Der letzte Sprung - #Wattys2016

Kapitel 16

Ich stand auf und ging nun auf direktem Weg zum Springplatz, wo ich Mirella vermutete. Ben folgte mir und fragte verwundert: "Wo willst du hin?"
"Ich muss mit Mirella reden.", erklärte ich knapp.
"Wieso?"
"Ich will ihr Devil abkaufen."
"Du willst was?"
"Erklär ich dir später genauer.", sagte ich noch und stand dann auch schon am Springplatz, wo meine Trainerin gerade mit Luzius arbeitete.
"Mirella?", rief ich über den Platz. Sie schaute auf und als sie mich sah, kam sie zum Zaun.
"Was gibt's?", fragte sie.
"Würdest du Devil verkaufen?"
"An wen denn?"
"An mich."
"Klar. Was hast du denn mit ihm vor?"
"Wahrscheinlich wieder springen."
"Jetzt echt?"
"Ja."
"Woher kommt der plötzliche Sinneswandel?"
"Wenn ich dir das jetzt erkläre erklärst du mich für verrückt."
"Wieso? Versuch es doch einfach mal."
"Darling ist mir gestern Abend als Geist erschienen und hat mir gesagt, dass sie in Devil bei mir ist und das ich mit ihm wieder anfangen soll zu springen."
"Aha. Das klingt zwar etwas merkwürdig, aber da ich mit dem Hengst sowieso nicht so wirklich klar komme kannst du ihn haben."
"Wie viel willst du denn für ihn haben?"
"Gar nichts."
"Das geht nicht!"
"Doch. Mir reicht es schon, wenn er glücklich ist und ich dich endlich wieder trainieren kann."
"Okay. Dafür steht Luzius ab jetzt aber umsonst hier."
"Nein! Das geht nicht!"
"Und ob das geht. Du hilfst mir so sehr da ist das das Mindeste, was ich für dich tun kann."
"Gut. Wenn du es so willst."
"Ja das will ich!"
"Dann reit ich Luzius nur kurz noch trocken und dann können wir die Formalitäten klären."
"Okay. Dann bin ich schonmal im Büro.", sagte ich und ging dann mit Ben in das ehemalige Büro von Stuart, das nun Ben gehörte.
"Hab ich gerade richtig gehört? Du willst wieder springen?", fragte er nun.
"Ja.", sagte ich.
"Na endlich! Ich hatte schon Angst es dauert noch ewig, bis du endlich wieder anfängst."
"Ohne Devil hätte ich auch nie wieder angefangen."
"Was genau hat Devil damit eigentlich zu tun? Ich hab das nicht so ganz verstanden."
"Darling ist in dem Körper von Devil bei mir."
"Wie geht das denn?"
"Wenn ich das wüsste hätte ich es dir schon erklärt."
"Und wie kommst du dadrauf?"
"Gestern Abend konnte ich nicht schlafen und hab mich in Darlings Box gesetzt. Da ist sie mir als Geist erschienen und hat mir gesagt, dass ich mit ihm wieder anfangen soll zu springen."
Er nickte zwar, aber ich konnte an seinem Blick sehen, dass er mich nicht verstand oder mir nicht glaubte. Trotzdem beließ ich es dabei und wir schwiegen, bis Mirella rein kam und einen Pferdepass auf den Tisch legte. Sie strich ihren Namen durch und drückte mir dann den Stift in die Hand. Ich unterschrieb und somit gehörte Devil offiziell mir. Ich hatte also wieder ein eigenes Pferd und dazu noch ein Springpferd mit dem ich wahrscheinlich schon bald wieder über die Hindernisse fliegen würde, wie ich es mit Darling auch getan hatte. Trotzdem würde er sie niemals ersetzen können! Niemals würde er so sein können wie sie, aber vielleicht war er auf eine andere Art und Weise gut für mich. Vielleicht konnte ich mit ihm genauso viel erreichen und genauso viele Turniere gewinnen. Aber selbst wenn nicht hatte ich jetzt einen tollen, jungen Hengst, der immer für mich da war.
"Erde an Lisa! Lebst du noch?", riss Mirella mich plötzlich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte kurz den Kopf und fragte: "Was?"
"Willst du deinen Hengst gleich mal reiten?", wiederholte Mirella ihre Frage. Ich nickte und stand auf, um mit ihr und Ben in den Stall zu gehen. Dort putzten wir Devil einmal gründlich über und sattelten ihn. Gemeinsam gingen wir dann zu einem der Reitplätze, wo ich mich auf den Rücken des Hengstes schwang. Dieser blieb entspannt stehen und trug mich ruhig um die Bahn. So hatte ich direkt das Gefühl von Geborgenheit, dass ich sonst nur in dem Sattel von Darling und bei Ben hatte. Es war irgendwie komisch, aber ich fühlte mich, als hätte ich Darling unter mir.
Nun ritt ich mit dem Hengst in verschiedenen Gangarten über den Platz und übte verschiedene Hufschlagfiguren, die recht gut klappten. Die Linien waren zwar nicht perfekt, aber ich hatte ja auch nicht vor mit ihm Dressur zu reiten und für ein Springpferd reichte das alle Mal.

Etwa eine Stunde später stieg ich dann ab und brachte Devil wieder in seine Box.
"Ihr beiden passt echt gut zusammen.", meinte Mirella nun. Ich nickte nur.
"Wann willst du denn wieder anfangen zu springen?", fragte sie nach einer Weile. Das war eine gute Frage. Wann wollte ich wieder anfangen? Einerseits am Liebsten sofort, aber andererseits auch gar nicht.
"Wir gehen jetzt los und satteln dir Daisy. Die ist recht ruhig und das perfekte Pferd für den Anfang."
"Ich bin nicht am Anfang! Ich bin eher beim Neuanfang."
"Stimmt. Der Champion, der wieder anfängt."
"Das trifft es eher."
"Kommt der Champoin erstmal alleine klar? Ich hab jetzt Training mit Janina. Sie reitet heute zum ersten Mal Hatuscha.", fragte Ben nun.
"Denkst du wirklich sie kommt mit einem Hengst klar?", fragte ich. Janina ritt zwar recht gut, aber so ein Hengst kann schon manchmal ziemlich speziell sein.
"Ach. Hatuscha ist doch eigentlich recht brav."
"Ja. Eigentlich."
"Und selbst wenn nicht schadet es Janina nicht mal im Sand zu landen. Sie hat ja einen Helm auf."
"Na dann ist ja gut."
"Schafft ihr das dann alleine?"
"Klar. Geh ruhig.", mischte Mirella sich nun ein und zog mich mit sich zu Daisy. Die junge Stute kam sofort auf uns zu und beschnupperte uns neugierig in der Hoffnung, dass wir irgendwas für sie dabei hatten. Natürlich fand sie auf Anhieb die Leckerlis, die ich immer in der Tasche hatte und ich steckte ihr auch direkt eins zu, welches sie genüsslich auffraß.
"Verwöhn sie nicht zu sehr! Sonst weicht sie nie wieder von dir!", warnte Mirella lächelnd.
"Ach. Das ist mir egal.", meinte ich.
Gemeinsam putzten wir nun die Stute und sattelten sie, um dann mit ihr zum Springplatz zu gehen. Dort stieg ich auf und ritt sie erst einmal warm. Die Stute ging sofort geschmeidig vorwärts und war fast schon ein bisschen übereifrig.