Atlanta, USA, 1 Jahr später
„So ein verdammter Mist!", fluchte ich beim Anblick des Staus vor uns. „Das ist durchaus nichts Ungewöhnliches. Der Verkehr ist um die Uhrzeit immer so. Alles was 10 Minuten dauert, wird zu 20 Minuten, eine Stunde werden zwei und so weiter." „Aber ich muss dringend in spätestens fünf Minuten am Flughafen sein sonst verpasse ich meinen Flug!" „Na dann erzählen sie das denen mal. Hören Sie, sie hätten eine Stunde früher losfahren sollen, wenn man erst einmal eine längere Zeit in Atlanta wohnt-„ „Ich wohne aber nicht hier!", unterbrach ich ihn. Die Frustration stand mir wohl im Gesicht geschrieben, denn nach einem Blick in den Rückspiegel verstummte der Taxifahrer endlich. Nachdem es fünf Minuten später immer noch nicht weitergegangen war, strich ich mir verzweifelt eine Strähne aus dem Gesicht und fragte: „Wann denken sie denn werden wir am Flughafen ankommen?" Er zuckte leicht mit den Schultern „Wenn wir Glück haben in einer halben Stunde, wenn es so weitergehen sollte..." Grinsend drehte er sich zu mir um „...dann wohl nie." Ich warf ihm einen verächtlichen Blick zu. Nervös begann ich an den Nägeln zu kauen und spielte kurzzeitig sogar mit dem Gedanken zu laufen, doch angesichts der Tatsache dass ich einen 20kg schweren Koffer und High Heels anhatte, die ich nur für dieses blöde Vorstellungsgespräch gekauft hatte und sonst höchst wahrscheinlich nie wieder anziehen würde, sollte ich dies vielleicht lieber vermeiden. Ich entsperrte das Display auf meinem Handy und ging noch einmal alle Unterlagen für mein morgiges Vorstellungsgespräch durch. Innerlich ärgerte ich mich darüber dass ich nicht hätte früher losfahren können, doch Daisy, die Frau, die die Airbnb Unterkunft leitete in der ich die zwei Wochen geblieben war, hatte darauf bestanden eine ganze Weißwein Flasche mit mir zu leeren, bevor ich mich davon machte. Dabei war es dann doch eher sie, die den Großteil der Flasche übernahm.
„Sehen sie mal, es scheint weiterzugehen."
Eine Stunde später stand ich mit zerzauster Frisur, roten Wangen und schmerzenden Füßen, nachdem ich bis zum Schalter der American Airlines gerannt war, vor der Frau, in ihrer schicken blauen Uniform mit rotem Halstuch, die mir gerade mitteilte dass ich meinen Flug verpasst hatte. „Sind sie sicher, gibt es keine Möglichkeit mehr-„, setzte ich zum gefühlt 20 Mal an, doch sie unterbrach mich abermals. „Tut mir leid Miss, da können wir nichts mehr machen, die Maschine befindet sich bereits auf der Startbahn." „Aber-„ „Es tut mir leid." Ihr Ton duldete keine Wiederworte. Ich sah sie an. Stewardessen hatten diesen lächelnden ‚Noch ein Wort und ich ermorde sie' Blick wirklich gut drauf. Und damit musste ich mich wohl oder übel zufrieden geben.
