Natasha schlängelte sich gekonnt durch die vielen Autos. Rasend schnell fuhren wir über die Straßen, so dass ich das Bedürfnis bekam, mich zu übergeben.
»Natasha ...«, murmelte ich mit Schweiß besetzter Stirn. »Könntest du bitte …«
»Klar.« Die Frau zügelte das Tempo und öffnete die Fenster. Sogleich erfüllte Wind das Auto und ich versuchte gleichmäßig zu atmen.
»Woher hast du nur das Auto?«, fragte ich leise, als es mir besser ging.
»S.H.I.E.L.D. ist überall«, antwortete Natasha.
»Ja. Zum Beispiel vor meiner Wohnung …«
»Wir haben dich nur im Auge behalten.«
»Weshalb?« Ich sah sie von der Seite an. »Mir ging es gut.«
Natasha seufzte. »Dir ja. Mehr oder weniger. Du hattest dich nicht mehr unter Kontrolle.«
»Gehe ich deswegen zu Tony?«
»Nein«, antwortete die Agentin ernst.
Die restliche Fahrt schwiegen wir. Etwas abgelegen von der Stadt lag ein prunkvolles Haus. Wir fuhren die schmale Straße hinauf und hielten vor der weißen Tür.
»Endstation«, erklärte Natasha und ich stieg staunend aus.
Ohne den Blick vom Haus zu nehmen, schloss ich langsam die Autotür. Ein Mann und eine blonde Frau verließen das Haus. Ich erkannte Tony Stark - in teuren Sachen gekleidet und mit einer Sonnenbrille im Gesicht. Natasha drückte mir meinen Koffer gegen die Brust und perplex ergriff ich ihn, während wir auf die beiden zuliefen.
»Willkommen!«, rief Tony uns entgegen und hob lachend die Hände.
»Natalie Rushman«, hörte ich die Frau neben ihm sagen, die sich an Tony wandte. »Was macht sie hier?«
»Ich begleite nur eine Freundin«, meinte Natasha lächelnd und wir blieben vor den beiden Personen stehen. Verwundert blickte ich sie an. Natalie Rushman? Wieso nannte die Frau sie so?
»Enna Wilson«, sagte Tony mit einem Lächeln auf den Lippen. Er trat hervor und nahm meine Hände in seine. »Schön, dich wiederzusehen. Darf ich vorstellen?« Er wandte sich um und nickte seiner Begleiterin zu. »Virginia Potts.«
Tony ließ mich los und die Frau reichte mir die Hand. »Du kannst mich Pepper nennen.«
Sie lächelte mich freundlich an und erwiderte das Lächeln. »Enna.«
»Dann verabschiede ich mich wieder«, sagte Natasha plötzlich.
Überrascht sah ich sie an. »Du willst schon gehen?«
»Mr. Stark und ich haben bereits alles besprochen.« Natasha nickte dem Mann und Pepper zu, dann umarmte sie mich plötzlich, so dass ich völlig überwältigt und unbeholfen die Arme von mir streckte. Als ich die Umarmung gerade erwidern wollte, löste sie sich schon von mir und schritt zum Auto.
»Eine schöne Zeit euch«, rief sie und winkte mit dem Autoschlüssel in der Hand.
Ich beobachtete sie beim Einsteigen und blickte ihr hinterher, wie sie rasend schnell davonfuhr.
»Dann zeige ich dir mal dein Zimmer«, sagte Tony und ich wandte mich um.
Immer noch verwirrt von der ganzen Situation folgte ich dem Mann ins Haus. Pepper lief hinter mir, was mich zunehmend nervös machte. Im Eingangsbereich ließ ich meine Blicke schweifen. Alles war weiß und vieles aus Glas.
»Kaffee?«, fragte Pepper mich.
Ich riss mich von den Möbel los und schüttelte schüchtern den Kopf. »Nein, danke. Kaffee ist nicht so meins.«
»Dann vielleicht einen Kakao oder Tee?«
»Ein Kakao wäre nett«, antwortete ich.
»Kalt oder warm?«
»Kalt.«
Pepper nickte. »Gut. Ich bringe dir dann dein Getränk hoch.«
Die Frau wollte gerade gehen, als Tony sie zurückhielt. »Pepper, lass den Kakao einfach hier. Enna und ich kommen gleich wieder.«
Mit den Händen in den Hosentaschen lief der Mann die Treppe hinauf und ich folgte ihm wieder mit meinem Koffer, der allmählich schwer wurde.
»Das Zimmer stand einige Zeit leer, doch ich habe mich bemüht, es so gemütlich wie möglich einzurichten. Wenn du irgendetwas benötigst, sag einfach mir Bescheid, oder Jarvis.«
»Jarvis?«, wiederholte ich. »Ich dachte, ihr Name ist Pepper …«
Tony begann vor mir laut zu lachen und ich sah verwundert zu ihm. »Jarvis ist mein Butler.«
»Oh«, machte ich. »Wo ist er denn?«
»Jarvis?« Erst dachte ich, Tony würde den Namen wiederholen, doch dann stellte sich heraus, dass er ihn rief.
»Ja, Mr. Stark? Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«, erklang eine männliche Stimme, die irgendwie unwirklich schien.
»Woher kam das?«, fragte ich vorsichtig.
»Jarvis, bitte stell dich Enna vor.«
»Ich bin eine von Mr. Stark entwickelte künstliche Intelligenz. Ich bin für alles zuständig, was mit Technik zu tun hat und ich stehe Mr. Stark als wichtiger Berater bei«, erklärte Jarvis. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Miss Wilson.«
»Die Freude ist ganz meinerseits«, sagte ich.
Wir betraten mein neues Zimmer. Auch hier waren alle Möbel weiß. Die Sonne strahlte durch die großen Fenster und wärmte den Raum ein wenig auf.
»Das wäre es dann«, meinte Tony. »Kleiderschrank, Schreibtisch, Laptop«, nach und nach deutete er auf die gesagten Dinge, »Fernseher - hier ist die Fernbedienung.«
Tony hielt ein kleines dünnes Ding hoch und drückte auf einen Knopf. Ein Bild erschien auf der Wand und im nächsten Moment schaltete Tony es auch wieder aus.
»Dort«, er deutete auf eine Tür, links in der Ecke, »ist dein eigenes kleines Badezimmer.«
»Danke«, sagte ich und stellte meine Tasche ab. Lächelnd wandte ich mich um und sah ihn unbeholfen an. »Wieso hat Pepper Natasha »Natalie Rushman« genannt?«
Tony winkte ab. »Lange Geschichte.«
»Wie geht es dir?«, fragte ich vorsichtig.
»So wie immer.« Der Mann lachte. »Und dir? Du bist blasser als letztes Mal.«
»Bist du dir sicher?« Auch ich musste lachen. »Das »letzte Mal« haben wir gegen Außerirdische gekämpft. Und ich hatte Schusswaffen in der Hand gehabt. Blasser war ich dort sicherlich mehr.«
»Das mein ich nicht.« Tony steckte seine Hände in die Hosentaschen und schritt zum großen weiten Fenster. Sein Blick war nach draußen gerichtet, er hatte mir den Rücken zugedreht. »Dir liegt etwas auf dem Herzen. Fury hat mir erzählt, was passiert ist.« Er nahm eine Hand heraus und fuchtelte in der Luft herum. »Du hast deine Kräfte nicht mehr unter Kontrolle, abgesehen von den Geldproblemen und so weiter.« Abrupt drehte er sich um, ein herzliches Lächeln im Gesicht tragend. »Ich bin froh, dass du hier bist. Wir werden viel Spaß haben.«
Ich schluckte, denn ich war mir nicht sicher. Doch wenn ich so in sein Gesicht sah, sein Lächeln, welches genau dasselbe wie vor ein paar Monaten war, da schien es mir gleich besser zu gehen. Ich wusste nicht, was Nick Fury gemeint hatte. Tony war völlig normal, nicht anders als in New York.
»Ja«, sagte ich schließlich. »Wird sich für mich irgendetwas ändern?«
»Okay, die Grundregeln«, meinte Tony, doch eher an sich als an mich gerichtet. Er griff in seine Hosentasche, holte einen Zettel hervor und begann davon abzulesen. »Du bist meine Adoptivtochter - für alle auf dieser Welt bist du Enna Stark. Dein Alter ist noch nicht wirklich bekannt. Fury und ich haben uns bisher nicht geeinigt, ob du eher als Teenie durchgehst oder als junge Frau.«
»Du meinst, als Teenager?« Ich hob eine Augenbraue.
»Ja.«
»Das heißt, ich muss zur Schule.«
»Eventuell.«
»Das ist nicht euer Ernst!«
»Es werden keine Privatgeheimnisse von Pepper, mir oder dir preisgegeben«, sprach Tony weiter, ohne auf mich einzugehen. »Wenn Paparazzi …«
»Paparazzi?«, rief ich.
»Wenn Paparazzi dort sein sollten, wo du bist, ignorier' sie einfach. Mit der Zeit wirst du dich dran gewöhnen. Fass nicht meine Anzüge an. Im Haus kannst du dich frei bewegen. Wenn Jarvis dir irgendwo den Zutritt verweigert, hat er den Auftrag von mir erhalten. Also kein Grund zu Sorge. Bei Fragen - Jarvis. Bei der Suche nach Hilfe - Jarvis. Rat - Jarvis. Ab und an stehe auch ich zur Verfügung, Mrs. Potts natürlich ebenso.« Er ließ den Zettel sinken. »Das wär's. Noch Fragen?«
»Jarvis?«, sagte ich mit einem Schmunzeln.
»Ja, Miss Stark?«
»Würden Sie Mr. Stark bitte meinen größten Dank ausrichten?«
»Natürlich, Miss Stark. Mr. Stark, ich soll Ihnen den größten Dank von Miss Stark ausrichten.«
»Danke, Jarvis«, antwortete Tony und nickte grinsend. »Gut.« Er klatschte in die Hände. »Wollen wir? Der Kakao wartet bestimmt bereits.«
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Enna Stark || Iron Man 3 [Band 3]
FanfictionBand 3 Eija, Enna - zwei Namen, eine Person. Sie lebt seit geraumer Zeit in New York und je länger sie dort wohnt, desto anstrengender wird es. Das Geld, welches Jane Foster ihr gegeben hatte, neigt sich dem Ende zu, sie versteht nicht alles vom Men...