Ein kleiner Entschuldigungsbrief

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Mom
Es tut mir leid, dass ich damals sagte ich will ins Heim. Ich weiß, du hättest das nie vor mir getan, aber ich weiß, dass du im Bett geweint hast. Deswegen hast du auch eine Woche nicht mehr mit mir gesprochen. Es tut mir auch leid für all den Kummer den du wegen mir hattest, vielleicht noch haben wirst. Ich habe es wirklich versucht, die Tochter zu sein die du wolltest. Du bist wie eine Freundin für mich, aber ich für dich nicht, da ich zu egoistisch und genervt bin. Ich war nie wirklich richtig für dich da, als du mich brauchtest. Dabei hast du alles immer für mich getan, weil du mich mehr liebst als dich selbst. Ich weiß, deine Wahl würde immer auf mich fallen.

Dad
Ich erinner mich noch an unser letztes Treffen, es ist bereits mehr Jahre her, als ich an einer Hand abzählen kann. Manchmal tut es mir auch leid, dass ich es dir so schwer mache den Kontakt zu mir aufzubauen und als du mich das erste Mal deine Tochter nanntest, ja, ich geb's zu, es tut mir leid, dass ich da gegangen bin. Ich musste gehen, ich wollte dir nicht zeigen was deine Worte in mir angerichtet haben, wie oft ich mir gewünscht habe dass das passiert. Wie oft habe ich mir eingeredet es sei meine Schuld. Es tut mir aber nicht leid, dass ich dir nicht vertraue, wenn du sagst du vermisst mich, egal was die anderen sagen. Tatsache ist, ich weiß du warst schon oft in der Stadt. Nicht wegen mir, auch nicht um mich mal zu besuchen, nein, du hast lieber ein Fußballspiel besucht. Also tut es mir leid, aber nicht dafür, das ich dir so egal bin.

Oma, Opa
Ich hab's damals nicht besser gewusst, das deine Zeit hier mit uns begrenzt war, Oma. Es tut mir leid. Ich habe noch immer ein Bild von dir in meinem Zimmer, mit deiner Lieblingskette. Wärst du heute noch da, würden wir viel mehr miteinander machen. Es tut mir leid, dass du niemals deine Enkeltochter richtig kennengelernt hast, weil ich das Internet und meine kindlichen Interessen über die Familie gestellt habe. Entschuldige, dass ich deine Stimme vergessen habe - aber nicht dein lachen und wie du dabei aussahst oder unsere Weihnachtsfeste. Seit dem du weg bist, ist es nicht mehr so wie damals, die Familie existiert nicht mehr. Ich wusste nicht mal das du krank warst, bis es zu spät war.
Und Opa, mir tut es leid, dass ich nicht schneller da war, bevor sie die Maschinen abgeschaltet haben. Hätte ich an dem Tag meine Vorprüfungen nicht geschrieben, wäre ich ohne einen Umweg zum Arzt für eine Freistellung zu dir gekommen, mit dem ersten Zug. Es tut mir leid, dass wir uns so selten gesehen haben. Aber du warst mir mehr Opa, obwohl wir nicht ein mal verwandt waren, als mein "richtiger" Opa. Mit deinem letzten Willen hast du es nur gut gemeint, deine Anweisungen waren klar - aber du kennst das doch? Geld entzweiht die Familie. Es tut mir leid, dass wir deinen letzten Willen nicht einhalten können, ich wünschte wir könnten es. Aber wir haben schon 8 Monate keinen Kontakt. Trotzdem danke ich dir für deine Herzlichkeit. Es mag gemein und unmenschlich klingen, aber ich bin froh für dich, dass du dieses Leben nicht mehr leben musst. Dich zu sehen, wie du kaum noch laufen konntest, dein unregelmäßiger Atem, brachte mich jedes Mal an den Rand meiner Grenzen. Bei deiner letzten Operation hieß es, sie wüssten nicht ob du noch mal aufwachst. Doch du hattest es allen gezeigt und es geschafft. Für was? Dafür, dass du danach zuhause einfach zusammenbrichst und dadurch die höchste Pflegesufe bekommen hast? Aber soweit kam es ohnehin nicht. Du warst ein starker Mann!

Stepdad
Ich danke dir, dass du mehr Vater warst als mein Erzeuger. Ich hab' es dir immer so schwer gemacht. Ich war einfach ... ein pubertierender Teenager mit Stimmungsschwankungen. Es tut mir leid, dass du deswegen beinahe unsere Familie aufgegeben hast und gehen wolltest. Ich bin froh. Froh dich hier zu haben. Und Stolz auf deine Stärke deine Familie alle zwei Wochen nur zu sehen und damit klarzukommen. Du bist ein grimmiger Mann, mit Herz. Wir stehen uns nicht so nah wie Vater und Tochter es sollten, aber ich weiß, ich kann immer auf dich zählen, wenn es drauf ankommt. Du würdest für deine Tochter alles tun. Für dich tut es mir auch leid, dass du den Ärzten am Telefon, auf dem Weg zu ihm, sagen musstest, sie sollen die Geräte abschalten. Ich kann mir nicht ausmalen, wie das für dich gewesen sein muss.
Wir hatten so viele Probleme miteinander und ich habe dir nie gezeigt, wie sehr ich dich liebe. Aber ich habe jedes Mal angst bei dem Gedanken das du uns verlassen könntest.


M.H.

( Wieder einmal muss ich sagen: es tut mir leid. Ich wollte eigentlich schon schreiben, aber dann kam 'ne miese Erkältung dazwischen :C demnach bin ich mit dem hier auch nicht ganz so zufrieden ... aber wollte euch nicht noch länger warten lassen. )







The Ballad Of Me And My BrainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt