Kapitel 7 - Wolfsschädel

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„Set, Down, Hut!" Ich schoss wie eine Rakete vorwärts und fokussierte mich voll und ganz auf Parker, den bloß noch wenige Meter von mir trennten. Unter seinem Arm klemmte der Football und er war bloß noch wenige Meter vom Touch Down entfernt. Ich schlängelte mich mühelos an den Jungs aus meinem Team vorbei, die ihn ebenfalls versuchten einzuholen, jedoch weder mit Parkers, noch mit meinem Tempo mithalten konnten.

Doch der Abstand zwischen ihm und der finalen Endzone verringerte sich mehr und mehr, während ich nur sehr langsam aufholte. Meine Augenbrauen verengten sich entschlossen: Ich würde es diesem aufgeblasenen Macho zeigen! Koste es, was es wolle!

Langsam und möglichst kontrolliert begann ich Corpus-Elixier in meine Venen zu leiten und meine Geschwindigkeit nahm um ein Vielfaches zu. Dann konzentrierte ich mich auf den Boden vor seinen Füßen, wo plötzlich eine Wurzel aus dem Boden schoss, sodass Parker unvorbereitet stolperte und der Länge nach über den kurzen Rasen schlitterte. Noch immer im Sprint, entriss ich ihm den Football, machte eine Vollbremsung, drehte mich um hundertachtzig Grad und machte mich auf den Rückweg. Jerome, der bedauerlicherweise im gegnerischen Team postiert war, stellte sich mir breitbeinig entgegen, senkte seinen Oberkörper und war im Begriff mich umzutacklen.

«Sorry Jer» entschuldigte ich mich in Gedanken, erhaschte noch einen kurzen Blick auf meine schwarzen Venen und rammte dann meine Schulter mit voller Kraft in seine Brust. Schmerzverzerrt taumelte er zurück und hatte Mühe sich auf den Beinen zu halten. Auch den anderen Kerlen aus Parkers Team, die nicht von meinen Mitspielern abgeblockt wurden, wich ich ohne besonders viel Mühe aus und bewegte mich zielstrebig auf die Endzone zu.

Als mich nur noch wenige Meter von meinem Ziel trennten, spürte ich plötzlich einen stechenden Schmerz in meinem Brustkorb. Meine Lungen zogen sich zusammen und nahmen keinen Sauerstoff mehr in sich auf. Panisch setzte ich mit letzten, großen Sprüngen über die Linie und ließ den Football in der Endzone fallen. Ich vernahm noch die erfreuten Jubelrufe meines Teams, ehe ich nach Luft ringend stürzte und das Bewusstsein verlor.

~


Irritiert sah ich mich um. Ich befand mich auf einer Lichtung, umringt von hohen Bäumen, die sich schwarz am Nachthimmel abzeichneten. Fahles Mondlicht verwandelte die Umgebung in eine gespenstische Landschaft. Dichter Nebel erschwerte die Sicht zusätzlich, doch all das hatte keinen Einfluss auf mein Gehör. Ich vernahm das Geräusch von brechenden Zweigen und raschelndem Laub. Das waren ganz eindeutig Schritte, die sich auf mich zubewegten.

Unsicher starrte ich in die Richtung, aus der ich das Geraschel vernahm, als sich ein großer Wolf mit struppigem, schwarzem Fell aus dem Nebel löste. Seine tückischen Augen musterten mich interessiert. 

Das linke Ohr  des Tieres war aufgeschlitzt und an einem seiner Vorderbeine prangte eine Narbe in Form eines Wolfsschädels, dessen Augen von zwei Kreuzen überdeckt wurde

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Das linke Ohr  des Tieres war aufgeschlitzt und an einem seiner Vorderbeine prangte eine Narbe in Form eines Wolfsschädels, dessen Augen von zwei Kreuzen überdeckt wurde. Sie muss gewaltsam in sein Fleisch geschnitten worden sein.

Seine gebleckten Zähne schimmerten weiß im hellen Mondlicht und ein leises Knurren verließ seine Kehle. Plötzlich zeichneten sich weitere Umrisse hinter ihm im Nebel ab. Eine lange Reihe aus Wölfen trat aus den Schatten. Jeder von ihnen besaß eine düstere Fellfarbe. Graue, kastanienbraune und schwarze Wölfe musterten mich mit argwöhnischen und distanzierten Blicken. Bei näherer Betrachtung konnte ich an jedem Wolf die Narbe in Form des Wolfsschädels erkennen. Der schwarze Wolf mit dem tückischen Blick, bei dem es sich vermutlich um den Alpha handelte, trat einige Schritte zur Seite und machte eine einladende Geste.

Irritiert musterte ich ihn. Er wollte mich in seinem Rudel aufnehmen? Erst jetzt bemerkte ich, dass ich mich ebenfalls in meiner Wolfsgestalt befand. Zögerlich machte ich einige Schritte zurück und legte die samtigen Ohren an meinen Körper. Ich hatte bereits ein Rudel.

Plötzlich vernahm ich ein weiteres Geräusch von der gegenüberliegenden Seite der Lichtung. Blitzschnell fuhr ich herum: Ein stolzer, weißer Wolf stand inmitten der dichten Tannen und sah aus warmen, haselnussbraunen Augen zu mir hinüber. Sein langes seidiges Fell wehte im Wind, als auch neben ihm zahlreiche Wölfe aus der Dunkelheit des Waldes traten. Ebenso wie ihr Anführer waren sie von hellem Fell in den Farben weiß, creme oder haselnussbraun. Ihre Haltung war stolz und kraftvoll. Die Blicke, die sie mir widmeten waren wohlwollender als die des anderen Rudels.

Überfordert sah ich zwischen den Rudeln der zwei Wölfe hin und her, die nun feindselige Blicke tauschten. Es faszinierte mich, wie unterschiedlich ihre Erscheinungen waren:
Eines düster und geheimnisvoll. Das andere Majestätisch und elegant.
Der schwarze Alpha legte die Ohren an seinen Körper und knurrte warnend: „Vergiss es Aiden! Sie gehört mir!" Seine Stimme klang kalt und erinnerte an das Zischeln einer Schlange.

Der weiße Alpha verzog keine Miene. Sein ruhiger Blick wanderte von seinem wütenden Widersacher zu mir und ein großmütiger Ausdruck lag in seinen Augen: „Die Entscheidung liegt allein bei ihr."

~

Meine Augen öffneten sich schlagartig, als ein kalter Schwall Wasser über meinem Kopf entleert wurde. Prustend setzte ich mich auf und starrte Jerome erschrocken an, der mich mit einem erleichterten Blick bedachte: „Sie ist wach Leute!", dann kniete er sich neben mich und legte mir mitfühlend den Arm auf die Schulter: „Alles okay bei dir?" Ich hielt mir den Schädel, der brummte als hätte ich eine heftige Partynacht hinter mir. „Denke schon." Einige Weitere standen um uns herum und nickten sich beruhigt zu. „Dank dir hat mein Team übrigens verloren. Ich muss sagen, ich bin ganz schön beeindruckt.", er nickte anerkennend. „Und da bin ich nicht der Einzige.", Jerome deutete in die Richtung der Tribüne, wo Parker auf einer der Bänke saß und zu uns herüber sah. Er schüttelte ungläubig den Kopf, als sich unsere Blicke trafen und ein Gefühl von Stolz keimte in mir auf. In diesem Moment hatten mich die restlichen Mitspieler aus meiner Mannschaft erreicht, die zuvor in eine Wurf- und Sprintübung vertieft gewesen waren. Sie hoben mich jubelnd und johlend in die Lüfte und feierten unseren Sieg über das gegnerische Team. Lachend genoss ich ihre Anerkennung, bis ich erneut Parkers Blick begegnete: Er schien mich regelrecht zu durchbohren und die Skepsis in seinen funkelnden Augen verunsicherte mich. Dass er möglicherweise einen Verdacht gegen mich hegte, reichte um Unbehagen in mir zu säen.

„Los Erik! Sei ein guter Verlierer und gib ihr die Hand!", rief Jerome zu Parker hinüber, amüsiert über dessen Schmollen. Und entgegen meiner Erwartungen erhob sich der sonst so uneinsichtige Junge tatsächlich von seinem Platz und kam mehr oder weniger aus freien Stücken auf uns zu.

Meine Teamkollegen setzten mich wieder auf dem Boden ab, sodass ich nun vor dem, einen guten Kopf größeren, Parker stand, der mich noch etwas missgünstig betrachtete. Dann atmete er kaum hörbar aus und streckte mir die Hand entgegen: „Nicht schlecht gespielt, Nice-Ass."

Ich hätte mich vermutlich über den Spitznamen beschwert, insbesondere, weil er versprochen hatte ihn nicht mehr zu verwenden, wäre mir nicht in diesem Moment ein schwarzes Tattoo an seinem Unterarm aufgefallen. Es zeigte einen Wolfsschädel, dessen Augen von schwarzen Kreuzen überdeckt wurde.

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