#6 - "Anstrengung"

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Nach fünf Stunden legte ich den Kugelschreiber auf den Tisch und lehnte mich zurück. Erst jetzt merkte ich, dass mein Nacken und mein ganzer Rücken total verspannt waren. Meine Augen schmerzten zudem auch übermäßig, weil ich die ganze Zeit am Computer etwas eintippen musste.

Ich zog meine Brille aus und legte sie auf den Tisch. Ich hatte auch so schon genug Kopfschmerzen.
Mir fehlten noch zwei Ordner, die restlichen lagen schon bearbeitet auf der anderen Seite meines Tisches. Es fehlten nur noch die Unterschriften von Mr. Hammilton.

Ms. Sky ist vorhin wieder gekommen, aber auch schon um 16 Uhr gegangen, also vor zwei Stunden.

Ich stand auf, dehnte mich ein bisschen und ging dann zum Wasserspender, der sich im Büro befand. Ich war am Verdursten. In den letzten fünf Stunden hatte ich nicht wirklich Zeit etwas zu trinken, geschweige denn zu essen. Geredet habe ich auch kaum.

Sollte ich die letzten zwei Ordner noch machen, oder schon jetzt zu Mr. Hammilton gehen? An sich habe ich ja schon um 18 Uhr Feierabend, aber das kann ich doch am ersten Arbeitstag doch nicht bringen, oder?

Ich schaute auf die Uhr.

18.07 Uhr.

Heute Abend hätte ich eh nichts mehr vor, deshalb beschloss ich noch die restlichen zwei Ordner fertig zu machen.
Ich setzte mich auf den Stuhl, strich mir die Haare aus dem Gesicht und schlug den vorletzten Ordner auf.

____

Ich klopfte an der Bürotür von Mr. Hammilton an und wartete. Als ich weder ein Herein noch irgendetwas ähnliches hörte, klopfte ich noch einmal an.

Ist er vielleicht schon gegangen?

In meiner Hand befanden sich alle zwanzig Ordner. Die Bearbeitung der letzten zwei Ordner hat mehr Zeit gekostet als erwartet.

Wie wohl der morgige Tag aussehen wird, wenn ich schon heute Überstunden machen musste?
Plötzlich wurde mein Kopf schwerer und ich schloss meine Augen. Als ich sie wieder öffnete, musste ich einige Male blinzeln, den alles drehte sich. Mit einer Hand versuchte ich die Ordner zu halten, mit der anderen stützte ich mich an der Wand.

Tief durchatmen.

Die Tür vor mir wurde ruckartig aufgerissen und ich machte meine Augen auf .
Schlechte Idee.
Es blieb alles verschwommen und ich musste mich an die Wand lehnen, um nicht umzukippen.

"Wenn ich 'Herein' sage, heißt das auch, dass Sie die Tür aufmachen-"
Mr. Hammilton unterbrach sich und blickte mich mit gerunzelter Stirn an.
"Alles okay mit Ihnen Ms. Silver?"

Einatmen.

Ausatmen.

Dann wurde alles wieder schärfer und die Welt blieb stehen.

"Alles bestens", sagte ich leise und
stellte mich wieder gerade hin.
"Ich bräuchte nur noch Ihre Unterschriften."

Immernoch argwöhnisch betrachtete mich Mr. Hammilton.

"Kommen Sie doch herein."
Ich nickte.
"Setzen Sie sich."
Ich setzte mich hin.
"Also, zeigen Sie mir doch bitte die Unterlagen."
"Hier, bitte sehr."
Ich legte die Ordner vor ihm auf den Tisch.

Er sah sich jeden Ordner einzeln an und überprüfte, ob ich auch alles richtig gemacht hatte. Glücklicherweise sagte er zu keinem der Ordner etwas und legte nach einigen Minuten die Ordner beiseite.
"Ich habe nichts an Ihrer Arbeit auszusetzen. Ich werde sie später unterschreiben. Wenn Sie die nächsten Wochen weiter so gewissenhaft arbeiten, dann stehen Ihre Chancen gut."

Er faltete seine Hände und legte sie auf den Tisch. Ich beobachtete jeden seiner Bewegungen. Er hatte sich vom äußerlichen nicht sehr verändert. Vom Charakter kann ich im Moment nicht reden.

"Sie können gehen."

Schnell nickte ich und stand auf.
"Einen schönen Abend wünsche ich Ihnen noch", sagte ich zum Abschied und ging.

Den ersten Tag habe ich zum Glück überstanden. Fehlen noch weitere 23.

Der Himmel war schon leicht dunkelblau, als ich aus dem Gebäude trat. Ich machte mich mit gesenktem Kopf auf den Weg zur Bushaltestelle.
"Lauren?", hörte ich jemand meinen Namen rufen. Überrascht hob ich meinen Kopf und sah mich um.
Als ich mir eine nicht unbekannte Person erblickte rannte ich zu ihm.
"Dan?"
Er nahm mich in den Arm und gab mir einen Kuss auf den Scheitel.
"Guten Abend my Lady."
Ich lachte. "Was suchst du hier?", fragte ich, als wir und voneinander lösten.

"Ich hab mir einfach mal gedacht, dass ich dich abhole, damit du nach einem anstrengenden Tag nicht noch mit dem überfüllten Bus fahren musst."
Ich lächelte Dan an.
"Erstens ist es gar nicht so schlimm mit dem Bus zu fahren, das sind nur ein paar Stationen. Zweitens: ich dachte du hättest heute Spätschicht? Und drittens: Du bist der beste bester Freund auf Erden."

Ich schluckte. Das ist mir jetzt einfach so herausgerutscht und ich fühlte mich augenblicklich in der Zeit zurückversetzt. Zu damals, als Logan und ich noch beste Freunde waren. Da hat er mir genau dasselbe gesagt.

Dans Lachen riss mich aus den Gedanken. "Ich musste heute nur bis 17 Uhr arbeiten und da hab ich mich gleich auf den Weg zur Firma gemacht."

Mir fiel dann etwas ein.
"Warte warte warte. Du hast allen ernstes hier mehr als zwei Stunden gewartet, nur damit du mich abholen kannst? Bist du von allen guten Geistern verlassen?", rief ich und stürzte mich sogleich wieder auf ihn.
"Natürlich", antwortete Dan überrascht und erwiderte die Umarmung. "Für meine Kleine mache ich doch alles."
"Ach Dan...nächstes Mal gehst du bitte heim. Du musst doch auch total erschöpft sein."

So standen wir da, mitten auf der Straße, um halb acht Uhr abends. Sein Geruch beruhigte mich und der Stress in den letzten Stunden rückte in den Hintergrund. Ich hörte sein schnell klopfendes Herz an meinem Ohr und schloss meine Augen.
"Was würd ich nur ohne dich tun Lauren", flüsterte Dan.

"Ich habe eine kleine Überraschung für dich", meinte dann Dan plötzlich und drückte mich sanft von sich.
Ich runzelte meine Stirn.

"Darf ich bitten", lud mich Dan dann ein und öffnete mir die Tür seines Autos. "Wir gehen jetzt schön essen, du musst am Verhungern sein, stimmts oder hab ich Recht?"
Zur Antwort knurrte mein Magen. Als ich ihn dann genauer unter die Lupe nahm, bemerkte ich, dass er wirklich schick angezogen war.
"Wehe wir gehen in eines dieser schicken Restaurants", warnte ich Dan, der nur unschuldig grinste und zur Fahrerseite ging.

Als wir nach 15 Minuten vor einem edlen Restaurant anhielten, sog ich die Luft ein.

The Matt

"Das ist nicht dein ernst Dan."
"Und wie das mein ernst ist", erwiderte er grinsend.
Das Matthew's Diner war eines der bekanntesten Restaurants in der Stadt. Und eines der teuersten.

"Mich bekommen da keine zehn Pferde hinein", sagte ich und verschränkte die Arme trotzig vor der Brust.
"Ach komm schon Lauren. Ich habe doch gesagt, dass ich dich überraschen wollte."

Es war nicht so, dass ich ihm die Überraschung versauen wollte, aber es war einfach nur Geldverschwendung. Ein einfaches Restaurant hätte doch auch gereicht.
Okay...wenn ich es so überlege, habe ich ihm sozusagen die Überraschung versaut, wenn ich nicht mit reingehe.

"Aber ich habe doch nicht die richtigen Sachen an. Schau mich mal an. Da sind alle total-"

Dan unterbrach mich.
"Lauren! Du siehst wirklich wunderschön aus in deinem Kleid. Das gelte ich nicht als Argument und jetzt, keine Widerrede mehr. Ich lade dich ein."

Ich seufzte. "Aber-"
"Nope, kein aber! Wenn du willst, kann ich dich auch hineintragen. Mir ist es recht."
"Das wagst du nicht."
"Und wie", rief er, stieg in sekundenschnelle aus dem Auto und joggte zu mir herüber. Bevor er aber seiner Drohung wahr machte, schnappte ich mir meine Tasche und stieg selbst aus.
"Geht doch", meinte Dan und reichte mir seinen Arm, damit ich mich unterhaken konnte.
"Blödmann."

*****
Hey :)
Danke fürs Lesen! Eine Frage: wie findet ihr Dan denn so?
P.S. Ich habe beschlossen jeden Freitag ein neues Kapitel hochzuladen!
Das nächste ist fertig, alsoo...bis nächsten Freitag :)
xxQue

You promised me...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt