Kapitel 13

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Während dem Rest von Lanies Besuch konnte ich kaum still halten und mein Blick blieb immer wieder an der Akte hängen, die ich zu den Blumen gelegt hatte. Irgendwann hatte Lanie geseufzt und gesagt, dass es keinen Sinn machte, sich mit mir zu unterhalten, solange diese Papiere im Raum waren. Also hatte sie sich verabschiedet, mir eine gute Besserung gewünscht und mir das Versprechen abgenommen, anzurufen, sobald ich aus dem Krankenhaus draußen war. Kaum hatte sie die Tür hinter sich zu gezogen, griffen meine Finger auch schon nach der Pappakte und schlugen sie auf. Als erstes fiel mir meine eigene ordentliche Handschrift ins Auge und ich überflog die Fakten, die mir bekannt waren. Mein Gehirn konnte sich einfach nicht damit abfinden, dass es schon zwei Monate her sein sollte, dass wir die aufgelisteten Informationen zusammengetragen hatten. Ich blätterte um und jetzt sprangen mir die ersten Wörter in Espositos
hieroglyphengleicher Schrift entgegen. Ich hatte einige Mühe die Sätze zu entziffern, aber schließlich ergab alles einen Sinn. Einiges wusste ich schon von Ryan und Esposito, anderes war mir neu. Anscheinend hatte Petrovitsch herausgefunden, dass Turner der CIA Informationen über ihn lieferte und ihn dann von dem korrupten Detective Jordan beseitigen lassen. Als Mrs Turner dann dahinter gekommen war, dass ihr Mann von der russischen Mafia ermordet wurde, musste sie auch dran glauben, da ihr Wissen offenbar als zu gefährlich eingestuft worden war. Das erklärte allerdings noch nicht die skurrile Tatsache, das Dartpfeile in Michael Turners Brust gesteckt hatten. Ich starrte konzentriert auf die Seiten und suchte eine Antwort darauf. Bei einer Mitschrift des Verhörs mit Jordan wurde ich schließlich fündig. Beinahe hätte ich gelacht, als ich seine Erklärung für diese Abscheulichkeit las: Es musste so ungewöhnlich sein, um Sie in die Irre zu führen. Als ich Michaels Leiche dort abgeladen habe, wusste ich, dass sein Fall in Montgomerys Zuständigkeitsgebiet lag und das musste auch so sein, damit ich mich in die Ermittlungen einschleichen konnte. Ich stutzte, als ich sah, das die Zeilen darunter geschwärzt worden waren. Mit Edding. Warum schwärzten Javier und Kevin Sätze in einer Akte, die sie mir zukommen ließen? Ich griff nach meinem Handy, das ebenfalls bei den Blumen lag. Ich wählte eine Nummer und wenige Sekunden später meldete Ryan sich am anderen Ende: "Ryan?"

"Kevin, ich bin's"

Ich hörte wie er ein Gähnen unterdrückte: "Beckett, was gibt's?"

Bevor ich antwortete warf ich einen Blick auf die Uhr und erschrak: Es war bereits viertel nach eins. Ich hatte nicht gemerkt, wie viel Zeit das Studieren der Akte beansprucht hatte.

"Tut mir leid, dass ich Sie wecke, aber ich muss etwas zu der Akte wissen."

"Okay, schießen Sie los."

"Warum sind in der Mitschrift von Jordans Verhör Zeilen geschwärzt?"

Lange Zeit herrschte Stille auf der anderen Seite und ich hörte nur das Rauschen der Leitung. Dann räusperte er sich: "Montgomery hat diese Zeilen geschwärzt..."

"Was stand dort?", unterbrach ich ihn. Er antwortete nicht: "Kommen Sie schon, Sie waren bei dem Verhör dabei, Sie müssen es wissen!"

"Beckett, jetzt beruhigen Sie sich. Ich weiß nicht mehr wortwörtlich, was da stand, aber es ist der Teil, in dem wir Jordan auf sein Interesse für Sie festgenagelt haben. Montgomery war der Meinung, dass Sie das nicht lesen sollten."

"Denken Sie, es bringt mich aus der Fassung, wenn Jordan mich als leicht zu überzeugendes Flittchen darstellt?"

"Ich nicht, aber der Captain schon, also sollten Sie ihm das sagen. Wenn Sie nichts dagegen haben...", er unterdrückte ein weiteres Gähnen, "...gehe ich jetzt wieder schlafen."

"Gute Nacht."

"Ihnen auch, Beckett", damit legte er auf.

Ich legte die Akte beiseite und machte das Licht aus. Der Fall war ohne Zweifel und Unklarheiten gelöst und trotzdem ließ mir die Sache keine Ruhe. Ich konnte mich nicht damit abfinden, dass Louos ungeschoren davon kommen sollte, immerhin hatte er mehrere Menschen getötet und ja, ein bisschen verletzte Eitelkeit war auch dabei. Er hatte mich schamlos ausgenutzt, das war mir klar und ich nahm es ihm ziemlich übel. Ich zappelte unruhig herum und brachte es nicht fertig, auch nur für ein paar Sekunden still zu liegen. Das laute Ticken der Uhr drehte mich zusätzlich auf und ich presste mir stöhnend die Hände aufs Gesicht.

Castle -Always or never- (Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt