu bedienen, was nicht leicht war. Auch das Display füllte sich mit dem klebrigen, tiefroten Blut.
"Notrufzentrale, wo ist etwas geschehen?"
"St. Georges Park 48, bei Riverdale.", schniefte ich ins Telefon.
"Bleiben sie ruhig, was ist passiert?"
"Mein Freu...Freund hat sich geschnitten. In die Pulsschlagader."
"Ist noch eine weitere Person verletzt?"
"Nein aber ich glaube er verblutet!"
"Wir schicken einen Krankenwagen, legen sie bitte nicht auf. Ist er bei Bewusstsein?"
"Ich ähm",hektisch begutachtete ich ihn,"Er atmet aber er ist nicht ansprechbar."
"Ok ich erkläre ihnen wie sie zur Stillung der Blutung beitragen können."
Ich befolgte ihre Anweisung. Ich strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Ich redete weiter auf ihn ein, doch er war anscheinend ins Koma gefallen.
Ich spürte wie sich meine Wimpern vom getrockneten Blut verklebten.
Dann klingelte es und ich sprintete zur Tür. Ich riss sie auf und wies den Sanitätern den Weg ins Bad. Der eine, ein Mann, circa mitte vierzig, kniete sich zu Ethan und fing gleich mit einigen Untersuchungen an. Die andere, eine Frau um die dreißig, mit schulterlangen, blonden Haaren die zu einem flüchtigen Zopf nach hinten gebunden waren, stellt
e sich mit mir in den Flur und fragte mich darüber aus, was passiert war. Sie kramte in ihrem Koffer und reichte mir eine kleine Ampulle mit einer klaren Flüssigkeit. "Was ist das?",fragte ich skeptisch. "Das ist im grunde genommen nichts anderes als Zuckerwasser, bloß sehr konzentriert. Sie stehen unter Schock, und dass ist selbstverständlich, das wird ihnen helfen sich ein wenig zu beruhigen.", versicherte sie mir. "Zögerlich trank ich das Gemisch. Es war wirklich unglaublich süß. "Amber, hol schnell die Liege!", rief der Mann aus dem Bad. Ist er Tod? Ich lief zu ihm und blieb im Türrahmen stehen. Immernoch lag er leblos am Boden, blutverschmiert. Die Sanitäterin kam wieder und legte eine große Liege in den Flur, sie bat mich zur Seite und ich ging. Zusammen nahmen sie Ethan hoch und hieften ihn auf das weiße Brett. Jeder nahm ein Ende uns sie gingen in Richtung Wohnungstür. "Kommen sie mit ins Krankenhaus?", fragte mich der Mann. "Selbstverständlich.", antwortete ich ihm. Im Krankenwagen saß ich hinten. Sie schlossen verschiedene Schlaüche an Ethan und dann fuhren wir los. Ich war wenigstens froh, dass sich sein Brustkorb hob und senkte. Trotzdem hielt ich mir die Hände vor den Mund um nicht wieder die Fassung zu verlieren.
Als wir in der Auffahrt der Notaufnahme ankamen, öffneten sich sofort die Hintertüren. Ein Ärtzteteam nahm die Liege und schob im Eiltempo mit ihm los. Ich lief hinterher. Eine, in türkise Sachen gekleidete, Frau drückte auf einem künstlichen Beatmungsgerät herum, dass direkt zu Ethans Mund führte. Wir erreichten eine Art OP-Raum, in dem sie die Liege in die Mitte des Raums schoben. Dann fiel Ethans Arm von der Liege, ein tiefrot getränkter Verband kam an seinem Handgelenk zum Vorschein. Eine Ärztin horchte an seiner Brust."Er atmet nicht mehr! Wir brauchen sofort den Defibrillator!"Die Frau holte etwas von der Wand, zwei metallerne Scheiben, die sie an ein ander rieb. Währenddessen schnitt ein junger Mann Ethans Shirt auf, sodass sein Bauch zur Sicht kam. "Entschuldigung aber sie dürfen hier nicht rein!", ermanhnte mich ein Artzt der plötzlich hinter mir auftauchte. Ich lief schnell raus und spähte durch das Fenster, welches zum Glück ein kleines Loch in der Jallousie hatte. "Weg!", hörte ich die Frau mit den Metallscheiben in der Hand rufen. Sie hielt sie auf Ethan und sein Körper zuckte nach oben. Dann fühlte sie nach seinem Puls. Sie fing an eine Herzmassage zu machen, zwischendurch hörte sie sein Herz immer wieder ab. "Nochmal den Defi auf 200!", rief sie,"Weg!". Wieder zuckte sein Körper und knallte zurück auf die Liege. Ich konnte nicht begreifen wie er so leblos sein konnte, jeden Tag sah ich ihn, sportlich, aktiv, vermeindlich lebensfroh. Aber anscheinend habe ich nur das oberflächliche gesehen.. Wäre das hier passiert wenn ich genauer auf ihn geachtet hätte?
Wieder eine Herzmassage, immer wieder rief sie "Komm schon!" oder "Du bist zu jung zum sterben!". Ich konnte nicht mehr, ich war geplagt von Kummer, Leid, Verzweiflung, Trauer und Schuldgefühlen. Ich sank zusammen und rutschte mit dem Rücken an der Wand auf den Boden. Nach ein paar Augenblicken kam ein Artzthelfer aus dem Raum, nahm seinen Mundschutz ab, schmiss ihn in den Abfalleimer im Flur und wischte verzweifelt durch die Haare. Diese eine Geste ließ mich in dem Glauben, dass alles zu spät war. Ethan war tot.