Kapitel 1

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  Blinzelnd öffnete ich meine Augen. Die Sonne schien durch das große Fenster genau auf mein Bett und strahlte mich an, als wolle sie mir sagen, dass heute ein wundervoller Tag werden würde. Vielleicht hatte sie ja recht.
Seufzend strich ich mir eine meiner braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht, die wie jeden Morgen durcheinander in meinem Gesicht hingen.
»Auch mal wach?«, ertönte eine vertraute Stimme aus dem anderen Ende des Raumes. Meine Antwort auf diese Frage war recht einfach, denn ich gab nur ein Brummen von mir und drückte mein Gesicht wieder zurück in das weiche Federkissen.
Ich wollte noch nicht aufstehen. Es war noch viel zu früh... Glaubte ich zumindest. Meine Augen, die ich mittlerweile wieder geschlossen hatte, öffneten sich ein weiteres Mal an diesem Morgen und blickten zu der komisch aussehenden Uhr, die an der Wand gegenüber meines Bettes hing.
Hatte ich also doch recht gehabt. Genau in diesem Moment schlug die Uhr die 06:00 Uhr an und es schien fast so, als wolle sie mich verhöhnen. Scheiß Uhr! Ich sollte sie bei Gelegenheit abhängen.
»Warum muss ich so früh aufwachen?«, murmelte ich. Mir entfuhr ein weiterer Seufzer, als ich mich schlussendlich doch aufsetzte und zu der Person starrte, die nun vor dem Bett stand und mich aus grinsenden Augen anstarrte.
»Sieh es mal so; jetzt hast du mehr vom Tag.« Harry setzte sich zu mir auf das Bett, während ich nur die Augen über seine Aussage verdrehen konnte.
Meine Finger strichen über das geblümte Laken, fuhren Kreise darauf und blieben dann letztendlich doch still liegen.
Als ich nichts darauf antwortete, ergriff Harry schließlich wieder das Wort. »Wie wäre es, wenn du dich jetzt fertig machst und wir uns dann in irgendeines dieser kleinen gemütlichen Cafés setzen und zusammen frühstücken?«, fragte er und stand wieder auf, um sich seine Schuhe anzuziehen, als wäre ihm meine Antwort schon längst klar.
»Klingt gut.« Flink schlug ich die Decke beiseite, sprintete förmlich in das recht kleine Badezimmer und sprang dann unter die Dusche. Während ich meine Haare ein shampoonierte, überlegte ich mir, was ich gleich schließlich anziehen würde und rechnete ungefähr aus, wie lange ich noch unter der Dusche stehen konnte, damit ich das auch alles irgendwie unter einen Hut bekommen würde.
Fertig geduscht und angezogen, putzte ich mir noch schnell meine Zähne, schmierte mir ein wenig Concealer und Puder ins Gesicht und ging dann zu dem schon wartenden Harry, damit wir endlich losgehen konnten.
Und hey, ich hatte einen neuen Rekord erstellt. 35 Minuten waren vielleicht nicht unbedingt eine Bestzeit, aber mir reichte es aus.

Zusammen mit meinem alten Freund betrat ich das nächstbeste Café und setzte mich mit ihm an einen der Tische, die etwas weiter in der Ecke am Fenster standen.
Harry bestellte für sich einen komplett schwarzen Kaffee und für mich meinen heißgeliebten Kakao mit schön viel Sahne.
»Also Felia, hast du es dir überlegt?«, fragte er.
Ich jedoch schüttelte nur mit meinem Kopf. »Ich bin nicht gerade heiß darauf und das weißt du.«
»Natürlich, aber du weißt doch, dass ich dort unbedingt schon einmal hin wollte und mit der besten Freundin macht es doch gleich viel mehr Spaß. Besonders wenn sie sich dort perfekt auskennt.«
Unschlüssig was ich darauf jetzt Antworten sollte, heftete ich meinen Blick stur auf den Tisch vor mir und spielte ein wenig mit der weißen Tischdecke herum.
Harry wollte gerade zu einem nächsten Satz ansetzen, als zum Glück jedoch die Kellnerin von eben wieder zu uns an den Tisch kam und uns wortwörtlich die zwei heißen Getränke auf den Tisch knallte und sich dann wieder umdrehte, um schnellen Schrittes wieder zu verschwinden.
Da hatte wohl jemand einen schlechten Tag heute.
»Weißt du wir sind nur eine Stunde von Mystic Falls entfernt, weshalb ich mich frage, was denn schon dabei wäre, wenn wir nur einen kleinen Abstecher dort machen würden? Du könntest mir die Stadt ein wenig zeigen und wir verbringen ein paar schöne, friedliche Tage dort, bevor wir dann schließlich wieder abreisen«, sagte er.
Ich zuckte mit meinen Schultern, nippte vorsichtig an dem Kakao und beobachtete den braunhaarigen Jungen dabei, wie er sich eine rote Flüssigkeit in seinen Kaffee schüttete. Blut.
Harry war in allen Ansichten das komplette Gegenteil von den Menschen. Er war ein Vampir, nebenbei bemerkt genauso wie ich, und statt Milch schüttete er sich eben Blut in seinen schwarzen Kaffee. Jedem das seine, stimmts?
»Du gibst nicht nach, oder?«, fragte ich und nahm einen weiteren Schluck von meinem Kakao.
Diesmal war er es, der mit dem Kopf schüttelte. »Niemals.«
Und wieder einmal hatte er es geschafft mich umzustimmen. Würde ich nicht wissen, dass er ein Vampir war, dann würde ich glatt davon ausgehen, dass er ein Hexer wäre und mich irgendwie verhext hatte. Zutrauen würde ich es ihm sogar.
»Dann lass uns Morgen früh losfahren.« Harry nickte begeistert und bestellte uns dann noch ein paar Pancakes, als Nervennahrung, wie er sie immer nannte. Oh, das könnte ich gut gebrauchen.

In der Nacht darauf schlief ich schlecht. Ich träumte von Zeiten, die schon längst vergangen waren. Zeiten an die ich nie mehr auch nur einen Gedanken hatte verschwenden wollen.
Und doch träumte ich fast jede Nacht von ihnen. Von dem Mädchen, was einmal ich war, aber welches für immer in den tiefen von mir selbst begraben worden war.
Wie versprochen, fuhren wir los, als die Sonne aufging und den nächsten Tag ankündigte.
Die Straßen waren noch recht leer und nur ab und zu kamen uns ein paar andere Autos entgegen, die auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause waren.
Harry hatte recht. Wir fuhren nur etwas über einer Stunde, als wir auch schon das berüchtigte Schild mit der Aufschrift "Willkommen in Mystic Falls" lesen konnten.
Willkommen fühlte ich mich hier sicher nicht, aber da musste ich jetzt drüber stehen. Harry zu Liebe.
Die Häuser zogen nur so an uns vorbei, als Harry den kleinen schwarzen Ford Mustang, der noch aus dem Jahre 1967 stammte, die Straßen herunter sausen ließ.
Ich musste zugeben, dass mir hier fast gar nichts mehr bekannt vor kam. Man müsste denken, besonders Harry war dieser Meinung gewesen, dass ich ihm hier eine Führung durch das Städtchen geben könnte, aber wenn wir der Wahrheit ins Gesicht blickten, dann kannte ich mich hier gar nicht mehr aus. Es war so anders, als damals und ich wusste noch nicht, ob ich das positiv aufnehmen sollte oder doch eher negativ.
Harry hielt auf das wohl einzige Hotel hier in der Gegend zu und checkte für uns ein, während ich unsere wenigen Koffer aus dem Mustang schleppte.
Unser Zimmer war nicht gerade groß, aber für die paar Tage würde es reichen. Ein Doppelbett stand in der Mitte des Raumes, eine kleine Kommode mit Schrank stand ihm gegenüber und dann war da noch die kleine Türe, die wohl in das angrenzende Bad führte, aber wenn ich mir diesen Raum ansah, dann konnte das Bad auch nicht gerade mehr als aus einem Klo, einem Waschbecken und hoffentlich einer Dusche bestehen.
»Ist doch ganz nett hier.« Der Vampir schmiss sich auf das Bett, was sogleich unter ihm knarzte, dass ich schon befürchtete, dass es gleich unter ihm zusammen krachen würde.
»Mhm«, murmelte ich und ging ein paar Schritte durch den Raum, um einen besseren Überblick zu bekommen. Wenigstens war die Aussicht aus dem Fenster ganz schön.
Ich drehte mich wieder zu Harry um, der sich mittlerweile neben mich gestellt hatte und ebenfalls aus dem Fenster schaute. Seine Hand ruhte auf meiner Schulter. »Das wird super hier. Du wirst schon sehen«, sagte er ohne den Blick abzuwenden.
»Ich hoffe es«, erwiderte ich leise und konzentrierte mich ganz auf die Wärme, die seine Handfläche an meiner Haut auslöste.
Hoffentlich.  

Terrible Love {Kol Mikaelson} (ON HOLD)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt