Kapitel 13

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Die nächsten Tage verbrachte ich vor allem mit Schule und Prüfungsvorbereitungen. In zwei Wochen waren die ersten Prüfungen dran. Ich musste mich echt zusammenreissen, wenn ich das noch schaffen wollte. Ich musste fünf Prüfungen ablegen: Musik, Französisch, Deutsch, Mathematik und Biologie. Um die in Mathematik machte ich mir am meisten Sorgen. Das andere war nicht so ein Problem.

„Alessandro, kommst du bitte kurz", ertönte Mums Stimme von unten. Sie klang ziemlich gestresst. Ich legte mein Mathematikbuch beiseite und streckte neugierig den Kopf in den Gang hinaus. Mein Vater ging gerade die Treppe hinunter. Mum konnte ich nicht sehen, aber ich hörte mehrere Stimmen im Erdgeschoss. Ohne lange darüber nachzudenken folgte ich meinem Vater. Ich erkannt sofort, wo das Problem lag. Amir lehnte lässig in der Tür.

„Flurina hat ihn zum Essen eingeladen", raunte meine Mutter Dad zu. Meine Schwester stand neben Amir und sah meinen Eltern mit erhobenem Kopf entgegen. Mum und Dad warfen sich einen kurzen verlorenen Blick zu.

„Na dann, komm doch rein", sagte mein Vater schliesslich extra fröhlich. Amir lächelte selbstgefällig und trat ein. Mum verschwand in der Küche, wo sie in aller Eile Teigwaren in eine grosse Pfanne warf. Mein Vater liess Flurina durch, die Amir ins Wohnzimmer führte. Als die beiden ausser Hörweite waren, trat ich zu Dad in den Flur. „Wie ist das, sie hat ihn eingeladen ohne Mum vorher zu fragen?"

Mein Vater strich sich über den Nacken. „Sieht ganz danach aus. Ich drehe langsam durch in diesem Haushalt!"

Ich fragte gar nicht nach, was das heissten sollte. Ich wollte es nicht wissen. Die Situation zuhause hatte sich noch nicht wirklich gebessert. Meine Eltern sprachen nicht mehr mit mir darüber, aber ihre Beziehung lag auf Messers Schneide, das wusste ich auch so. Obschon ich sagen muss, dass sich die Sache ein wenig beruhigt hatte, seit wir alle mit Jackys Familie zu Abend gegessen hatten. Vielleicht konnte es meine Familie doch noch schaffen. Ich hoffte es einfach.

„Okay komm, wir setzen uns an den Tisch und schauen mal, wie der Typ so ist. Vielleicht ist er gar nicht so schlimm", meinte mein Vater. Ich bezweifelte zwar stark, dass Amir gar nicht so schlimm war, aber ich sagte nichts dazu und folgte meinem Vater zum Esstisch. Flurina und Amir sassen händchenhaltend da. Mir wurde schlecht. Ich rang mir ein gekünsteltes Lächeln ab und liess mich neben meinem Vater nieder. Mum kam einige Minuten später mit einem Topf Spaghetti ins Wohnzimmer.

„Wer hat Hunger?", fragte sie strahlend. Es wirkte etwas gekünstelt.

Amir hielt ihr wortlos seinen Teller hin. Mum verzog den Mund. Ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich konnte den Typen nicht ausstehen!

Mum schöpfte Spaghetti und Tomatensauce, aber bis alle etwas auf dem Teller hatten, hatte Amir seine Portion bereits vertilgt und hielt schon zum zweiten Mal hin. Seine Tischmanieren waren grauenvoll. Mein Vater und ich tauschten einen kurzen genervten Blick.

„Sie kochen gut", sagte Amir mit vollem Mund und wedelte mit seiner Gabel in der Luft herum, so dass Tomatensauce über den ganzen Tisch spritzte. Mum lächelte ihn gezwungenermassen an. „Freut mich, dass es dir schmeckt!"

Amir schmatzte. „Das Menü hätte man zwar auch bei einem Take Away haben können, aber die Dosensauce hier ist besser."

Mum biss sich auf die Lippe und versuchte ruhig zu bleiben. „Das ist keine Dosensauce", zischte sie leise.

Flurina griff nach Amirs Hand. Er schaute sie an. „Hm?"

„Sag besser einfach nichts mehr", raunte sie ihm zu. Er zog die Augenbrauen hoch.

„Wird bei dir nicht gesprochen zum Essen? Na gut, dann rauche ich halt eine."

Mein Vater legte seine geballten Hände auf den Tisch. „Hier wird nicht geraucht. Wenn du dir unbedingt Lungenkrebs holen willst, tu das bitte draussen. Ein Aschenbecher steht auf dem Fenstersims." Seine Stimme war schneidend, doch nicht einmal das schien Flurinas Freund zu bemerken. Lässig steckte er sich eine Zigarette zwischen die Zähne und holte ein Feuerzeug hervor. Flurina sah ihn eindringlich an. Er murrte etwas von wegen altbacken und trat auf die Terrasse hinaus. Meine Mutter beugte sich vor.

Mein Lied für dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt