Ich blinzelte einige Male, bis meine Sicht wieder klar wurde. Ich saß auf einem Stuhl, nicht gefesselt oder geknebelt. Es waren anscheinend keine gewöhnlichen Entführer. Der Raum, in welchem ich mich befand, hatte dunkle Tapeten und einen dunklen Boden. Vor mir stand ein Tisch, mir gegenüber ein leerer Stuhl. Plötzlich wurde die Tür in meinem Rücken aufgerissen, so dass ich vor Schreck zusammenzuckte.
»Gut, Sie sind wach.«
Bei dieser Stimme wandte ich mich um. Ich erhob mich hastig, als ich den Mann erkannte und blickte ihn überrascht an.
»Sie!« Ich zeigte mit den Finger auf ihn. »Sie haben mich entführen lassen!«
Der dunkelhäutige Mann mit der Augenklappe lachte und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Gemächlich schritt er an mir vorbei und stellte sich vor den leeren Stuhl. »Setzen Sie sich doch. Wir haben Wichtiges zu besprechen.«
Ich ging der Bitte widerwillig nach und auch Nick Fury setzte sich.
»Agent Romanoff und Agent Barton haben Sie nicht ohne Grund hier her gebracht«, gab der Director von S.H.I.E.L.D. zu.
»Das waren Natasha und Clint?«, rief ich ungläubig.
»Ja, ich bedaure, dass solche Mittel zum Einsatz kommen mussten, aber wir mussten Sie so unauffällig wie möglich zu uns bringen.«
»Das war unauffällig?« Ich lachte schallend. »Das war alles, aber nicht unauffällig. Ich wurde auf offener Straße betäubt und davongezerrt, als wäre ich betrunken!« Verständnislos sah ich den Mann an.
»Glauben Sie mir, das war nicht grundlos.« Nick Fury verschränkte die Finger ineinander und legte sie auf den Tisch. »Tony Stark. Wir haben ihm vieles zu verdanken, doch seine guten Taten haben Folgen.«
»Inwiefern?«, hakte ich vorsichtig nach.
»Seit der Auseinandersetzung in Manhattan hat sich Stark erheblich verändert. Er ist nicht mehr derselbe.«
»Und was habe ich damit zu tun?« Genervt verschränkte ich die Arme vor der Brust und lehnte mich tief zurück in die Lehne des Stuhls.
»Ich weiß, dass Sie Geldprobleme haben -«
»Was wissen Sie eigentlich nicht?«
»Sie werden bei Tony Stark leben und auf ihn achten«, erklärte Fury.
»Und das findet Tony in Ordnung?« Ungläubig starrte ich den Mann an.
Fury nickte. »Ich werde Sie gleich zu Stark bringen lassen.«
»Was haben Sie ihm angeboten, dass er mich »aufnimmt«? Es ist nicht unbedingt normal ...«
»Heutzutage ist nichts normal«, meinte Fury. Der Director erhob sich und ich tat es ihm gleich. »Romanoff wird Sie zu Stark begleiten.«
In diesem Moment öffnete sich die Tür. Natasha stellte sich wartend davor, verschloss die Finger ineinander und hielt sie vor den Bauch.
»Ich ...« Unentschlossen sah ich zwischen dem Director und der Frau hin und her.
»Sie brauchen sich nicht bedanken. Wir schlagen damit zwei Fliegen mit einer Klappe - Sie achten auf Stark und er gibt Ihnen alles, was Sie brauchen.«
»Ich weiß nicht so recht ...«
»Agent Romanoff?« Fury nickte Natasha auffordernd zu und diese öffnete die Tür.
»Ja, verstanden, Sir.« Sie machte mir Platz und ich betrat zögernd den Flur. Fury schloss hinter uns die Tür und Natasha zeigte mir den Weg hinaus.
»Meine Sachen ...«
»Sind bereits im Auto«, erklärte die Agentin knapp.
»Wo ist Clint?«
»Beschäftigt.«
Genervt von ihrer Laune, verdrehte ich die Augen. »Ah ja ...«
Wir verließen das Gebäude und liefen dem schwarzen Auto entgegen. Mir wurde von einem Anzugträger die Tür geöffnet und ich setzte mich auf den Rücksitz. Natasha stieg auf der anderen Seite ein und ließ sich neben mir nieder. Ohne ein Wort fuhr der Chauffeur los, in Richtung des Flughafens. Die ganze Fahrt über schwiegen wir und genauso schweigsam verließen wir auch das Auto. Natasha holte eine Tasche mit meinen Sachen aus dem Auto und wir betraten das Gebäude.
Wir gingen die ganzen verschiedenen Stationen durch, die man immer an einem Flughafen überwältigen musste, und erst hinter der Gepäckkontrolle suchten wir uns etwas zu essen. Als wir etwas gefunden hatten, ließen wir uns an einem Einzeltisch nieder.
»Wie geht es dir eigentlich?«, fragte ich, während ich einen Bissen von meinem Brötchen nahm.
»Wir sind schon beim »Du«?«, meinte die Frau kühl. Sie las in einer Mode-Zeitschrift, so dass ich ihr Gesicht nicht sehen konnte, da das Papier sie verdeckte.
Ich hob eine Augenbraue. »Ja, seit New York, denk ich ...«
»Ja, denken Sie ...«
»Natasha, ist alles in Ordnung?«
Die Frau seufzte und legte das Heft neben ihre Tasse auf den Tisch. »Tut mir leid, Enna. New York ...«
»Loki hat uns allen ziemlich zugesetzt«, sagte ich, als ich bemerkte, dass sie nicht darüber sprechen wollte.
»Ja ...«
Auf einmal wurde unser Flug aufgerufen und wir erhoben uns und liefen zum Gate. Als wir endlich im Flugzeug saßen, atmete ich erleichtert aus. Ich hatte einen Fensterplatz, Natasha saß neben mir. Bei der Erklärung der Vorschriften schaltete ich auf Durchzug, so dass ich mich erst anschnallte, als eine Stewardess darum bat.
Das Flugzeug hob ab und ich schaute hinaus. Wir flogen über die Wolken. Sie schimmerten weiß und sahen so weich aus, dass ich das innere Verlangen bekam, mich hinaufzuwerfen und dort zu schlafen. Ich schloss die Augen und lehnte meinen Kopf gegen den Sitz.
»Enna?« Sanft wurde ich an der Schulter gerüttelt. »Enna, wach auf. Wir landen.«
Ich öffnete die Augen und sah Natasha verwundert an. »Jetzt schon?«
»Du hast den ganzen Flug über geschlafen«, bemerkte die Frau.
Ich spürte den bekannten Druck auf meinen Ohren und atmete tief durch. Das Gefühl war zum Einen erdrückend, aber zum Anderen auch wieder angenehm. Der Sinkflug erinnerte mich an meine Zeit in Asgard, als ich meine Kraft noch benutzt und unter Kontrolle hatte.
Federnd landete das Flugzeug. Der Pilot begann wieder mit seiner Dankesrede und den anderen Formalien, während wir über den Flughafen rollten. Letztendlich blieben wir stehen. Die Menschen erhoben sich, holten ihre Koffer hinaus und quetschten sich die engen Gänge entlang. Als Natasha und ich die Treppe mit unseren Sachen hinuntergingen, spielte der Wind sogleich mit unseren Haaren. Die Sonne brannte auf unserer Haut, so wie damals in New Mexico. Wir verließen zügig das Gelände und vor dem Flughafen atmete ich tief die Luft ein. Midgard. Ich liebte diese Welt, auch wenn vieles so anders war als in Asgard.
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Enna Stark || Iron Man 3 [Band 3]
FanfictionBand 3 Eija, Enna - zwei Namen, eine Person. Sie lebt seit geraumer Zeit in New York und je länger sie dort wohnt, desto anstrengender wird es. Das Geld, welches Jane Foster ihr gegeben hatte, neigt sich dem Ende zu, sie versteht nicht alles vom Men...