Zumindest konnte ich nun einmal normal durchatmen. „In Ordnung. Wann geht der nächste Flug?" „Ich bin mir nicht sicher, ob es heute noch einen Flug gibt, der nicht schon komplett ausgebucht ist." Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich sie an. „Was?! Aber ich muss morgen früh in New York sein!" „Hier müssen alle irgendwann irgendwo sein Miss, das hier ist schließlich ein Flughafen." Sie schien mich schon jetzt nicht ausstehen zu können. „Nein sie verstehen das nicht, ich habe morgen früh ein wichtiges Vorstellungsgespräch in New York!" Anhand des Blickes den sie mir nun zuwarf wurde mir schnell klar dass ihr das nicht gleichgültiger sein könnte und meine Verzweiflung sie unberührt ließ. „Es tut mir leid." Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Soll das etwa alles an Hilfe sein die sie mir bieten?" „Entschuldigen sie bitte, wie es aussieht habe ich meinen Flug nach New York verpasst, könnten sie mir-„ „Sehen sie nicht dass ich vor ihnen dran war?", rief ich entnervt dem wie aus dem Nichts aufgetauchtem Mann neben mir zu. Doch dieser warf mir nur einen arroganten, nichtssagenden Blick zu und widmete sich dann wieder seinen eigenen Angelegenheiten. „Also jedenfalls muss ich noch heute in eine andere Maschine steigen, hier ist mein Reisepass und meine Karte." Er hielt ihr die Karte nur einen flüchtigen Augenblick vor die Augen, dann steckte er sich diese wieder in die rechte Seitentasche seines Mantels. Als wäre sie gerade in eine andere Welt übergetreten, veränderte sich abrupt das ganze Verhalten der Frau am Schalter. Nervös begann sie sich über die glatten Haare zu streichen und griff nach dem Hörer. Verstört sah ich zwischen beiden hin und her. „Entschuldigung? Ich glaube sie haben noch nicht ganz aufgenommen was ich gerade zu ihnen meinte." Die Wut in mir brachte mich fast zum überkochen. „Wie bitte?" Er schien nicht zu verstehen, also versuchte ich es mit Zeichensprache. „Sie", sagte ich und zeigte auf ihn „Sollen sich gefälligst hinten anstellen statt sich einfach vorzudrängeln, ich versuche selber noch einen Flug nach New York zu erwischen." Noch immer starrte er etwas verdutzt, musterte mich missbilligend von Kopf bis Fuß, dann lachte er. „Na dann sind wir doch in der gleichen Situation, also verstehen sie sicher was gerade in mir vorgeht und das ich schnell handeln wollte." Warum redete er so? Als wäre ich ein Kleinkind und unfähig nachzuvollziehen dass er so mit jedes Recht der Welt hatte genau da zu stehen wo er gerade stand. „Sicher ich verstehe wie sie sich fühlen, aber das ist kein Grund mich mitten im Satz zu unterbrechen und sich vorzudrängeln." „Ach sie waren mitten im Satz gewesen?" Ich öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch die Frau war schneller. „Also es gibt tatsächlich noch einen Flug heute nach New York in dem gerade noch Platz für-„ „Ausgezeichnet den nehme ich" Er schob ihr den Pass hin. Augenblicklich knallte ich meinen daneben „Nein, ich werde diesen Flug nehmen, schließlich war ich zuerst da." „Ich zahle ihnen das dreifache." Er zwinkerte der Frau, die fragend zwischen uns beiden hin und hersah, lächelnd zu „Wie bitte?! Sie können nicht einfach zahlen und dafür bekommen was sie wollen!" „Wirklich nicht?" Sarkastisch fasste er sich nachdenklich ans Kinn „Aber normalerweise läuft das doch so, oder nicht?" Die Frau öffnete den Mund, doch ich ließ nicht zu dass sie dazwischen ging. „Ist das ihre Vorstellung von Gerechtigkeit? Hat ihnen eigentlich mal jemand gesagt dass sie an Arroganz kaum noch zu übertreffen sind? Sie führen sich auf wie ein zehn jähriger verwöhnter Junge!" „Sie führen sich doch gerade auf wie ein kleines Mädchen!" „Meine Herrschaften bitte!", rief die Frau mit einer Mischung aus Empörung und Entsetzung in ihrer Stimme. Mir war die Stille um uns herum gar nicht aufgefallen. Tatsächlich aber hatten sich alle hinter uns Angestellten der Szene vor ihnen gewidmet, in der sich zwei angeblich Erwachsene Menschen wie Vollidioten aufführten. Ich drehte mich wieder um und verschränkte die Arme vor der Brust. Aus den Augenwinkeln sah ich wie der Mann neben mir, der kaum älter als ich selber zu sein schien sich nervös übers Haar strich. „Was ich eigentlich sagen wollte war, dass es zwei Plätze gibt die noch frei sind, sie fliegen heute also beide noch nach New York." Die Art und Weise wie sie das Wort ‚beide' aussprach, mit einer gefährlichen Drohung dahinter, hinterließ auf meinem Arm eine Gänsehaut. Etwas peinlich berührt presste ich die Lippen zusammen. „Dann wäre das ja geregelt." Die Frau zog die Augenbrauen hoch „In der Tat. Und wer von ihnen beiden checkt jetzt zuerst ein?"
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What about tomorrow?(Fortsetzung von OWOA)
RomanceDurch den Umzug nach New York vor vier Jahren, hat sich für die mittlerweile 26 jährige Nora so einiges verändert. Als sie damals eine hervorragende Arbeit angeboten bekommen hat, wusste sie noch nicht, dass sie dadurch nicht nur eine sehr gute Freu...