Kapitel 11.

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„Glaubst du an Wunder, Grace?" „Habe ich nie, bis du in mein Leben getreten bist." „Ich werde nie der sein, der dich verdient." „Du bist aber der dem mein Herz gehört." Es war mittlerweile mitten in der Nacht, Josh und ich lagen eng umschlungen in meinem Bett und starrten an die Decke, es fühlte sich richtig an, mit ihm hier zu liegen, mit ihm zu reden, zu ihm ehrlich zu sein. Ich habe die Menschen, die ihre Gefühle verheimlichen und so tun als hätten sie keine, sowieso nie verstanden, warum also nicht einfach ehrlich und offen sein? Ich möchte, dass Josh weiß, wie ich zu ihm stehe, genauso verlange ich das gleiche von ihm. „Weißt du Grace, während unsere Eltern im Urlaub sind, sollten wir auch wegfahren. Raus aus dieser Stadt und irgendwo anders hin, wir beide." Ich sah ihn nachdenklich an, es spricht nichts dagegen, einfach wegzufahren und auch die Vorstellung mit ihm zu sein, ist zu schön um nein zu sagen, aber wohin? „Wohin willst du?" Fragend sah ich ihn an. „Überallhin, Los Angeles, New York, Miami, Florenz, Paris, Berlin, London, Auckland, Sydney, Hauptsache weg von hier. Diese Gegend kotzt mich an, überall falsche Leute, niemandem dem du vertrauen kannst oder vertrauen möchtest, alle reden nur noch von der Zukunft, während ich keine Ahnung habe, von dem was ich später machen möchte. Ich will Studieren, Englische Literatur und Philosophie, aber was wird man damit schon? Es lastet nur noch Druck auf mir, mach das, mach dies, mach jenes, das machst du falsch, dies machst du falsch, Bewerbe dich endlich fürs College, mach endlich was Sinnvolleres als bloß zu Lesen." „Lass uns nach Miami, in die hässlichste Gegend, damit unsere Gedanken schöner, als unsere Umgebung sind. Ich wollte schon immer einmal in einem kleinen Café arbeiten, ich liebe diesen Kaffee Geruch, Menschen zu beobachten, zu sehen, wie sie sich geben. Lass und weg von hier, Josh. Nur wir beide." Eine Zeit lang war alles still, bis ich nach Josh Hand suchte und sie in meine nahm, er nickte leicht und flüsterte ein leises „Lass uns weg." Und nachdem er dies sagte, sprang ich auf, schnappte mir meine Reisetasche und begann zu packen, schmiss einfach irgendwelche Sachen hinein, rannte ins Badezimmer um meine Kosmetiksachen (Zahnbürste usw.) zu holen, als ich wieder ins Zimmer stürmte, lag Josh immer noch da und sah mir gespannt zu, wie ich meine Sachen packte. Mit Anlauf sprang ich auf ihn drauf, sodass ich auf seinem Becken landete und sah ihm grinsend ins Gesicht „Aufstehen das Leben wartet auf dich, Bad Boy." Er lachte und lies sich von mir hochziehen. „Du meinst das ernst, oder?" „Ich bin keine Träumerin, ich lebe lieber." Wir sahen uns lange an, seine Augen bohrten sich in meine und ließen mich nicht mehr los, erst als unsere Lippen sich erneut vereinten, schlossen wir unsere Augen und ließen all unseren Gefühlen, in nur einem Kuss, freien Lauf. Als wir uns wegen mangelnder Luft voneinander lösten, grinsten wir wie zwei Idioten. Ehe er sich umdrehte um aus dem Raum zu gehen, bevor Josh aber ganz durch die Tür verschwunden war, rief er noch ein „Na dann mal los." in meine Richtung. Und keine zwei Stunden später ging sie los, die Reise unseres Lebens.

Venice ließen wir schnell hinter uns, auch das Meer neben uns, machte den Städten platzt, Beton um Beton türmte sich neben uns, ab und zu ein kleiner Fluss, der dem Beton aber schnell wieder Platz machte. Wir hielten selten, nur wenn es ganz dringend war, essen hatten wir von Zuhause mitgenommen, genauso wie Decken und alles andere Wichtige. Wir fuhren und fuhren, fuhren durch Städte, durch kleine Dörfer, über Autobahnen, über Landstraßen, durch Wälder und über Brücken. Stunde um Stunde starrte ich aus dem Fenster und sah zu, wie die Welt vor meinen Augen zu verschwimmen begann, wie das Gefühl von Freiheit mich einnahm und wie sicher ich mich, hier neben Josh fühlte. Auch Josh starrte geradeaus auf die Straße, ab und zu fiel sein Blick durchs Seitenfenster oder auf mich, er lächelte und es fühlte sich gut an, ihn so zu sehen. Als sich der Morgen näherte, kramte ich ein Buch aus meiner Tasche und wollte gerade anfangen es zu lesen, als Josh mich darum bat, laut zu lesen.

"...und doch ist es die Brust einer anderen Person, die uns den Rücken deckt, wir fühlen uns nur wirklich geschützt, wenn jemand hinter uns steht, jemand den wir vielleicht nicht sehen und der uns den Rücken deckt mit seiner Brust, die uns fast berührt und uns am Ende immer berührt; und wenn wir mitten in der Nacht aufwachen, aus einem Albtraum aufschreckend, oder nicht in den Schlaf finden können, da wir Fieber haben oder uns im Dunkeln allein oder verlassen glauben, dann brauchen wir uns nur umzudrehen und das Gesicht dessen vor uns zu sehen, der uns beschützt, der sich überall dort küssen lassen wird, wo das Gesicht küss bar ist- Augen, Nase, Mund; Stirn und Wangen, es ist das ganze Gesicht -, oder vielleicht im Halbschlaf uns eine Hand auf die Schulter legen wird, um uns zu besänftigen, oder um uns zu halten oder womöglich um sich festzuhalten...." (Javier Marias – Mein Herz so weiß) Ich las langsam und gleichmäßig, doch bei jedem Satz, dachte ich an den Jungen neben mir, an den Jungen, der genau diese Person für mich war, er schien das gleiche zu denken, denn seine Hand fand die meine und nahm sie, fest in seine.

6 Stunden später und viele Buchseiten später, tauchte vor uns das ersehnte Schild auf. ‚Welcome to Miami' und wir fingen gleichzeitig an zu Grinsen. Während Josh die Geschwindigkeit erhöhte, öffnete ich mein Fenster und hielt meinen Kopf hinaus. Es gab in meinem Leben wenige Momente, in denen ich mich wirklich Frei gefühlt habe, doch in diesem Moment, fühlte ich mich nicht nur so, sondern war es auch. Ich war Frei, mit Josh an meiner Seite, frei von alldem Druck der auf uns lastete. Weitere Zwei Stunden später, erreichten wir Miami dann endgültig, genau wie unser kleines Hostel, in dem wir entschieden hatten, zu bleiben. „Welcome to Miami, Baby." Flüsterte Josh von hinten in mein Ohr, während ich mich mit meinem Rücken gegen seine Brust fallen ließ. Wir haben es wirklich getan, wir sind einfach so nach Miami gefahren, ohne jemanden Bescheid zu sagen, ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, sind wir mitten in der Nacht ins Auto gestiegen, haben unsere Stadt im Rückspiegel verschwinden sehen, sind durch halb Amerika gefahren und stehen jetzt hier, vor einem kleinen Hostel, mitten in Miami. Wir hatten es geschafft. Seine Hand griff nach meiner, zusammen betraten wir das kleine Hostel und meldeten uns an, da wir nicht allzu viel dabeihatten, hatten wir innerhalb von einer halben Stunde all unsere Sachen ausgepackt und lagen nun kaputt von der Nacht, auf dem Bett. „Lass uns noch etwas schlafen, ich bin tot müde." „Ich auch." Flüsterte ich gähnend zurück. Dieses Mal hielt mich jemand fest, als ich einschlief und er hielt mich immer noch als ich aufwachte. Und ich wünschte mir nichts Sehnlicheres, als das er mich für immer festhält.

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My favorite badboy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt