Nach einer Weile funktionierte das auch schon recht gut. Zwischendurch bauten sie immer wieder Handwechsel ein und zwischendurch immer wieder Pausen in denen Janina die Stute ruhig im Galopp außen rum zu laufen.
Nach etwa einer halben Stunde rief Ben ihr zu: "Gönn ihr mal so 10 Minuten lang eine Trab Pause."
Dies tat Janina und parierte die Stute zum Trab durch. Nach den zehn Minuten rief Ben: "Gut. Dann galoppier sie mal wieder an und nimm erst noch einmal die Cavalettis."
Dies tat Janina und galoppierte dann wieder außen rum.
"Sehr gut. Dann nimm jetzt mal das Kreuz mit.", rief Ben nun. Auch dies tat Janina, aber es sah ehrlich gesagt katastrophal aus. Keschen stolperte über die erste Stange vor dem Hindernis und hatte so keine Chance irgendwie über das Kreuz drüber zu kommen. So nahm sie es einfach mit aber machte dafür einen riesen Satz über die Stange am Ende des Hindernisses. Janina war darauf nicht gefasst und wurde auf den Hals der Stute katapultiert. Nur mit Mühe und Not konnte sie sich im Sattel halten.
"Was mach ich nur mit den Beiden?", flüsterte Ben verzweifelt.
"Zum einen hat Keschen kurz vor dem Hinderniss einen Wechsel gesprungen und war so im Außengalopp und zum anderen war sie viel zu schnell. Das konnte gar nichts werden.", erklärte ich.
"Die Meisterin spricht.", lächelte Ben.
"Meisterin bin ich nun auch nicht."
"Setz du dich doch mal drauf."
"Drauf setzen gerne, aber springen nicht!"
"Wieso nicht?"
"Ich springe nicht mehr und du weißt genau warum!"
"Hast du eine bessere Idee, damit Keschen heil über das Hindernis kommt?"
"Lass sie traben und erst über der ersten Stange angaloppieren."
"Okay."
Nun machte Ben sich erstmal wieder daran das Hindernis wieder auf zu bauen und die Stangen im richtigen Abstand hin zu legen. Dann rief er Janina zu: "Parier sie mal durch zum Trab!"
Dies tat das Mädchen.
"Gut. Dann bleib mal wieder hier auf dem Zirkel und reit sie auf das Kreuz zu. Lass sie aber erst bei der ersten Stange angaloppieren!", rief er ihr dann zu.
Dies tat Janina und diesmal sah es sogar recht gut aus.
"Mach das erstmal so noch ein paar mal.", rief Ben ihr zu und auch das tat Janina. Nach einer Weile rief er ihr dann zu: "Gut. Dann lass ihr erstmal eine kurze Galopp Pause und wechsel mal die Hand."
Dies tat Janina und Ben ließ sie mit Keschen nun im Galopp über das Hindernis springen.
"Sie muss sie mehr versammeln. Sonst wird das nichts.", erklärte ich. Ben nickte und rief es Janina zu. Diese setzte es sofort um und diesmal klappte es perfekt.
"Sehr gut. Das reicht für heute.", rief Ben ihr nun mit einem Blick auf die Uhr zu. Wir gingen nun zum Zaun und warteten dort auf Bens nächsten Schüler.
"Ach hier bist du!", hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir und drehte mich rum. Dort stand Mirella. Meine Trainerin. Sie hatte bis heute Urlaub gehabt und war zu ihrer Familie nach Deutschland gefahren.
"Na los! Mach Darling fertig und los geht's!", forderte sie mich auf. Scheinbar hatte sie noch niemand über das informiert, was in den letzten Wochen passiert war und als ich hörte, wie sie ganz normal ihren Namen sagte kamen mir schon wieder die Tränen hoch. Schnell drehte ich mich zu Ben um und vergrub mein Gesicht in seiner Schulter. Er schlang seine Arme um mich und ich krallte mich an seinem T Shirt fest.
"Was ist denn jetzt?", fragte Mirella verwundert.
"Ganz übles Thema. Geh am besten in den Stall und frag Jenny.", sagte Ben. Meine Trainerin nickte noch immer ziemlich verwundert und ging dann in Richtung Stall.
Nach einer Weile kam sie wieder und sagte: "Es tut mir leid. Das wusste ich nicht. Du kannst natürlich eins von meinen Pferden reiten."
Ich schüttelte entschlossen den Kopf. Nichtmal sie würde mich dazu bringen können jemals wieder zu springen.
"Sie hat sich geschworen nie wieder zu springen, wenn Darling stirbt.", erklärte Ben ihr.
"Das ist jetzt doch wohl nicht dein Ernst! Du bist ein Champion und Darling hätte bestimmt gewollt, dass du auch ohne sie weiterhin springst.", sagte Mirella empört.
"Nein!"
"Ach komm schon. Sie hätte bestimmt gewollt, dass du auch ohne sie weiterhin springst. Es gibt doch so viele andere Pferde, die genauso gut springen.", redete auch Ben auf mich ein.
"Es gibt kein Pferd, dass so ist, wie sie! Und ihr könnt mich nicht zwingen zu springen!", sagte ich entschlossen.
"Das stimmt. Keiner kann dich dazu zwingen, aber willst du das wirklich? Willst du wirklich nie wieder mit Vollgas durch den Parcours galoppieren und über die Hindernisse fliegen?", fragte Mirella und packte mich damit genau da, wo es am meisten weh tat. Natürlich wollte ich wieder über die Hindernisse fliegen, aber nicht ohne Darling.
"Komm. Wir satteln dir jetzt ein Pferd und legen los. Du musst ja nicht unbedingt springen, wenn du nicht kannst, aber versuch es wenigstens.", sagte Mirella nun. Ich nickte zögerlich und löste mich langsam von Ben.
"Schafft ihr das ohne mich? Ich hab jetzt noch Training.", fragte er.
"Klar. Wir schaffen das schon.", meinte Mirella und bevor ich irgendwas erwidern konnte zog sie mich mit sich in den Stall zu einem ihrer Pferde. Er hübscher Schimmel Wallach namens Luzius. Ein super Pferd, das schon so einiges gewonnen hatte. Das einzige Problem war, dass er es liebte sich in der tiefsten Matsch Pfütze zu wälzen und dem entsprechend auch immer so aussah. Auch an diesem Tag war sein Fell eher braun als weiß und wir verbrachten schon eine halbe Stunde damit ihn zu putzen. Gemeinsam sattelten wir ihn dann auch und gingen in die Reithalle, wo ich dann aufstieg und ihn erst einmal ganz normal warm ritt.
"Achte mal drauf, dass er sich schön vorwärts abwärts streckt.", rief Mirella mir zu. Ich spielte ein bisschen am Zügel rum und schon bald ließ der Wallach seinen Hals fallen.
"So ist gut!", lobte Mirella nun. Nachdem der Wallach seinen Hals dann auch im Trab und Galopp fallen ließ nahm ich langsam die Zügel auf und ritt mit ihm ein paar Hufschlagfiguren.
Da sah ich, wie meine Trainerin in der Mitte ein recht kleines Hindernis aufbaute.
"Was wird das?", fragte ich.
"Ich baue dir ein Hindernis auf.", erklärte Mirella.
"Ich springe nicht!"
"Das ist ja auch kein Sprung, sondern nur ein Hopser."
"Ich hopse auch nicht!"
"Versuch es doch wenigstens mal. Das ist doch so niedrig! Du bist mehr als doppelt so hoch gesprungen!"
"Ich springe trotzdem nicht da drüber!", sagte ich und parierte Luzius nun durch. Ein Satz und schon war ich unten. Ich zog ihn mit mir zu seiner Besitzerin, drückte ihr die Zügel in die Hand und ging in den Stall. Dort ging ich zu Darlings ehemaliger Box. Sie war leer und nur noch der blanke Beton war zu sehen. Ich setzte mich in die Ecke und hing meinen Gedanken nach, als mich plötzlich ein lautes Wiehern wieder in die Gegenwart versetzte. Ich sprang auf und sah, wie mehrere unserer Stallburschen versuchten einen hübschen Hengst mit pechschwarzem Fell in eine der Boxen zu bringen. So wirklich funktionierte das aber nicht, da der Hengst immer wieder stieg und nach den Männern austrat. Diese gaben zwar ihr bestes ihn irgendwie wieder runter zu bekommen, aber das funktionierte nicht so wirklich gut. Ich wusste nicht warum, aber aus irgend einem Grund zog mich dieser Hengst magisch an und ich ging langsam auf ihn zu. Als ich ihm dann in die Augen sah hatte ich mich endgültig in ihn verliebt.
"Darf ich mal?", fragte ich und nahm den Männern den Strick aus der Hand. Ich schaute nun zu dem Hengst hoch und er blieb auf einmal ruhig stehen. Sanft strich ich ihm über die Stirn und führte ihn dann in die Box, die bereits fertig eingestreut war. Er lief brav neben mir her und blieb in der Box stehen. Ich nahm ihm nun das Halfter, das er trug, ab und erwartete, dass er sich sofort von mir abwand und sich über sein Futter her machte, aber er blieb bei mir stehen und schaute mich aus seinen tollen, braunen Augen an. Irgendwas in seinen Augen kam mir bekannt vor. Ich schaute ihn mir genauer an und da bemerkte ich, dass er exakt die selben Augen hatte, wie Darling und mich auch ganz genauso anschaute. Ich streichelte ihn noch einmal und wand mich dann von ihm ab.
DU LIEST GERADE
Der letzte Sprung - #Wattys2016
Romantik"Der letzte Sprung" ist die Fortsetzung von "Sprung ins Glück" Wieder geht es um Lisa, die mit Darling 10 Jahre später noch immer erfolgreich Springturniere geht. Auch mit Ben ist sei noch immer glücklich zusammen. Alles ist perfekt, doch dann soll...