Kapitel 5.

314 11 0
                                    

           

Es war mitten in der Nacht, als ich wieder Wach wurde, Josh lag nicht mehr neben mir, weshalb ich mich verwirrt in meinem Zimmer umsah und ihn am Fenster stehen sah. Er sah in die Nacht hinaus, als ob er etwas suchen würde, doch fürs suchen, war die Welt und die darum liegende Galaxie zu groß. Er hielt einen leuchtenden Joint in seiner Hand, ich blickte von seiner Hand aufwärts, er hatte weder ein Oberteil, noch eine Hose an, er stand an meinem Fenster, mit einem Joint in der Hand, bloß in Boxershorts begleitet. Ich sollte öfter so aufwachen. Als er nach mehreren Minuten immer noch, wie versteinert aus dem Fenster blickt, versuche ich aufzustehen, dabei durchströmt ein Stechender Schmerz meinen ganzen Körper und ich schreie laut auf. „Mir wäre es lieber, wenn du unter mir so schreien würdest." Murmelte er. „Hilf mir hoch." Flehte ich ihn voller Schmerzen an. Sofort stand er neben meinem Bett, immer noch mit dem Joint in der Hand und zog mich mit Leichtigkeit hoch. „Wieso tust du das?" Fragte ich auf den Joint deutend. Er ließ sich langsam neben mich fallen, lag nun quer auf dem Bett und zog langsam an dem leuchtenden Ding. Als ob er dadurch Leben in sich pumpen könnte, zog er immer heftiger, bis er den Rauch kräftig einatmete und wieder auspustete. Es sah so einfach, so elegant aus, wie er es tat, als ob es ihn nicht töten, sondern unsterblich machen würde. Es passte. „Es hilft mir." „Wobei?" „Zu vergessen, wer ich bin." „Warum willst du vergessen, wer du bist?" „Ich will nicht vergessen wer ich bin, ich will vergessen wer ich war und wie ich sein werde." „Wie wirst du sein?" „Tod, begraben unter der Erde irgendeines Friedhofs in Florida. Verrottet, vergessen, leer." Mein Atem stockte einen Moment, ich sah ihn an, sah wie seine Augen sich in die Decke bohrten. „Wieso willst du dann vergessen wer du warst, wer du jetzt bist? Wir werden alle eines Tages sterben, aber zählt nicht genau, was wir jetzt machen? Genau jetzt in diesem Moment, zählt nicht genau das?" Er sah mich nicht an. „Hast du dir noch nie gewünscht weg von hier zu kommen? Hast du dir noch nie gewünscht tot zu sein? Dem Leben zu entkommen?" „Ich musste nie wegkommen, weil ich nie da war, für niemanden." Nun sah er mich an, sah mich an, als ob er nie etwas Anderes gesehen hätte. „Ich sehe dich, Grace." „Aber vor dir will ich nicht davonrennen. Für dich, würde ich hierbleiben." Er lächelte leicht und sah dann wieder an die Decke. „Aber was ist, wenn ich weg von hier möchte? Wenn ich weg möchte und dich mitnehmen möchte?" „Dann würde ich mitkommen." Die Worte kamen aus meinem Mund ohne zu zögern, doch sie sagten die Wahrheit, denn ich würde mit ihm gehen, egal wohin sein Weg mich führt. „Warst du schon mal außerhalb von Amerika?" „Nein, noch nie. Das musste ich auch nie." „Es geht nicht darum, was wir müssen, es geht darum, was wir können. Wir können raus aus Amerika, wir können machen was wir wollen, wir können sterben und ich kann kiffen. Ich muss nicht, aber ich kann." „Kannst du mich auch Küssen?" Und das tat er, ohne zu zögern. Unsere Lippen bewegten sich Synchron, als wären sie für einander geschaffen, seine Hände passten perfekt auf meine Wange und perfekt um meinen Hals, unsere Körper schmiegten sich aneinander, als hätten sie Jahre auf diesen Moment gewartet. In mir explodierte ein Feuerwerk, meine Schmetterlinge wollten ausbrechen, sie wollten raus aus diesem kleinen Körper, sie brauchten Platz, mein ganzer Körper kribbelte und schmerzte gleichzeitig, als wäre er kurz vorm Explodieren, so wunderschön. Als er sich von mir löste, lächelte er. „Ich muss nicht, aber ich kann." Ich lachte. „Grace, ich bin kein einfacher Mensch, aber Gottverdammt, bitte hau ab mit mir, bitte küss mich, bis in den Tot." Und genau das werde ich tun, bis in die Ewigkeit. „Josh, lass uns abhauen." War das letzte was ich sagen konnte, bevor seine Lippen erneut auf meine trafen und diesmal explodierte jede Faser meines Körpers.

„Spring!" Josh stand unter meinem Fenster und hielt seine Arme für mich offen, ich hatte ihm zwar gesagt, dass wir auch durch die Tür gehen konnten, aber er fand es aufregender so. Unsere Diskussion von eben, brachte mich noch immer zum Lächeln und ohne Nachzudenken, sprang ich in seine Arme. Gemeinsam, Hand in Hand rannten wir durch Venice, einer 20.748 Einwohner Stadt in Florida. Wir liefen solange, bis wir am Strand ankamen und einfach geradeaus ins Wasser liefen. Laut schrie ich auf, mein Rücken schmerzte noch immer etwas, doch ich ignorierte es, jetzt hingegen war es die Kälte, die meine Knochen zum Schmerzen brachte. Wir schmissen uns gleichzeitig in die Welle und ließen uns vom Wasser zurück zum Strand tragen, wir ließen uns in den Sand fallen und blickten in den Himmel, der heute von unheimlich vielen Sternen bedeckt wurde. „Manchmal frage ich mich, ob es stimmt, ob da oben wirklich mehr ist, als wir denken." Flüsterte ich. „Vielleicht ist da oben auch weniger, als wir uns erhoffen." Antwortete er und zeichnete mit seinen Fingern etwas in den Sand. „Du zeichnest gerne, stimmt es?" „Ja, es befreit mich. Was hast du damals eigentlich in Kunst gezeichnet?" Die Frage überraschte mich. „Das Utensilien regal und du?" „Dich." Ich sah ihn an, wie so oft in den letzten Tagen, doch er zeichnete weiter im Sand herum, weshalb ich mich seitlich neben ihn setze und auf seine Finger starrte. „Vielleicht will ich auch gar nicht das da oben mehr ist, wenn ich sterbe, möchte ich einfach tot sein und nicht im Paradies." „Stellst du es dir nicht schön vor?" „Nein, wenn du lebst, musst du irgendwann endgültig sterben, hier auf Erden hast du genug Zeit zu genießen, zu leiden, zu leben, zu weinen, zu sterben. Das alles will ich machen, wenn ich lebe nicht, wenn ich tot bin. Ich will in keinem Paradies weiterleben, ich will bloß unter der Erde verrotten." „Du hast schöne Vorstellungen von der Zukunft." Lachte ich, auch er tat es. „Was stellst du dir unter deinem Leben vor?" Ich überlegte kurz, ehe ich antwortete. „Ich möchte eine Familie haben, glücklich werden, Geld." „Komm schon, ist das alles?" Unterbrach er mich, in diesem Moment fiel mir auf, dass ich noch nie ernsthaft über mein Leben nachgedacht hatte, noch nie geplant habe, was ich nach der Schule machen möchte, ich hatte immer nur Träume, kleine unbedeutende Träume. „Der Rest ist alles Träumerei." Er sah mich still an. „Aber das ist was dich ausmacht, deine Träume und nicht, was die Gesellschaft von dir verlangt. Du kannst Dinge machen, du musst es aber nicht. Schon vergessen?" Ich lächelte leicht und dann begann ich zu erzählen, zum ersten Mal in meinem Leben, redete ich über meine Zukunft. „Ich möchte Autorin werden, Menschen mit Worten begeistern, weil sie begonnen haben, viel zu sehr auf Taten zu warten, sie erwarten mehr Taten, als Worte. Ich möchte daran erinnern, dass die Wörter, die wir nicht aussprechen, auch keine Taten jemals für uns erwähnen werden, wir werden uns weniger über das beschweren, was wir hätten tun können, als das, was wir hätten sagen müssen. Ich will schreiben, Gedichte, Geschichten, Poetry Slams und ich will Bücher schreiben, die begeistern. Ich weiß, das ist alles total dämlich, aber ich fühl mich in einer Welt voller Realisten, wie eine Außenseiterin." „Das ist nicht dämlich, dass ist das schönste was ich je gehört habe." Ich grinste Stolz. „Und du? Was möchtest du tun?" „Reisen. Ich möchte einfach Reisen, die Welt Kennenlernen, Menschen beobachten, lernen, warum sie glücklich sind, warum sie denken, wie sie denken, warum sie lachen, wie sie lachen. Ich möchte das Leben leben, durch andere sehen, warum es sich lohnt zu leben. Hinterfragen, warum ich leben muss." „Du musst nicht, du kannst es. Und du kannst Reisen, reisen um die ganze Welt!" Ich stand auf, zog ihn mit mir hoch und begann zu rennen, immer schneller und immer weiter. „DU kannst Leben, Josh Parker."

Als ich aufwachte, lag ich in starken Armen und mein Rücken schmerzte, ich versuchte mich zu bewegen, meine Hand auszustrecken, doch alles was ich zu fassen bekam, war Sand. Moment Mal, ich setze mich Ruckartig auf und sah mich um, wir waren am Strand eingeschlafen, unter irgendeinem Hügel. Als ich mich versichert hatte, dass Josh noch schlief, stand ich ganz auf und lief mit langsamen Schritten auf das Wasser zu, mein Rücken schmerzte höllisch und auch meine anderen Knochen waren nicht auf Frieden aus. Die ersten Wellen berührten meine Füße, mit schnelleren Schritten ließ ich mich endgültig ins Wasser fallen, was meinen Körper zu entspannen schien, ich schwamm ein paar Mal hin und her, bis ich eine Gestalt auf mich zukommen sah, Josh war wach. Schnell schwamm ich zurück zum Strand und lies mich dort, von Josh in seine Jacke hüllen. Lächelnd machten wir uns auf den Heimweg, wir wussten beide, dass unsere Eltern ausrasten würden, aber keinen von uns schien das zu interessieren. Kurz bevor wir mein Zuhause erreichten, drückte ich mich noch einmal an Josh, der mich musterte, schnell lächelte ich ihn schüchtern an und stieg dann die Eingangsstufe hoch. Doch noch bevor ich die Tür aufschließen konnte, zog Josh mich zurück, sah mir in die Augen und gab mir einen liebevollen und wunderschönen Kuss auf die Stirn. Aus meinem Lächeln wurde ein Grinsen und auch er grinste vor sich hin.

Anders als wir erwartet hatten, waren unsere Mütter noch nicht zurück und auch unsere Brüder schliefen noch, weshalb Josh sich auf ins Gästezimmer machte und ich mich erschöpft in mein Bett fallen ließ. Ich schlief erneut mit einem fetten Grinsen auf meinen Lippen ein. 

als WyJ

My favorite badboy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt