Last breath

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Langsam ziehe ich meinen Ärmel hoch. Der Stoff glitt sanft über meinen Arm und man hatte einen herrvorragenden Blick auf zu viele Narben, zu viele offene Wunden. Ich hasste sie, ich hasste alles hier auf der Welt, doch am meisten hasste ich mich selber. Ich blickte die Narben ungläubisch an, murmelte immer wieder "Ich hasse dich".
Ich hatte mich im Keller eingesperrt, ich war alleine und doch fühlte ich mich beobachtet. Vor mir stand ein Spiegel, ich sah in ihn herein und blickte in ein elendes Wrack. Ich hasste alles an mir, ich war es nicht wert.
Ich ging durch die Straßen, hörte mir alle Sprüche an, wie sie alle Recht hatten, ich bin es nicht wert.
Jeden Tag versank ich in meinen Gedanken, versuchte mich auf zu muntern, doch es half nichts, sie hatten alle Recht, ich bin es nicht wert.
Leben ist nicht für jeden geeignet und so auch nicht für mich. Es ist egal wenn ich weg bin, ich habe es nicht verdient. Ich habe keine Liebe verdient, dafür bin ich viel zu unwichtig.
Ich bin nur 1 Mensch von 8 Milliarden, es wird nicht auffallen, es ist egal, völlig egal.
Die Tränen flossen wie aus Kübeln über mein blasses Gesicht, sie hinterließen kleine Pfützen auf den kalten, grauen Boden.
Wie sie alle immer miteinander lachten und wenn ich kam habe ich die gute Stimmung zerstört. Jeden fucking Tag sehe ich wie sie sich zur Begrüßung herzlich umarmten, wenn ich kam sagten sie mir was ich alles falsch mache. Es scheint so als ob jeder meiner Atemzüge ein Fehler ist, ja mein gottverdammtes Leben ist ein einziger Fehler.
1 Jahr lang habe ich auf diesen Tag gewartet, alles vorbereitet, endlich ist es soweit, endlich kann ich wie ein Engel meine Flügel ausbreiten und in die für mich bestimmte Welt gehen. Ich habe es doch versucht auf andere Wege zu lösen, doch ich fiel immer wieder in ein tiefes Loch, ich pack diesen Moment der elenden Stille nicht. Warum merkt denn keiner das ich nicht Okay bin, warum bin ich für alle so unwichtig. Ich habe doch auch Gefühle, doch ich wünschte ich hätte sie nicht, denn sie zerstören mich. Ich werde ertrinken in meinem Meer des Elends. Ich werde keinen Retter haben, ich sinke wie ein Stein, unaufhaltsam.
Verlockend sah ich wie die Aterie meines Unterarms pochte, diese miesen kleinen Adern, die mich einst mit allem versorgten werden mir nur mein Ende bringen. Ja diese Adern die meinen Körper mit allem versorgten, mit allem außer Liebe.
Ich lachte laut auf und kramte eine Klinge aus meiner Tasche. Mein Daumen strich sanft über die scharfe Seite. Die Klinge war das einzigste was mir je Liebe schenkte, mein bester Freund der mich glücklich machte und zugleich töten konnte. Das kleine Metallblättchen glänzte im hellen Mondlicht auf. Ich legte den Abschiedsbrief in meine Hand, nahm die Klinge, setzte sie an meine Ader an.
Ein letztes mal lachte ich ironisch auf und schaute durch den Raum, sah allerdings durch den Schwall von Tränen nur noch verschwommen. Ich schnitt längst meinen Arm auf, das Blut quoll wie eine Fontäne aus der Wunde, es tropte zu Boden und hinterließ eine große Pfütze. Ein quälender letzter Atemzug ging nun in meine Lunge. Mir wurde schwindelig und bevor alles schwarz wurde stellte ich mir nur diese eine Frage: "Warum musste ich erst gehen um geliebt zu werden?"

LostWo Geschichten leben. Entdecke jetzt