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Die Nacht ist kaum auszuhalten. Daniel liegt nur stumm da und starrt vor sich hin. Er wird das hier nicht überleben. Entweder die da draußen töten ihn oder er bringt sich selbst um.

Natürlich hat er schon schlimmeres erlebt. Das Hänseln und Ausschließen in der Schule ist um einiges schlimmer, aber auch die Jungs hier können sich sicherlich steigern.

Er seufzt und schüttelt den Kopf. Versucht sich abzulenken mit Gedanken an zu Hause, doch auch das geht nicht.

Also steht er irgendwann wieder auf, schleicht sich aus seinem Bett und tapst zum Lagerfeuer. Das Gras ist unter seinen Füßen kalt und matschig und er ist froh, dass das Feuer noch nicht ganz ausgebrannt ist, denn so kann er sich an die Wärmequelle setzen und nachdenken.

Er sieht nach oben in den Himmel, als er immer mehr zittert und denkt nach.

Und denkt und denkt und denkt,

Doch Daniel denkt nichts richtiges. Nur irgendein Zeug und als er merkt, dass das alles keinen Zweck hat, geht er wieder in sein Zelt, legt sich nun mit pitschnassen Füßen in seinen Schlafsack und schließt die Augen. Und ehe er sich versieht, ist er eingeschlafen.

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Daniel wird wach von Geschrei und Lachen und einer nun bereits bekannten Jungenstimme, die „Ollie, schlafen kannst du, wenn du tot bist!" schreit.

Daniel grunzt nur verschlafen und dreht sich auf die andere Seite. Wie spät es wohl ist? Wieso hat er keine Uhr mitgenommen? Wahrscheinlich, weil er beim Packen zu missmutig drauf war.

Wahrscheinlich wird er in den drei Wochen feststellen, dass er die Hälfte seiner Sachen vergessen hat. So wie immer, wenn er allein für den Urlaub packt.

Nur dass das hier schlecht als Urlaub bezeichnet werden kann.

Er rollt mit den Augen, als er hört wie Oliver schreit: „Wieso wirfst du mich mit Sand ab, du Penner?!"

Die beiden sind wirklich komisch.

Nach einer Weile hört er wie jemand den Vorhang seines Zeltes zur Seite schiebt. Es schaut ein braunhaariger Lukas herein, sieht sich kurz um und nickt dann zu Daniel. „Sommerdorf, richtig?"

Daniel nickt perplex.

„Frühstück."

Und dann ist der komische Junge wieder weg und hinterlässt einen stirnrunzelnden Daniel.

Dieser fragt sich, ob Lukas gestern auch gelacht hat. Denn er kann sich nicht an die Stimme unter den anderen erinnern. Kann es vielleicht sein, dass Lukas der einzige war, zusammen mit diesem Oliver, der nicht gelacht hat?

Daniel rappelt sich also auf und tapst draußen zu den anderen. Er setzt sich an einen der Tische, die zwischen den Zelten aufgebaut worden sind. Er schlingt seine Arme um sich und runzelt die Stirn. Zurzeit sitzt noch keiner an seinem Tisch.

Irgendwann sitzen alle und der Leiter, Herr Schulz, will etwas sagen, doch da kommen zwei zu spät. Natürlich sind es Oliver und Lukas.

„Hinsetzen und aufpassen. Und kommt nicht wieder zu spät zur morgendlichen Ansage!", motzt Schulz und zeigt mit starrem Finger auf Daniels Tisch. Dieser grummelt in sich hinein. Natürlich sitzen gerade die beiden bei ihm. Er wollte doch nur einmal allein essen. In Ruhe. Ohne Vorfälle.

Herr Schulz kündigt an, dass es nach dem Essen ein Spiel im Wald gibt. Genaueres sagt er noch nicht. Daniel vermutet, es wird irgendetwas stumpfes sein. Für mehr haben die Jungen hier keinen Grips...

Und dann kündigt Herr Schulz noch an, dass es Tischdienst geben wird. Nach jedem Essen muss wer die Tische abräumen und die Sachen abwaschen. Die Jungen werden in Dreierteams aufgeteilt und da es so schön passt, darf sich nun Daniel nächsten Dienstag mit Oliver und Lukas über das Tische abräumen freuen.

Er versucht positiv zu denken: Vielleicht sind sie ja nett.

Aber eigentlich ist er immer noch von seiner Theorie überzeugt, dass die die am nettesten scheinen, die fiesesten sind.

Schließlich dürfen sie sich ihr Essen holen. Während Lukas und Oliver als eine der ersten los sprinten, trottet Daniel nur langsam hinterher.

So kommt es, dass er an seinen Tisch wieder kommt und ein Gespräch der beiden Freunde mithört.

„Hast du ihr gesagt, dass Anna und du zusammen sind?", fragt Oliver gerade.

Lukas zuckt mit den Schultern. „Nee, nicht so richtig."

„Warte was? Du hast sie dich küssen lassen und ihr danach nicht mal gesagt, dass du vergeben bist?!"

Lukas schüttelt den Kopf. „Es war ja nur ein Kuss."

„Nur ein Kuss? Lukas, du kannst nicht rum rennen und Mädchen küssen, die du nicht kennst."

Lukas schnaubt. „Sie hat mich geküsst. Das ist ihr Problem, nicht meins."

Und so geht es noch zehn endlose Minuten weiter. Lukas redet über seine Freundin Anna, von der Daniel dank seiner Beschreibungen ein Bild malen könnte, bereits schon jetzt nach den zehn Minuten und Oliver belehrt Lukas, dass er Anna treu bleiben muss.

Daniel ignorieren sie und dieser könnte über nichts in diesem Moment glücklicher sein.

Nachts, wenn ich nicht dran denken muss | boyxboy  ✔️ #WattpadOscars2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt