Kapitel 11

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Hraerek war erschöpft. Es hatte mehrere Stunden gedauert bis er sich mit Asslat geeinigt und eine Lösung für die weitere Unterbringung seiner erwarteten Gäste gefunden. Schließlich wurde beschlossen, dass das restliche Gefolge von Gunnar aufgeteilt in der Großen Halle und in Hildas Hütte untergebracht werden sollte. Nur, dass Hilda noch gefragt werden musste, aber dies sollte kein Problem darstellen. Sie hatte schon häufiger Gäste in ihren Behandlungsbetten beherbergt. Diese müssten dann nur in einem Notfall für die Patienten ihre Bettstatt verlassen müssen.

Müde zog sich Hraerek in den hinteren Teil der Großen Halle zurück, wo seine Privatgemächer lagen. Nur sehr wenigen war es erlaubt sich dort zu bewegen. Nur zwei seiner Diener und seinem Bruder Jovssut. Der, wo Hraerek grade an ihn dachte, im Türrahmen stand und seinen Bruder beobachtete.

"Und, Bruder? Es ist das erste Mal, dass ich dabei zusehen muss, wie du mit leeren Händen von der Jagd zurück kommst. Selbst im tiefsten Winter ist es dir mehr als nur einmal gelungen ein paar Hasen oder ein Reh zu erlegen."

"Sei still, Jovssut. Ich habe sehr wohl ein Reh geschossen, nur das haben wir gleich gegessen."

"Meinst du mit ˋuns', du und deine Wölfe? Oder hat es etwas mit dem hübschen Ding zu tun, dass dich und Hilda begleitet hat?"

Hraerek hielt sofort in seiner Bewegung inne und Jovssut, der mit seiner Reaktion schon gerechnet hatte, konnte sich das Grinsen nicht verkneifen.

"Es stimmt also wirklich. Es wird bereits in der ganzen Stadt davon geredet, dass du eine Fremde mitgebracht hast. Willst du nicht mal deinem eigenen Bruder davon erzählen oder muss ich sie erst selbst aufsuchen?"

Hraerek ignorierte seine Frage und zog sich das verschwitzte Hemd über den Kopf, ehe er zur Wasserschüssel ging und sich das Gesicht wusch. Mit einem nassen Tuch ging er großzügig über den Oberkörper bevor er aus der Kiste, die vor seinem Bett stand, sich ein frisches Hemd nahm.

"Ihr Name ist Cassandra Heyner. Sie ist eine reisende Heilerin. Ich habe sie am Strand gefunden; so wie es aussah, war sie eine Überlebende eines Schiffsunglücks. Ich habe sie mitgenommen und in eine Höhle in der Nähe gebracht."

Mehr wollte oder konnte Hraerek seinem Bruder nicht erzählen. Wenn er wüsste, was dieses Mädchen mit ihm angestellt hatte oder was er bereits von ihr gesehen hatte, würde das nie enden. Aber Jovssuts Reaktion kam prompt: Er stieß einen hohen Pfiff aus und lachte laut auf.

"Dass ich das noch erleben darf. Mein großer Bruder rettet eine arme Jungfer in Not."

"Halt den Rand!"

Hraerek war kurz du vor seinem Bruder ein paar Schläge zu verpassen, hielt sich aber zurück. Dieser hatte sich schnell wieder gefasst und lehnte sich mit, vor der Brust verschränkten Armen an die Wand.

"Soll ich dir mal sagen, was man sich bereits über deinen Fund erzählt?"

Hraerek gab nur ein Knurren von sich.

"Ich werte das mal als ein Ja. Also wenige Stunden nach eurer Ankunft lief mir zufällig Jorvik über den Weg. Er lachte und hüpfte herum wie ein kleiner Junge. Auf meine Frage, ob sein Bein denn nicht mehr schmerzte, grinste er und sagte, dass die neue Heilerin, die Hilda begleitet hatte, sein Bein wieder gerichtet habe. Und auf dem Weg zu dieser neuen Heilerin bin ich Brunhild begegnet. Diese sagte mir, dass eine Fremde Heilkundige von bezaubernder Schönheit sich in Hildas Hütte aufhalten sollte."

"Ist doch typisch, dass Brunhild immer wieder zu dir kommt. Aber ich warne dich, Jovssut. Wenn sich noch einmal ein besorgter Vater bei mir darüber beschwert, dass du seiner Tochter schöne Augen gemacht hast, bist du schneller verheiratet, als dir lieb sein wird."

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