Kapitel 8

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Ich hatte nie gedacht, dass das einfache Klingeln, welches man hörte während man darauf wartete, dass der andere Gesprächspartner abnahm, mich jemals so nervös machen würde. Jetzt saß ich hier mit meinem besten Freund und warteten darauf, dass endlich jemand abnahm. Wir riefen jetzt schon zum vierten Mal an, doch bis jetzt waren wir erfolglos. „ Stell schon mal auf laut!", forderte Cat, die gerade eben dazu gekommen war und jetzt natürlich über alles Bescheid wusste, Henry auf. „ Sophia Simons?", hörte man eine mädchenhaft klingende Stimme am anderen Ende der Leitung. Sie hatte anscheinend noch mehr Kinder. Henrys Finger schwebte schon über dem ‚Auflegen'-Knopf, doch ich entriss ihm sein Handy. „ Hallo, hier ist Alexis Garcia, könnte ich eventuell mal deine Mutter sprechen?", sagte ich unsicher in den Lautsprecher. „ Ja klar, aber sie kauft generell nichts am Telefon, also falls Sie deshalb anrufen, brauchen Sie es gar nicht zu versuchen." „ Nein, nein, deshalb rufen wir nicht an, könntest du sie eventuell mal ans Telefon holen?" Während das Mädchen am Telefon ihre Mutter suchte, stellte ich das Mikrofon auf stumm.

„Sie hat mindestens eine Tochter, verdammt nochmal, leg bitte einfach auf, es bringt eh nichts", flehte Henry mich an. „ Jessica Simons", unterbrach uns die Stimme, die anscheinend Henrys Mutter gehörte. Keiner sagte etwas, wir alle waren erstarrt, zu geschockt um zu antworten. Ich glaube, keiner von uns dreien hatte damit gerechnet, dass wir heute noch mit Henrys leiblicher Mutter reden würden. „ Hallo ist da jemand?", klang es aus Henrys Handy. Ich drückte ihm das Handy in die Hand, doch er legte es sofort wieder auf den Tisch, als hätte er sich daran verbrannt. Zögernd hob ich das Handy hoch, stellte das Mikrofon wieder auf laut und begann zu sprechen. „ Hallo, ich heiße Alexis Garcia. Ihre Tochter hat uns schon gesagt, dass Sie nichts am Telefon kaufen, aber deshalb rufen wir nicht an. Es gibt jemanden, der sie sprechen möchte..." Jetzt war Henry an der Reihe und er wusste, dass er sich nicht mehr rausreden konnte. „ Äh hallo, hier ist Henry Schmitz", zögerlich sah er mich an, „  ich habe Ihre Nummer von meinem Vater bekommen... Andreas Schmitz." Hörbar atmete Mrs. Simons aus. „ Oh mein Gott, Henry... Henry", ihre Stimme war nur mehr ein Hauchen, leise und sanft, fast so, wie eine leichte Brise Wind. Sie klang nicht geschockt, ich dachte fast, ich würde Erleichterung hören. Man hatte wirklich das Gefühl, sie wäre froh. Ob sie wohl auf einen Anruf von Henry gehofft hatte? „Ich dachte, ich würde nie wieder etwas von dir hören, nachdem dein Vater das Sorgerecht für dich bekommen hat. Hast du die Briefe gelesen? Was ist mit den Geschenken, die ich jedes Jahr zu deinem Geburtstag geschickt habe?"

Jetzt war es Henry, der uns entsetzt anschaute. Wir alle waren sprachlos. Henry war anscheinend sein ganzes Leben lang mit einer riesigen, unverantwortlichen und gemeinen Lüge aufgewachsen. „ Geschenke, Briefe?", fragte er uns stumm. „ Moment, das heißt, Sie haben meinen Dad nicht verlassen?" Henry hatte einen nervösen Gesichtsausdruck und allein an seiner Stimme konnte man die Angst, die ihn im Moment zierte, erkennen. Jessica stockte erschrocken. „ Das hat Andreas dir erzählt?", fragte sie entsetzt, „ oh und sprich mich doch ruhig mit Du an, du bist schließlich mein Sohn." Ihre Stimme war zart und weich, lange nicht mehr so leise wie vorhin. Die beiden schienen früher eine starke Bindung gehabt zu haben, denn jede Sekunde fiel es Henry und seiner Mutter leichter, miteinander zu reden  „Aber Dad hat mir die ganze Zeit erzählt, dass Sie... äh, ich meine du, ihn verlassen hast. Er hat gesagt, du wärest eines Morgens einfach weg gewesen." „ Das stimmt nicht Henry, er hat dir was Falsches erzählt. Ich habe, nach der Scheidung, um das Sorgerecht für dich gekämpft, aber er hat dich mir einfach weggenommen." Henry standen schon die Tränen in den Augen und ich wusste, dass er so nicht weiter telefonieren könnte, deshalb übernahm ich das Sprechen. „ Hallo Mrs. Simons, ich bin es nochmal, Alexis, eine gute Freundin von Henry und um ehrlich zu sein, haben wir nicht ohne Grund angerufen. Andreas hat Henry einfach rausgeschmissen und ihm gesagt er solle sehen, wo er bleibt. Er hat ihm nur Ihre Nummer gegeben und jetzt wollte Henry sich zumindest mal mit Ihnen treffen." Für einen Moment schien Jessica Simons zu überlegen. Dann kam eine Antwort:„ Das könnte schwer werden, ich wohne nicht mehr in Deutschland. Ich bin nach Amerika gezogen um hier zu arbeiten. Inzwischen habe ich einen neuen Mann und zwei wundervolle Kinder",

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