Irrungen und Wirrungen♡

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Ludmilas POV:
Fede rannte dem Mädchen einfach hinterher.
Das war eine Woche her.
Er meinte , dass sie seine Freundin ist.
Super immer werde ich verletzt.
Fede und ich saßen im Gemeinschaftsraum über unseren Physiologie-aufsätzen. Doch statt daran zu arbeiten, spielte ich lieber mit meinem Stift herum und starrte auf die halbe Seite, die ich erst geschrieben hatte. Vor uns lagen um die zwanzig Physiologiebücher aus der Bücherei aufgestapelt, einige aufgeschlagen oder mit kleinen Notizzetteln versehen. Ich lehnte mich zur Seite und linste auf Fedes Aufsatz. Er hatte schon zwei Seiten vollgeschrieben. Er drehte sich zu mir um und legte seinen Arm über den Aufsatz.
„Hey, schreib deinen Aufsatz allein", sagte er grinsend.
„Was ist der Sinn einer Lerngruppe, wenn ich trotzdem alles selbst machen muss?" Ich warf die Arme in die Luft. „Ich dachte, in der Unit Class steht Schule nur an zweiter Stelle."
Fede lachte.
„Beschwer dich nicht so viel, sonst wirst du nie fertig. Sei lieber froh, dass das alles ist, was wir machen müssen."
Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor mir.
„Ich hasse Physiologie", grummelte ich, „was hat das überhaupt mit Ballett zu tun?"
„Ziemlich viel. Und jetzt hör auf, ich lasse dich abschreiben, wenn ich fertig bin."
Ich setzte mich wieder in eine aufrechte Position und lächelte breit.
„Wirklich?" Meine Augen mussten vor Begeisterung glitzern. Fede fuhr sich durch seine braunen Haare und nickte dann.
„Aber nur, weil ich deine Zickereien nicht mehr ertrage!"
Ich schlug mein Buch zu und legte es auf den Stapel zu den Restlichen. Der Regen schlug prasselnd gegen das Fenster. Ich stützte meinen Kopf auf meiner rechten Hand ab und seufzte. Im Herbst schien die Sonne fast gar nicht mehr. .
„Eigentlich wollte ich heute in den Central Park", murmelte ich. Fede sah aus dem Fenster. „Und du willst dich vom Wetter aufhalten lassen? Dann dürftest du nie wieder vor die Tür gehen."
Ich lachte. Er hatte Recht.
„Wenn wir jetzt in LA wären, könnten wir jeden Tag in der Sonne brutzeln", fügte Fede hinzu.
„LA klingt wirklich super", stimmte ich ihm zu und lächelte.
„In den nächsten Ferien kannst du ja einfach mitkommen, dann fahren wir jeden Tag an den Strand." Er knuffte mich in die Seite und klappte sein Buch zu.
„Ich bin fertig", sagte er und hielt mir seinen Aufsatz hin. Ich nahm ihn an und stand auf.
„Ich gehe den schnell kopieren. Wir sehen uns später", sagte ich und kniff ihn einmal in den Arm, bevor ich ging. Er rieb sich den Arm und sah mir grinsend nach. Ich ging durch den Flur in Richtung des Verwaltungsbüros. Dort angekommen klopfte ich an die Tür und steckte meinen Kopf hinein.
Die Sekretärin schob ihre Brille gerade und sah mich fragend an.
„Kann ich dir helfen, Liebes?"
Ich schloss die Tür hinter mir und blieb stehen, als ich Leon auf einem der Stühle sitzen sah, die Hände im Schoß gefaltet. Er starrte mich an, als wäre ich ein Alien. Doch anstatt etwas zu sagen, ging ich direkt zu der Dame am Schalter.
„Ich wollte fragen, ob ich vielleicht eine Kopie von meinem Arbeitsblatt machen kann", sagte ich und lächelte höflich. Die Frau erwiderte mein Lächeln und nickte.
„Aber natürlich. Der Kopierer steht in der Ecke. Du weißt, wie man ihn bedient?"
Ich nickte schnell, bevor sie mir Fedes Aufsatz wegnahm und sah, dass es sich nicht um ein Arbeitsblatt handelte. Der Kopierer stand direkt neben dem Stuhl, auf dem Leon Platz genommen hatte. Ich ging an ihm vorbei und bediente den Kopierer. Dabei warf ich ihm ein paar Seitenblicke zu, die er erwiderte. Ich hatte das Gefühl, der Kopierer lief absichtlich langsamer, um mich zu ärgern. Als die Kopie endlich fertig war, drehte ich mich um und ging wieder.
Leon packte mich am Handgelenk und hielt mich kurz auf. Ich warf der Sekretärin einen Blick zu, aber sie schien anderweitig beschäftigt zu sein. Leon steckte mir einen Papierschnipsel in die Hand und ließ dann los.
Ich zog meine Hand weg, die Haut kribbelte, und verließ dann das Büro wieder, nachdem ich mich noch bedankt hatte. Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, lehnte ich mich gegen die Wand und atmete tief ein. Er machte mich verrückt. Zuerst einmal fragte ich mich, warum er dort gesessen hatte. Ich drehte seinen Zettel zwar ununterbrochen in der Hand, traute mich aber nicht, ihn zu öffnen.
Gery kam an mir vorbei und blieb stehen, als sie mich sah.
„Ludmi? Was machst du denn hier? Alles in Ordnung?"
Sie trug ihre Trainingsklamotten und ihre Tasche über der Schulter, wahrscheinlich wollte sie üben. Ich spielte weiter mit dem kleinen Zettel und starrte ihn an. Gery streckte ihre Hand aus und nahm mir den Zettel weg.
„Was ist das?", fragte sie und entfaltete ihn. Ihre Augenbrauen hoben sich und sie hielt ihn mir vor die Nase.
„Können wir reden? Mein Zimmer, 6 Uhr. L.
,,Was soll das? Wer ist L.?"
„Niemand. Gib ihn wieder her."
Ich riss ihn ihr aus der Hand und ließ ihn in meiner Tasche verschwinden. Auf dem Weg zu meinem Zimmer machte ich einen Abstecher zum Mädchenklo, um den Zettel in der Toilette runterzuspülen. Ich betätigte den Abzug und fuhr mir durch die Haare, als ich das Schluchzen hörte. Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Kabinentür und hörte der leisen Mädchenstimme zu. Ein paar Minuten später klopfte ich gegen die Wand und das Wimmern wurde leiser.
„Geht's dir gut?", fragte ich vorsichtig - ich wusste ja nicht, wer sich in der Kabine versteckte.
„Verschwinde", fauchte das Mädchen und ich erkannte ihre Stimme.
„Violetta? Was ist los?"
Ich verließ meine Kabine und lehnte mich gegen die Tür von Violettas.
„Du sollst verschwinden!", sagte sie wieder. Wahrscheinlich wusste sie schon, dass ich es war.
„Komm schon. Warum weinst du?"
„Lass mich in Ruhe. Du willst dich doch nur über mich lustig machen", rief sie und wurde mit jedem Wort lauter. Ein paar Mädchen gingen an mir vorbei und steckten die Köpfe zusammen, um darüber zu tuscheln, was hier passierte.
„Ich mache mich nicht über dich lustig! Ich mache mir Sorgen um dich. Und wenn du heulend auf dem Mädchenklo sitzt, geht's dir sicher nicht gut!"
„Ich will nicht mit dir reden." Ihre Stimme klang immer noch belegt und erstickt.
Sie ist doch meine beste Freundin und ich mache mir Sorgen um sie.

Dancing with you-FedemilaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt