Drei Tage war Kyla schon ohne Bewusstsein und man machte sich große Sorgen um sie. Die Frauen insbesondere Jo's Mutter taten ihr bestes, doch letztlich konnten sie nur hoffen, dass sie bald wieder erwachen würde.
Kyla kam langsam wieder zu sich, ihr Körper schien den schweren Kampf gegen den Tod langsam zu gewinnen. Dennoch fühlte es sich für Kyla an, als hätte sie sich sämtliche Knochen gebrochen. Außerdem spürte sie einen großen Druck auf ihrem Brustkorb und hatte das Gefühl kaum Luft zu bekommen. Da sie sich jedoch kaum bewegen konnte, kam bei ihr Panik auf. Dann spürte sie eine sanfte Berührung an ihrem Arm und jemand strich ihr über den Kopf. Sie hörte ein Stimme, die beruhigend klang. Langsam beruhigte sie sich wieder und schlief erneut ein.
In einer Vision sah sie Eric auf seinem weißen Pferd mit seinem prachtvollem langen Umhang und seinem Langbogen auf sie zu reiten. Kurz vor ihr brachte er sein Pferd zu stehen. Er sprang aus dem Sattel und kam auf sie zu. "Kyla, wie kann ich dich beschützen wenn du mir einfach davon läufst.", seine Stimme klang mehr besorgt als ärgerlich. Er sah sie liebevoll mit seinen haselnussbraunen Augen an. Sie wollte gerade etwas antworten, als ein Blitz zwischen sie fuhr und sie von einer Druckwelle zurückgestoßen wurde. Zunächst konnte sie durch eine Wand aus Rauch nichts sehen. Nur langsam lichtete sich der Rauch und sie sah in einigen Metern Entfernung eine Gestalt mit langem Mantel und großer Kapuze. Die Gestalt erinnerte an ihre Begegnung in der Stadt und auch an den Mann, der sie im Verließ versorgt hatte. Der Fremde zog die Kapuze ab. Sein Gesicht war von einer Ledermaske verdeckt. Sie schaute sich suchend um: "Erik?! Wo ist Erik?" Der Fremde sprach: "Verzeih' mir bitte, dass ich dich nicht gut genug beschützen konnte, wie ich es damals geschworen hatte. Du hast einen besseren Mann verdient. Und dennoch, du hast mich so in deinen Bann gezogen von der ersten Minute an als ich dich sah, mein Herz ist dein für immer. Doch werde ich mit der Gewissheit leben müssen, dass ich niemals mit dir, geliebte Kyla, zusammen sein werde." Entsetzt hatte sie die Worte vernommen. "Erik? Erik, was ist denn bloß geschehen?", fragte sie verwirrt und entsetzt. Sie wollte zu ihm doch, eine unsichtbare, undurchdringliche Wand schien sie zu trennen. Der Mann mit der Maske wand sich ab und schien sich entfernen zu wollen. "Nein, Erik, geh' bitte nicht, ich brauche dich noch. Die bist doch mein Schutzengel." Doch entsetzt musste sie zusehen wie die Gestalt sich immer weiter entfernte und schließlich im Nebel verschwand. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie fühlte sich plötzlich so hilflos und allein. "Hey, Kleines, hast du Schmerzen oder was bedrückt dich so?", hörte sie eine besorgte Frauenstimme fragen. Die Stimme war ihr irgendwie vertraut. Sie schien doch nicht ganz allein zu sein. Dies beruhigte sie ein wenig und sie fiel erschöpften in einem traumlosen Schlaf.
Als sie das nächste Mal erwachte, hatte sich der Schmerz in ihr linkes Bein und linke Schulter zurückgezogen und der Druck auf ihrer Brust hatte nachgelassen. Langsam öffnete sie die Augen und schaute in vertraute Gesichter, die sie freundlich anlächelten. "Willkommen zurück, Kyla!", begrüßte sie eine freundliche Frauenstimme. Jo's Mutter strich ihr mit einem kühlenden Tuch über ihre Stirn. Kyla öffnete ihren Mund, doch Marta legte ihr den Finger auf den Mund und schüttelte den Kopf. "Schschscht. Nicht reden, Liebes. Alles wird wieder gut.", lächelte sie Kyla an. "Ruhe dich nur aus und schlaf jetzt." Kyla nickte und schloss wieder ihre Augen. Immer wieder sah sie Erik im Traum, wie er sie anlächelte. Doch er war für sie unerreichbar, denn immer wenn sie ihn versuchte zu erreichen, verschwand er und der Mann mit der Maske erschien und sah sie mit starren Augen an.
Als sie das nächste mal ihre Augen aufschlug, schien die Sonne ihr warm ins Gesicht. Sie lag nicht mehr in der Hütte sondern jemand hatte ihr Lager unter freiem Himmel aufgebaut. "Unsere Heldin hat ihr Lächeln wieder gefunden.", rief eine männliche Stimme. Und tatsächlich tat ihr die frische Waldluft und wärmende Sonne ihr sichtlich gut. Marta stellte zufrieden fest, dass Kyla's Gesicht nicht mehr so blass war. Die Heilung ihres geschundenen Körpers schritt immer weiter voran.
Ein paar Tage später wollte sie schließlich von Jo wissen, was damals im Schloss und danach passiert war. Jo berichtete davon, dass sie den Erzählungen nach auf der Flucht nach dem Tod des Herzogs aus dem Fenster gesprungen sei. Ein Mann mit großem Umhang und Ledermaske habe sie halb tot ins Lager gebracht und sei dann wieder verschwunden. Gebannt hatte sie ihm gelauscht und dabei kamen ihre Erinnerungen teilweise wieder. Was vor ihrem Sprung aus dem Fenster geschehen war, wusste sie nur zu genau. Doch der Bericht über den Mann mit der Ledermaske hatte sie aufgewühlt und wieder dachte sie an ihre Vision mit Erik und eben diesem Mann. Er schien tatsächlich zu existieren. Bevor sie allerdings mehr über den Fremden herausfinden konnte, beendete Marta energisch Jo's Bericht. "Genug jetzt! Siehst du nicht wie sie die Erinnerungen aufwühlen? Aufregung hatte sie nun schon wahrlich genug. Jetzt muss sie sich erholen und wieder gesund werden." Kyla seufzte leise, Marta hatte ja recht. Kyla ließ sich erschöpft in die Kissen fallen und schloss müde die Augen.
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Wohin dein Herz dich führt
Ficção HistóricaKyla wächst als einziges Kind eines Edelmannes auf der Stammburg der Familie auf. Da ihre Mutter früh stirbt, muss Kyla schnell lernen, selbstständig zu werden. Ihr Vater nimmt sie von klein auf mit auf die Jagd und lehrt sie mit Schwert und Pfeil u...