Kapitel 13

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„ Meine Eltern wollen sich trennen und Emily hat auch mit mir Schluss gemacht", er brauchte einige Anläufe bis er es geschafft hatte, einen vernünftigen Satz zu Stande zu bringen. Ich war viel zu geschockt um irgendwie reagieren zu können. Emily und James waren das perfekte Paar und ich konnte mir nicht vorstellen, was für einen Grund es geben könnte, dass die beiden sich trennen würden. Vor allem hatte sie es vorhin mit keinem Wort erwähnt. Tja, anscheinend gab es doch einen. Ich brauchte ziemlich lange, bis ich mich von dem Schock erholt hatte, als mir dann der andere Teil des Satzes wieder einfiel. „ Warte, warum wollen deine Eltern sich scheiden lassen?" Ich bekam keine Antwort, stattdessen ließ sich James gegen meine Zimmerwand senken, vergrub den Kopf in seinen Händen und saß jetzt vor mir, wie ein verängstigtes Kleinkind. Ich hatte keine Ahnung, wie ich reagieren sollte. Was tat man, wenn der betrunkene beste Freund vor einem saß und der Verzweiflung nah war? Schnell suchte ich mein Handy und wählte Henry's Nummer. „Kannst du bitte, bitte vorbeikommen? Ich hab keine Ahnung, was ich machen soll!" Zehn Minuten später war er hier. „ He Kumpel, du brauchst erst mal 'nen Kaffee! Komm mit, wir gehen in die Küche." Ich war froh, dass Henry hier war, denn er wusste wie er mit einem Jungen in so einer Situation umgehen musste, zumindest mehr als ich. Nachdem die beiden aus meinem Zimmer verschwunden waren, fiel mir auf, dass ich immer noch meine Sportsachen anhatte und vermutlich bestialisch stank.

Als ich wieder aus der Dusche kam, fühlte ich mich sofort besser. Ich zog mir eine einfache Leggins und einen viel zu großen Pulli von Mason an. Dann schnappte ich mir mein Handy, wählte Emilys Nummer und machte mich auf den Weg runter ins Wohnzimmer? Sie hob direkt nach dem ersten Klingeln ab. „Hey!" Ohne zu antworten fragte ich:„ Was ist Bitteschön passiert?", mein Ton mochte nicht der freundlichste gewesen sein, aber ich fand es einfach unfassbar, dass sie so gut gelaunt war, nachdem sie mit James Schluss gemacht hatte. „ Nichts, wieso?" Ich konnte es nicht glauben, sie reagierte, als würde ihr Leben perfekt und mit rosa Einhörnern UND Cupcakes, ich liebte Cupcakes, verziert sein „ Achso und das nennst du nichts!", mein Tonfall wurde mit jedem Satz härter. „Emily, du willst mir nicht ernsthaft erzählen, dass nichts ist! Sag mal, hier sitzt ein völlig aufgelöster und vor allem betrunkener James in meinem Wohnzimmer und schluchzt sich die Seele aus dem Leib. Jetzt kommst du und willst mir sagen, dass 'nichts' los ist? Echt unverschämt!" Ich hörte ein leises 'oh mein Gott' aus dem Telefon. Als Emily dann antwortete, klang sie total hilflos:„ Ist alles okay mit James? Was hab ich gemacht, dass du so sauer bist? Kann ich vorbeikommen? Bitte!" Es schien, als hätte sie komplett vergessen, dass sie Schluss gemacht hatte. „ Dir ist schon klar, dass du mit James Schluss gemacht hast und jetzt willst du plötzlich hier vorbeikommen und machst dir Sorgen. Da kann doch irgendwas nicht normal sein bei dir!" Es tat mir weh, meine beste Freundin so zu beleidigen, aber im Moment sprach die bloße Wut aus mir. „ Ich hab doch gar nicht mit James Schluss gemacht!" Emily war aufgelöst und fing an zu schluchzen. Aber wenn sie nicht Schluss gemacht hatte, wie kam James dann da drauf? „ Okay, pass auf Emily, es tut mir wirklich leid. Du bist doch meine beste Freundin und ich glaube dir, wenn du sagst, dass du nicht mit James Schluss gemacht hast. Willst du noch vorbeikommen?"

Zwei Minuten später klingelte es an der Haustür. Emily hatte sich wirklich beeilt, hier hin zu kommen. „ Kann ich zu James?" Es klang als würde er auf der Intensivstation liegen und es würde um Leben und Tod gehen. Okay, vermutlich läge er wirklich auf der Intensivstation, wenn er noch mehr getrunken hätte. Wir beide gingen ins Wohnzimmer, wo Henry und James auf der Couch saßen. Henry sah mich seltsam an, als er sah, dass Emily hinter mir herlief. James bemerkte sie gar nicht da er seine Hände noch vor seinem Gesicht hatte. Meine beste Freundin kniete sich vor ihn und flüsterte seinen Namen. Als er aufblickte, konnte man einen Moment lang Hoffnung erkennen, im nächsten Augenblick, hatte er einen verbitterten Ausdruck auf dem Gesicht. „ Was will die hier?" Man sah, wie sehr Emily von seinem abwertenden Tonfall verletzt war, doch sie ließ sich nicht beirren. „ Hör mir zu. Von wem auch immer du gehört hast, dass ich mit dir Schluss machen will, der lügt. Es stimmt nicht. Ich liebe dich, wirklich." „ Ach und das erzählst du mir, nachdem du mir eine Nachricht geschrieben. Du hast per Sms Schluss gemacht. Fantastisch!" „ James, es stimmt wirklich nicht! Ich habe dir keine Sms geschrieben! Ich will nicht mit dir Schluss machen, weil ich dich verdammt noch mal liebe!" James zog Emily zu sich hoch und die beiden umarmten sich und fingen dann beide an, zu weinen. Henry und ich setzten uns in die Küche und aßen Eiscreme. James und Emily kamen irgendwann auch und es schien alles in Ordnung zu sein zwischen den beiden. Zum Glück, denn ich konnte im Moment nicht noch mehr Stress gebrauchen.

Mein Wecker klingelte. 6:40 Uhr. Montagmorgen. Heute ging die Schule wieder los. Meine Motivation war im Keller. Während ich mich fertig machte, schreib ich mit 'Unbekannt' der inzwischen den Namen Mr. X bekommen hatte. Nun saß ich unten an der Theke und aß genüsslich mein Müsli. Mein kleiner Bruder kam kurz darauf ebenfalls in die Küche, setzte sich neben mich und fing an, sich ein Nutella-Brot zu schmieren. „ Schon auf dem Weg zur Schule?", schrieb X. „ So gut wie, muss nur noch Schuhe anziehen, dann gehe ich los." Es war angenehm mit ihm zu schreiben, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wer er war.

Auf dem Weg zur Schule achtete ich zwar kaum auf den Gehweg, oder meine besten Freunde, war aber trotzdem vollkommen fixiert. Und zwar auf mein Handy. Mr. X und ich schrieben immer noch. Gerade als ich durch das Schultor lief und mein Handy in die Tasche stecken wollte, las ich die letzte Nachricht von X:„ Lust auf ein Eis nach der Schule?" Heute würde ich ihn anscheinend kennen lernen. Plötzlich wurde ich fest an den Schultern gepackt und so hart zur Seite gezogen, dass ich fast hingefallen wäre. „ Hey, was soll das?", meckerte ich Henry an. Er lachte und meinte dann gespielt wütend: „ Fräulein ‚ich beachte mein Handy mehr als alles andere', du solltest dankbar sein, hätte ich nicht gerettet, hätte deine Stirn jetzt ein Kuhle mehr. Du wärst fast gegen die Stange von dem Straßenschild dahinten gelaufen!" „ Oh", antwortete ich kurz und steckte mein Handy dann weg. Schließlich war ich lernfähig.

Den Tag über versuchte ich Ausschau nach Mr. X zu halten. Während ich im Klassenzimmer saß und mit X schrieb, achtete ich darauf, wer noch am Hady war. Leider half mir das nur nicht weiter, da es ungefähr auf dreiviertel des Kurses zutraf. Ich scannte auf den Fluren alle ab, konnte mir nach der siebten Stunde allerdings noch immer nicht erklären, wer 'X' war. Noch anderthalb Stunden, dann würde ich es herausfinden. Vermutlich. Wahrscheinlich. Hoffentlich...? Ich zweifelte doch nicht, oder?

Jetzt saß ich hier im Central Park auf einer Bank und wartete gespannt. Okay, ich war eine Viertelstunde zu früh, aber ich wollte keines Falls zu spät kommen und X verpassen. Ich blickte durch den Park und suchte nach Jungs, ehrlich gesagt auch Mädchen, die in meine Stufe gingen. Dafür, dass ich hier im Central Park saß und das Wetter für den Herbst, fast schon Winter, noch ziemlich gut war, war hier echt wenig los.

Einige Leute sahen mich seltsam an, als sie an mir vorbeiliefen, warum auch immer. Was war bitte unnormal daran, wenn ein 17-jähriges Mädchen alleine im Central Park auf einer Bank saß? Nichts, oder? Naja, vielleicht schauten sie auch so komisch, da ich gerade eben von der Parkbank gefallen war, als ich versucht hatte, mein Handy aus meiner Hosentasche zu ziehen. Karma konnte es nicht gut mit mir meinen. Immer musste irgendwas passieren. Wahrscheinlich würde ich später meinen Freund im Schlaf schlagen oder ihn aus dem Bett schubsen. Uns würden wahrscheinlich tausende seltsame ‚Typisch Alexis'-Dinge passieren. Chris würde wahrscheinlich jedes Mal einen dummen Spruch loslassen. Moment, ich hatte gerade nicht ernsthaft darüber nachgedacht, ob Chris dumme Kommentare geben würde. Dann wurde mir bewusste, was ich noch gedacht hatte. Ich hatte Chris gerade eben als meinen Freund bezeichnet. Am liebsten hätte ich mich selbst nochmal von der Bank geschubst. Ich schob es einfach darauf, dass ich mir beim ersten Sturz eine leichte Gehirnerschütterung geholt hatte.

Nolan, ein Junge aus der Stufe über mir, lief an mir vorbei. Nein wartet, er kam auf mich zu. Er war doch nicht etwa... „ Hey...Alexis, richtig?" „ Ja, Alexis stimmt. Wie geht's dir so?" „Ganz gut, sollen wir Eis essen gehen? Ich wollte mit dir reden." „ Ja, gerne." Er war es also. Er war X. Ich hatte so einige Theorien gehabt, es waren mir ein paar Leute eingefallen. Ich hätte nie gedacht, dass Nolan auch nur irgendwie auf die Mädchen in unserer Stufe achten würde. Anscheinend tat er es doch. In der Eisdiele bestellten wir beide ein Spaghetti-Eis. Danach schwiegen wir ziemlich lang. Nachdem uns das Eis gebracht wurde, fing Nolan an zu reden: „ Also, wie gesagt, ich wollte mich ja mit dir unterhalten. Es geht darum, dass ich dich etwas fragen möchte." „Und das wäre?" Ich konnte mir nicht vorstellen, worum es gehen könnte. „ Es ist mir etwas unangenehm, aber naja. Ich würde gerne auf den Winterball gehen und dich fragen..."

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