Cassandra fiel das Atmen schwer. Sie saß noch immer berauscht auf Hraerek's Bett, während der Mann, der sie all diese unterschiedlichen Gefühle hatte spüren lassen, friedlich schlief. Es war alles zu viel. Jede Emotion, die sie in den letzten Minuten durchlebt hatte, war zu viel gewesen. Ihr Körper hatte verrückt gespielt und nur noch auf ihn reagiert. Ja, sie wollte ihn. Mit ihm schlafen, sich ihm hingeben, egal was. Und das erschrak sie.
Verlegen hielt Cassandra sich das Hemd über der Brust zusammen. Die beiden Stellen, wo Hraerek ihr einen Knutschfleck verpasst hatte, pulsierten und schmerzten. Auch ihre Brustwarze wurde stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Nur warum störte sie das nicht? Und warum zum Teufel wehrte sich jede ihrer Körperzellen dagegen, diese Male zu verdecken?
Es konnte doch nicht an ihm liegen, oder doch? Sie hatte schon lange keinen Sex mehr gehabt, aber so hatte sie bisher noch nie auf einen Mann reagiert. Cassandra hatte sich nicht gewehrt, sich sogar sinnlich seiner Umarmung hingegeben und es zutiefst genossen von so einem starken Krieger begehrt zu werden. Als er gesagt hat, dass sie nur ihm gehöre und er sie schreien hören wollte, konnte sie nicht mehr. Hätte er sie dann einfach auf den Rücken geworfen, ihr die restlichen Kleider vom Körper gerissen und sich mit ihr vereinigt...
Ihr Gesicht begann bei dem Gedanken zu glühen. Cassandra wollte ihn nicht einschlafen lassen, aber sie war noch nicht bereit gewesen. Begierde und Scham kämpften in ihr und fühlten sich an wie ein zweischneidiges Schwert.
Der eine Teil wollte nichts mehr, als endlich Liebe und Sinnlichkeit zu erfahren. Wieder in Ekstase zu verfallen und sich an einen Mann binden, von dem sie wusste, dass er sie ehrenvoll behandeln würde. Seine Berührung zu spüren, mit dem Wissen durch den Tag gehen, dass seine Abdrücke auf ihr waren.
Verdammt nochmal! Warum hatte sie es nur so genossen, seine Kraft zu spüren? Er war nicht zu grob gewesen, im Gegenteil. Für Cassandra's Geschmack hätte er ruhig noch gröber sein können, und fester, und härter.
Sie erschrak bei dem Gedanken und dem Bild, dass sich in ihrem Kopf manifestierte. Seit wann war sie so devot geworden? Stets hatte sie auf eine eigenständige Haltung bestanden, in der sie sich keinem Mann unterordnen würde. Aber das war das nicht. Es ging um eine Umarmung. Einen Tanz von gleichen, dennoch entgegengesetzten Kräften. Von Stärke und Schwäche. Von Abstoßung und Hingabe.
Alles war ein Farbenspiel aus verschiedensten Emotionen und Cassandra wünschte sich nichts mehr, als es in seine Bestandteile zu zerlegen und zu erforschen. Oder einfach im ganzen zu genießen, wie eine Flasche Wein.
Langsam beruhigte sich ihr Herzschlag wieder. Hraerek lag noch immer in dem Berg von Kissen und schien sich ihrer Anwesenheit gar nicht mehr bewusst zu sein. Obwohl das nicht ganz stimmte, wenn Cassandra die imposante Beule in seiner Hose begutachtete. Sie hatte zwar nicht viele Vergleichsmöglichkeiten gehabt, aber was sie da sah, war äußerst beeindruckend.
Hätte sie Hraerek nicht schlafen geschickt, wäre er jetzt... NEIN! Herrgott, Cassandra! Reiß dich zusammen und konzentriere dich! Du hast dein Versprechen bereits einmal gebrochen, als sie mit Brian geschlafen hatte, da war sie aber auch mehr als nur betrunken gewesen. Es er war eher die Erkenntnis darüber, dass es ihr so leicht gefielen war, diesen Teil ihrer Vergangenheit einfach abzuschütteln.
Bei der Neugeborenen Zeremonie hatte sie den Schwur geleistet, nur noch mit einem Mann zu schlafen, um Kinder zu bekommen. Sie war zwar in der Moderne aufgewachsen und hatte auch ihre Annehmlichkeiten genossen, dennoch kam ihr dieses Versprechen jetzt lächerlich altmodisch vor. Bei Brian hatte es sie nicht gekümmert, warum machte es ihr nun bei Hraerek solche Angst.
Wäre es denn wirklich so ein Fehler? Sie hatte es bereits bei ihrer ersten Begegnung gemerkt. Tief in ihrem Inneren war der Wunsch nach Zugehörigkeit gereift, wie ein kleiner Samen, der Liebe und Zuneigung brauchte um zu wachsen. Auch wenn Cassandra es sich nicht eingestehen wollte, sie hatte es damals gespürt. Und diese Wahrheit hatte sie wie ein Blitz getroffen: Ein Band verband sie und Hraerek. Ein kostbares Band, welches das Schicksal gewoben hatte. Die Chance auf ein Zuhause, eine Familie. Endlich ein Ende für ihre Ruhelosigkeit und Reisen.
DU LIEST GERADE
Northern Legends
Historical FictionFür Cassandra sollte es eine entspannende Urlaubsreise in die weite, unberührte Wildnis Schottlands sein. Aber durch einen schrecklichen Unfall wird sie in eine weit, entfernte Welt geführt. Von der ungewohnten Umgebung fasziniert, dauert es nicht l...