Would you believe?

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>>Der Tod begleitet einen jeden von uns. Wir nehmen ihn nur nicht wahr.

Andauernd versuchen wir ihn zu verdrängen.

„Wir werden mal hundert Jahre alt...! Wenn ich mal verheiratet bin... Irgendwann, bin ich alt und grau..."

Wir wissen, dass er uns eines Tages einholen wird. Aber solange er nicht auf sich aufmerksam macht, jagt er uns keine Angst ein. Wir ignorieren ihn einfach.

Nur heute ist es anders. Ich spüre, dass er da ist. Ein mulmiges Gefühl hat sich in mir ausgebreitet. Es lässt mir keine Ruhe. Keine Sekunde vergeht, in der ich mich nicht davor ängstige, dass er sich zeigt. Ich kann ihn förmlich sehen, wie er seine Hand nach meinem besten Freund ausstreckt, um ihn mir wegzunehmen und mich für den Rest meines Lebens unglücklich zu machen. Und ich bin sicher, dass mich dies nun noch schlimmer treffen würde, als im ersten Ablauf dieses Tages, weil ich weiß, dass ich es hätte verhindern sollen... Ich zerbreche jetzt schon innerlich daran, wenn ich mich auch nur für einen Augenblick an das Bild erinnere, das Chan stark blutend auf dem Boden liegend zeigt. Das Bild, welches sich mir schon einmal geboten hat und welches mich mit voller Wucht erneut treffen könnte.<<


„Bitte nicht, bitte verschone mich! Und ihn!", jammerte ich immer wieder in Gedanken, während ich die Stirn gegen den roten Türrahmen am Hintereingang gelehnt hielt und mir mit beiden Händen an die Schläfen fasste. Ich verharrte ein paar Sekunden in der Position, dann lief ich, ungeachtet der Blicke verwirrter Conbesucher, zu unserem Stand.

„Chan? Können wir reden?"

„Sag!", war das einzige Wort, das von ihm kam, während er auf einem Poster unterschrieb und sich weiter damit abmühte die Schlange abzuarbeiten, die immer noch den ganzen Flur entlang anstand.

„Nicht hier. Es ist privat", versuchte ich zu erklären, als mein bester Freund mir einen wütenden Blick zuwarf, nachdem er einmal genervt den Flur hinab geblickt hatte.

Ich verstand. Nun war partout keine Zeit dafür.

„Wir könnten eine Pause machen", schlug ich vor und erntete gleich noch einen dieser bösen Blicke.

„Du machst die ganze Zeit Pausen. Kannst gleich gerne auf den Stand aufpassen, während ich mal eine mache!"

Seufzend gab ich nach. Er verstand es einfach nicht. Klar, woher auch? Aber es tat weh, abgewiesen zu werden, bei einem Thema das mir wichtiger war als jedes andere jemals zuvor. Dann machte Chan seine Drohung auch wirklich noch wahr, indem er aufstand und Bescheid sagte, dass er in zehn Minuten wieder da wäre. Ich nahm das nickend hin und blieb mit einer Horde Fans zurück, die auch nach der zehnten Unterschrift in ihrem ConHon, ihrem Ausschnitt, auf einem Poster, ihrem Handy und ihrem Bleistift nicht gehen wollten, ehe Chan sein Autogramm nicht auch gegeben hatte. Normalerweise wusste ich damit umzugehen, aber heute stresste es mich. Gleichzeitig hatte ich ein mulmiges Gefühl, Chan könnte nicht mehr zurückkommen, weil ihm irgendetwas passiert sei. Ich hatte das Gefühl, auf ihn aufpassen zu müssen wie auf ein kleines Kind. Dabei war doch gerade dieser Gedanke kindisch. Dass ihm jetzt etwas zustieße, würde nicht mit dem, was wirklich passieren sollte, übereinstimmen. Also atmete ich noch einmal tief ein und aus und wartete darauf, dass mein bester Kumpel gleich zurückkäme.

Doch er kam nicht. Aus zehn Minuten wurden fünfzehn, dann zwanzig, fünfundzwanzig und schließlich eine halbe Stunde. Ich war schon längst nervös geworden, einige unserer Fans hatten dies zu spüren bekommen. So wollte ich das Schicksal eigentlich nicht verändern. Niemand sollte uns für arrogant oder gemein halten. Aber wenn ich es mir recht überlegte, hatte auch der erste Ablauf des Tages ähnlich ausgesehen. Chan und ich waren unabhängig voneinander in die Pause gegangen, einer war stets gestresst zurück geblieben und im Laufe des Tages waren wir immer genervter gewesen, weil wir mit diesem Andrang nicht gerechnet hatten und es hatte uns alles irgendwie zu schaffen gemacht. Nur im Moment rührte mein Stress von etwas ganz Anderem her.

It doesn't make senseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt