Die Flucht

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Die Nacht verbrachten die Frauen in der Hütte. Kyla fiel nur für wenige Stunden in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten Morgen machten sich die Frauen auf den Weg zurück zur Burg voller Sorgen was sie dort erwarten würde.
Einige Zeit später stand Kyla im Burghof. Es roch verbrannt, über der Burg stand immernoch eine Rauchsäule. Der Boden war voller Blut und übersät mit Leichen. Geschockt und unfähig zu irgendwelchen Gemütsregungen sah sie sich um. "Vater" schoss es ihr durch den Kopf. Fieberhaft versuchte sie in dem Chaos ihren Vater zu erspähen. Doch bei dem Anblick der vielen zum Teil entstellten, toten Menschen rebellierte nun ihr Magen. Sie konnte den Anblick nicht länger ertragen. Ihr bisheriges Leben und alles was sie geliebt hatte, lag in Trümmern und war ausgelöscht. Sie rannte aus dem Burghof, brach schließlich zusammen und erbrach sich. "Das ist ein Albtraum! Das kann nur ein Albtraum sein!", sie schüttelte verzweifelt den Kopf. Als sie wieder aufsah, fiel ihr Blick auf ein Schwert, welches sie nur zu gut kannte. Sie sprang auf: "Vater?" Aufgeregt sah sie sich um. "Vater!?" Obwohl sie nicht wirklich Hoffnung hatte, lauschte sie angespannt. Sie vernahm ein schwaches Stöhnen und entdeckte ihren Vater etwas abseits liegend an einen Baum gelehnt. "Vater!", Kyla eilte zu ihrem Vater. Erschüttert von seinem Zustand nahm sie seine Hand und drückte sie an ihre Brust. Trotz seiner schweren Verletzungen schlug er die Augen auf und flüsterte ihren Namen. Tränen liefen über ihr Gesicht. Er sammelte seine letzten Kräfte: "Kyla, du..... musst.....fliehen. Sie.......suchen....... dich. Er ....... will ....dich.....haben. Geh.......Kyla..... Ein Stöhnen entwich seiner Brust, dann war sein letzter Atemzug getan. Kyla verbarg ihr Gesicht schluchzend an seiner Brust. Doch viel Zeit zum trauern blieben ihr nicht. Herannahende Reiter holten sie wieder in die Realität und sie erinnerte sich sofort wieder an die letzten Worte ihres Vaters. Rasch sprang sie auf und mit dem Dolch ihres Vaters eilte sie in den Schutz des Waldes. Die Reiter hatten sie jedoch bereits entdeckt und waren ihr dicht auf den Fersen. Den Pferden war sie in Geschwindigkeit haushoch unterlegen, so dass ihre einzige Chance darin bestand, sich im dichten Unterholz zu verstecken.
Sie presste sich in ihrem Versteck fest auf den Boden und versuchte ihren Atem zu kontrollieren. Dennoch hörte und spürte sie, dass ihre Verfolger immer näher kamen. Doch bevor sie ihr Versteck entdeckten, hörte sie das zischende Geräusch eines Pfeiles in der Luft und wie einer der Reiter getroffen von seinem Pferd stürzte. Während ihre Verfolger noch völlig überrascht waren, zischten weitere Pfeile durch die Luft, die für Kyla vernehmbar ihre Ziele fanden. "Verdammt, wo kommen die Pfeile her?" "Nichts wie weg hier!" Schließlich ergriffen die Reiter die Flucht.
Kyla warte noch bis es wieder ganz ruhig war, dann erhob sie sich vorsichtig und lautlos. Außer den getöteten Schergen des Herzogs konnte sie zu nächst niemanden entdecken. Sie nahm einem der Toten Pfeil und Bogen ab und überlegte, was sie noch gebrauchen könnte. Als sie sich wieder umdrehte, erschrak sie fürchterlich. Keine 50 m von ihr entfernt stand ein Reiter auf einem weißen Pferd und schaut sie an. Er trug ein Kettenhemd und einen Umhang. Auf der Satteldecke des Pferdes und auf dem Umhang prangte ein ihr unbekanntes Wappen. In der Hand hielt er einen Langbogen, am Sattel hing ein Köcher mit Pfeilen. Noch bevor sie etwas fragen oder sagen konnte, erschienen drei weitere Reiter. Sie nickten einander wortlos zu und verschwanden wieder im Wald ohne sie weiter zu beachten. Kyla stand da, noch völlig von dem gerade Erlebten gefangen. Es dauerte ein ganze Weile, bis sich ihre Schockstarre löste und sie wieder einigermaßen klare Gedanken fassen konnte. Sie musste sich Gedanken machen, wo sie die nächsten Nächte verbringen konnte ohne in die Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden. Sie ahnte, dass die Schergen des Herzogs nicht locker lassen und weiter nach ihr suchen würden. Da sie jedoch mit ihren Vater während der Jagd schon mehrere Wochen im Wald verbracht hatte, kannte sie sich ganz gut aus und hatte damit einen strategischen Vorteil. Bevor sie den Ort verließ, schaut noch einmal in die Richtung in die der geheimnisvolle Bogenschütze und seine Begleiter verschwunden waren. Sie hatte den geheimnisvollen Reiter und seine Begleiter noch nie zuvor gesehen. Wer war er und wo kam er so plötzlich her? Ihr Vater hätte ihr sicher Auskunft über das Wappen geben können. Ihr Vater.... Ihre Augen füllten sich mit Tränen, tapfer schluckte sie den Kloß im Hals hinunter. Dann setzte sie ihren Weg durch den Wald fort.
Es wurde bereits dämmrig im Wald als sie die Jagdhütte erreichte. Vorsichtig sah sie sich um und lauschte. Dann betrat sie die Hütte und verriegelte die Tür. Sie holte aus einer Kiste ein paar Decken und bereite ihr Lager. Sie wagte es nicht ein Feuer anzumachen aus Angst, der Rauch oder das Licht könnte ihren Aufenthaltsort verraten. Mit dem Messer in der Hand fiel alsbald in einen traumlosen, unruhigen Schlaf.

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