Prolog

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Der Mann schien in Eile und sah kränklich aus, als der ältere Mann verschlafen die Tür seiner heruntergekommenen kleinen Wohnung öffnete.

"Entschuldigen Sie bitte die Störung.

Mein Telefon ist kaputt, ich muss jemanden anrufen,

es ist sehr wichtig, dauert auch nicht lang.", erklärte er ihm und setzte eine entschuldigende Miene auf.

Da der Mann müde war und einfach nur schnell wieder in sein warmes Bett wollte, ließ er den Fremden in den Flur eintreten. " Aber halten Sie sich bitte kurz, Sie wissen ja, es ist spät, ich will schlafen, und dann noch die Telefonrechnung.... ", versuchte er sich drucksend mitzuteilen, doch der Mann lächelte nur verständnisvoll, ehe er schließlich die Tür knarrend hinter sich schloss.

" Ich mache es kurz, ich verspreche es.", flüsterte er nun so leise, sodass der etwa Ende fünfzig Jahre alte Mann sich zu ihm vorbeugte, weil er ihn akustisch nicht verstand.

"Was sagten Sie? Ich-", der Rest ging in erschrockenen, gurgelnde Schreie unter, als der Fremde ihm seine spitzen Zähne in den Hals rammte und ihn zeitgleich würgte, ehe der Hausbewohner schließlich leblos an der Wand gelehnt in sich zusammen sackte und mit leeren, überrascht drein blickenden Augen an die gegenüberliegende Wand sah.

Der Mann ließ sich nun kniend nieder und legte die Stirn an seine wie zum Gebet gefalteteten Hände.

" Ich musste es tun, bitte verzeihen Sie mir.",

hauchte er und schlug die dunklen Augen auf, welche er bis eben noch geschlossen hatte, beugte sich zum Hals der Leiche und versank die Zähne in dem noch warmen Fleisch.

Under neon lights- The Chemical Brothers

POV-?

Laut vibrierte die Musik durch ihre Kopfhörer in die Ohrmuschel

und für einige Sekunden schloss sie in der Dunkelheit der Nacht die Augen, 

welche nur noch vereinzelt von Laternen erleuchtet wurde,

während sie fast wie auswendig ihren täglichen Nachhauseweg entlangging.

Die Snare, die Hi Hat, die Bassdrum, die Tom Tom's schepperten in ihrem Kopf,

als sie nun mit offenen Augen in die Straße einbog.

Sie wollte gerade ihren Schal enger um den Hals binden, 

da die Temperaturen um einiges kühler in den letzten Tagen geworden waren,

als sie dabei versehentlich gegen das Band der Kopfhörer kam und 

diese herausriss. Innerlich fluchend blieb sie stehen und wollte

die Billigstöpsel genervt aufschnaufend wieder in die Ohren stecken, 

als sie von nicht weiter Entfernung etwas hörte, was sie aufhorchen ließ.

Abrupt verharrte sie in ihrer Bewegung, stopfte hastig die Kopfhörer in die

kühle Lederjacke und schulterte leise ihren Turnbeutel,

während sie aufmerksam und etwas ängstlich die Herkunft des Geräusches

ausfindig zu machen versuchte und angestrengt vor sich hin starrte,

um vielleicht eine Person oder so zu bemerken.

Keine Sekunde später ertönte ein unmenschlich klingender Aufschrei,

von dem sie sich aber sicher war, dass ein Mensch es von sich gegeben hatte.

Um nicht auf sich aufmerksam zu machen, presste sie schnell

ihre Hand gegen den Mund, um ihr leises Keuchen zu unterbinden.

Irgendetwas passierte da, und irgendeinem verdammt dummen

Impuls folgend ging sie über die Straße zu der Geräuschquelle.

Auch wenn sie jetzt, wo sie keine Brille aufhatte und quasi  

schon recht blind in der Dunkelheit der Nebenstraße war, 

in welche sie nun schlich, strengte sie dennoch jeden Muskel ihres Sehnervs an,

als ihre Augen tatsächlich eine dunkel gekleidete Gestalt aus einer etwa drei Nummern

entfernten Wohnung schreiten sah. Die schattenhafte Person ging etwa bis zur

Mitte der todstillen Straße, blieb jedoch abrupt stehen und starrte in ihre Richtung.

Beinahe war es so, als würde der Unbekannte sie mit einem bloßen Blick

an Ort und Stelle festhalten wollen, doch ihr Überlebensinstinkt scheuchte die Frau 

nach einiger Zeit aus ihrer Schockstarre und bevor sie es realisierte, 

trugen ihre Füße sie fast wie automatisch von dem unheimlichen Ort weg.

Panisch und ertappt rannte sie so schnell, als würde es um ihr Leben gehen.

Naja, an einem Freitag um 00:25 konnten gewiss seltsame Menschen in Berlin

unterwegs sein, dachte die junge Frau und  nach einer Ewigkeit, in der sie einfach nur

lief, auch wenn ihre Lungen schon höllisch brannten und ihre Beine nach einer Pause

flehten, blieb sie nicht stehen, nicht einmal in den zehn Minuten, bis sie

endlich den willkommenen Wohnblock aus etwa fünfzehn Metern erkannte

und sie mit letzter Kraft einen letzten Sprint hinlegte, den Schlüssel fast schon aus der

Stofftasche riss und mit zittrigen Händen sowie nach Luft japsend den Schlüssel im Schloss umdrehte, während sie sich panisch nach allen Seiten umdrehte,

weil sie befürchtete, er wäre ihr gefolgt. Wobei sie sich nicht einmal sicher war,

dass das ein Mann war. Durch das leichte Schimmern einer etwas defekten 

Straßenlampe konnte sie lange Haare sehen. Frauen konnten genauso

brutal und eiskalt wie Männer sein, dachte sie fröstelnd, trat schnell in den Flur und 

schloss noch immer mit leicht rasselndem Atem die Tür hinter sich,

ehe sie dann ihre Haustür am Ende des Flures öffnete und sofort das klapprige

Vorhängeschloss vor der Eisentür anbrachte und endlich, 

noch etwas schwer atmend, sich gegen das kühle Metall sinken ließ.

Diese Nacht würde sie garantiert so schnell nicht vergessen.

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