Magdalena

36 4 2
                                    

Anmerkung: Die Geschichte „Magdalena" bekam ein eigenes Kapitel in „Teufel in Engelsgestalt". Allerdings dort mehr aus Magnus Sicht, denn da ist es ja seine Lebensgeschichte und Kleinigkeiten verändert.


Magnus durchstreifte Europa, bis er nach anderthalb Jahrhunderten, nach Schottland kam. Dort ließ er sich auf einer Burg nieder und herrschte, als Fürst über das umliegende Land. Vorher tötete er die Adelsfamilie, die das Gemäuer, bis da bewohnt hatte und übernahm ihre Dienerschaft. Sie fürchteten ihren neuen Herrn, den sie nur abends zu Gesicht bekamen, der das Küchenpersonal entließ und anfing, Menschen in das Verlies zu sperren. Die Diener bemerkten auch, dass er keines der Schlafzimmer benutzte. Sein Aussehen war damals für einen Hochgeborenen nichts Ungewöhnliches. Die meisten Adligen waren sehr blass, so dass man ihre Adern sehen konnte. Daher auch der Glaube an das blaue Blut. Auf jeden Fall ahnten sie, dass ihr Herr kein Mensch war und das verängstigte sie noch mehr. Er bewegte sich lautlos, ließ kaum Kerzen anzünden, so dass die Diener öfters stolperten, weil sie nichts erkennen konnten. Die Mägde versteckten ihre Bisswunden von ihm, vor den anderen, wenn er mit ihm zusammengelegen hatte. Trotzdem ersehnten sie das nächste Mal mit diesem schönen, makellosen Mann. Er nahm sich gern die jungen, unberührten Mädchen und manchmal musste eine von ihnen sterben. Niemand wagte zu fragen, wo die Magd plötzlich geblieben war. Manche Merkwürdigkeiten drangen bis ins Dorf und schürten die Furcht vor dem neuen Fürst. Viele hielten ihn für den Teufel persönlich. Magnus scherte das wenig. Durch ihre Angst, blieben sie schon der Burg fern. Langsam wuchs sein Wunsch nach einer Gefährtin, aber die vielen Affären mit anderen Unsterblichen, brachten nicht den gewünschten Erfolg. Er empfand nicht viel für diese Frauen, oder nicht das was er erhoffte. Vielleicht fand er sie ja unter den Sterblichen.

Einige Jahrzehnte vergingen, bis er 1091 auf einem nächtlichen Streifzug, ein Weinen und Jammern hörte, das zwischen den Häusern hervorkam. Neugierig schwebte er zu der Stelle, von wo die Laute kamen. Er roch zwei Sterbliche und sah schließlich einen Mann, der eine junge Frau bedrängte. Er hatte sie zu Boden geworfen und zerrte ihren Rock hoch. Magnus betrachtete ihr verängstigtes Gesicht und war wie elektrisiert. Er packte den Kerl an den Kleidern, riss ihn von ihr weg und brach ihm das Genick. Den leblosen Körper schleuderte er einige Meter in die nächste Gasse. Dann wandte er sich der Frau zu. Sie zitterte noch immer vor Angst und blickte erstaunt zu dem feinen Herrn auf. Magnus nahm ihre Hand in seine und zog sie auf die Füße: "Keine Angst! Er ist tot."

„Danke, Herr.", stammelte sie. Der Unsterbliche betrachtete sie genauer, reichte ihr ein Taschentuch für ihre Tränen. Sie nahm es und fragte: "Wer seid Ihr?"

„Nenn mich Magnus! Und wie heißt du, schönes Kind?"

„Magdalena, Herr." Sie wagte nicht in seine Augen zu sehen. So schüchtern.

„Ich geleite dich nach Hause", sagte er und ließ sie vorangehen. Magdalena wischte sich mit seinem Tuch ihr Gesicht und er betrachtete sie wieder, solange sie durch die Gassen gingen. Sie war einen halben Kopf kleiner, als er, von schlanker Gestalt und unter ihrer Haube schauten einige dicke, rotbraune Locken hervor. Sie stammte wohl aus ärmeren Verhältnissen, ihrer Kleidung nach. Und wie sie sein Tuch durch die Finger gleiten ließ, hatte sie solch edlen Stoff noch nie berührt. Vor einem einstöckigen Haus blieb sie stehen: "Hier ist es, Herr! Ich danke Euch für alles." Er lächelte: "Das tat ich doch gern." Sie streckte ihm sein Taschentuch hin.

„Nein, behalte es." Diesmal sah sie ihn richtig an. Sie wollte sich an ihren Beschützer erinnern können.

'Was für wunderschöne, blaue Augen', hörte Magnus in ihren Gedanken. Er nahm vorsichtig ihre Hand und hauchte einen kaum spürbaren Kuss darauf. Ach, wie scheu sie errötete. „Lebe wohl, Magdalena!"

On the Dark SideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt