Kapitel 18

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Es war noch früher Morgen als Cassandra erwachte und sich genüsslich im Bett räkelte. Heute war ein besonderer Tag. Auch wenn sie trotz des nahenden, hochrangigen Besuchs lieber im Bett geblieben wäre. Hilda hatte ihr bereits ein neues Kleid raus gelegt, dass sie heute Abend auf dem Fest tragen sollte. Es war ein mitternachtsblaues Gewand aus feinem Stoff, dass eigentlich zu kalt für diese Jahreszeit war, wenn man von dem großzügigen Ausschnitt einmal absah, der mit einer edlen, silbernen Borte veredelt war und kleine Ornamente darstellte. Würde sie sich nach vorne beugen, wäre es höchst wahrscheinlich, dass ihre Brüste hinausfallen würden. Das silberne Band, dass dabei lag, sollte sie wohl als Gürtelersatz tragen. Cassandra entschied sich ein paar Änderungen vorzunehmen. Das Band war ein paar Meter lang und sie konnte es ohne Probleme ein paar mal um ihren Oberkörper schlingen.

Sie suchte Hildas Nähkörbchen und fand eine feine Nadel, mit der sie später das Kleid etwas abändern wollte. Cassandra kannte sich zu wenig mit der Mode oder allgemeinen festlichen Bekleidung in dieser Welt aus, um es zu beurteilen, aber wenn sie sich so am Abend zeigen würde, könnte sie ohne Probleme als Kurtisane durchgehen.

Auch wenn sie sich sehr über Hildas Aufmerksamkeit gefreut hatte, und auch dass sie ihr gestern Abend noch eine Schale warmen Apfelbrei mit etwas Zimt serviert hatte, den sie so gern aß, wollte Cassandra gar nicht auf das Fest. Sie war nicht gerade ein Freund großer Menschenansammlungen und raubeiniger Trinkgelage. Auch wenn sie sich nicht sicher war, ob ihre Scheu diesmal von der Feier kam oder einem gewissen dunkelhaarigen und großgewachsenen Jarl, der gestern Abend noch mit seinem Verwalter spontan vorbei gekommen war, um die Lager für seine Gäste zu begutachten. Hilda hatte ihn empfangen und sich kurz mit ihm unterhalten, während Cassandra still im Hinterzimmer geblieben war. Seine Stimme hingegen hatte schon genug ausgelöst. Trotz seiner gebrochenen Nase, die seine Worte sehr nasal klingen ließ, war das tiefe Timbre unüberhörbar. Cassandra hätte ihr ewig zuhören können...

Fluchend nahm Cassandra ihr Kopfkissen und schlug es sich vor Gesicht. Das ist doch so ein Sche*ß! Hätte das alles nicht schon vorbei sein können?! Sie hatte echt keine Lust heute irgendetwas zu machen; da wäre sie lieber im Bett geblieben. Aber es hatte keinen Sinn jetzt zu streiken. Ihre Arbeit ließ ihr keinen Moment der Ruhe. Für die Gelenkbeschwerden einer alten Frau musste sie noch eine Salbe herstellen und Astrid würde heute wiederkommen, damit sie ihre Verletzung begutachten würde.

Cassandra stand grummelt auf. Sie füllte frisches Wasser in die Schale und wusch sich gründlich. Sie griff nach dem roten, einfachen Kleid und zog es über ihr Unterkleid. Zum Glück hatte Hilda noch ein paar weitere zum Wechseln geschenkt. Da sie auch in ihren Unterkleid schlief, wurde das nach ein paa Tagen unangenehm, weil sie nix zum Wechseln hatte. Ihr langes Haar flocht sie diesmal zu einem lockeren Zopf, der ihr bis auf die Hüfte herunterfiel. Den Ring mit dem Feuer-Opal versteckte sie wieder unter ihrem Kleid, sodass nur die lange Kette um ihren Hals erahnen ließ, was sie dort trug.

So, und jetzt ab an die Arbeit! Cassandra krempelte sich die Ärmel nach oben und suchte aus den Regalen die richtigen Kräuter und Pflanzen hervor und stellte sie auf dem Tisch ab. Dazu kam eine Salbengrundlage aus Wollwachs und anderen Fetten. Das Wollwachs gewann sie durch das Auskochen von Schafwolle, aus dessen Sud sie das Fett abschöpfte und dann erkalten ließ. Dazu mischte sie verschieden, neutrale Öle, da das Wollfett sehr fest war. Sie würden auch die Haltbarkeit verlängern, da Wollfett sehr mirkobiell anfällig war und ranzig wurde. In der Reibschale zerstieß sie die frischen Pflanzen, bis der Geruch ihrer Öle ihr in die Nase stieg. Sie hatte Beimwell, Kiefer und Rosmarin gewählt. Kiefernnadeln und Rosmarin bekam man selbst im Winter noch frisch und würden durch die wärmende und durchblutungsfördernde Eigenschaft die Gelenke wieder beweglicher machen. Und der Beimwell-Auszug linderte die Schmerzen.

Cassandra vermengte die zerstoßenen Pflanzen mit der Salbe und füllte sie in ein kleines Tongefäß, welches sie mit einem Leinentuch bedeckte und einem Faden zuband, damit es geschlossen blieb. Sie war gerade fertig und dabei die benutzten Utensilien in einem bereitstehenden Eimer mit warmen Wasser zu waschen, als es an der Tür klopfte. Cassandra stellte die Schalen und den Pistill beiseite und ging schnell zum Eingang.

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