》Der Geschichtsaufsatz《

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"Boah, ich hoffe ich bin nicht dran!", zischte die Stimme einer vollbusigen Blondine durch die Reihen. "Mein Text ist nämlich sooo schlecht!", während sie dies sagte breitete sie ihre Arme so weit aus wie sie konnte, ohne das Herr Dutch dies mitbekam. Dillan drehte sich zu ihr um und sah sie eine Weile still an. Als die Blonde das bemerkte, schob sie ihren künstlich vergrößerten Busen nach vorne und lächelte das falscheste Lächeln, was man je gesehen hatte. "Dein Text ist bestimmt nicht schlecht, Roxy!", rief die beste Freundin von der Blonden. "Aww, wie süß! Danke Flo!", quietschte Roxy auf und warf ihrer brünetten Freundin Luftküsschen zu. "Nee stimmt, Flora. Roxannas Text ist so falsch wie ihre Brüste!", rief Melvin lauthals lachend. "Woher weißt du das denn?", fragte Dillan ruhig. Er wusste, dass er seinen Aufsatz so oder so vortragen musste, weshalb er jetzt sehr ernst und abweisend wirkte. "Hä? Ja klar, was erwartest du denn, Schisser? Hast ja noch nie eines der Mädels hier durchgenommen! Roxylein hab ich doch schon zehn mal in die Kiste bekommen, da konnt ich doch schön hupen", rechtfertigte Melvin sich. Wenn er ein Mädchen wäre, würde man ihn sicherlich als Hure bezeichnen. Aber so wird er von allen bloß Melvin der BadBoy  genannt. Als Junge gilt man als cool, wenn man es mit allen möglichen Mädels treiben kann, wann und wie man will, aber sobald das ein Mädchen so macht, ist sie mega uncool und schlampig. Sucht den Sinn in dieser Gesellschaft. "Nur weil ich nicht sonderlich viel rede, heißt es nicht, dass ich vor irgendetwas Angst habe", sagte Dillan bestimmt, aber in seinem Kopf spielten sich mögliche Gedanken des Versagens ab. Während die Schüler der 12. Klasse diskutierten, hatte der Lehrer sich zurückgelehnt und zugehört. Als die Diskussion jedoch in das Perverse auszuarten schien, warf er die Würfel auf den Lehrerpult und stand auf. Er sah sich die Nummer auf dem Würfel an, schaute in das Klassenbuch und zählte nach. "Dillan Sliders, würden Sie uns bitte Ihren Aufsatz vortragen?" Der angesprochene Schüler drehte sich dem Lehrer zu und nickte. Dann schien ihm jedoch etwas einzufallen und er fragte zögernd: "Ähm... Vorne?" Der Alptraum eines jeden Schülers, der sich nicht zu viel Aufmerksamkeit wünscht und lieber in der Stille der Klasse 'versinkt'. "Ja natürlich. Haben Sie etwas anderes erwartet?" Dillan nahm sich sein Aufsatzheft und stand auf. "Ja, ich wäre gerne sitzen geblieben...", brummelte er leise und ging langsam und vorsichtig, ohne über die Taschen seiner Mitschüler zu stolpern, nach vorne zum Pult. "Ka...kann ich mich denn hinsetzen?", stotterte Dillan leise und sah den Lehrer fragend an. Dieser schien die Frage jedoch nicht gehört zu haben und nur den Blick zu sehen, denn er wandte sich an die gesamte 12. Klasse. "Alle bitte leise sein, Dillan möchte beginnen!", forderte Herr Dutch auf und die Aufmerksamkeit der Schüler richtete sich nun auf den 17-Jährigen. "Ja also... Ähm...", stotterte Dillan und räusperte sich kurz. Er schloss für einen Moment die Augen und fühlte wieder dieses Gefül, welches er schon beim Schreiben seiner Hausaufgabe verspürt hatte. Ein kühler Windhauch umwehte den Jungen, der sich seinen Pullover an den Ärmeln hinab zog. Aber auch eine unbekannte Wärme. Nicht die Wärme, die man von der Heizung oder Sonne fühlte, sondern diese Wärme, die von Vertrauen freigegeben wurde. Dillan fühlte sich seltsam geborgen in der neuen Kälte, die er nur fühlte, wenn er an die Person dachte, der er diesen Aufsatz widmete. Sie werden es jetzt erfahren. Erfahren, dass ich keine Eltern mehr habe.
Der Junge öffnete wieder seine Augen und atmete tief durch, bevor er anfing. Er öffnete sein Heft und schaute seine Mitschüler an, ohne wirklich auf diese zu achten. "In meinem Aufsatz schreibe ich über eine Person, die ich nie kennenlernen durfte." Einige Sekunden der Stille entstanden, denn Dillan wusste nicht, wie er weiterreden sollte. Bis jetzt hatte der Schüler sich nur seinem besten Freund anvertraut, der ihm bis jetzt sehr geholfen hatte. Jason's Eltern hatten angeboten, dass er bei ihnen hätte wohnen können, aber Dillan hatte abgelehnt. Er wollte in dem großen, verlassenem Haus seiner verstorbenen Eltern weiterleben. Das Jugendamt hatte sein Sorgerecht übernommen und schickte täglich jemandem vorbei, der sich nach Dillans Wohl erkundigte. Ursprünglich wollte das Amt, dass der Junge ins Waisenheim kommen sollte, aber der 17-Jährige hatte sich geweigert und bewiesen, dass er gut allein zurecht kommen konnte. "Ja Dillan, das war die Aufgabe", holte Herr Dutch ihn wieder zurück in den Geschichtsunterricht. "Niemand aus der Klasse kennt die Person persönlich, über die er geschrieben hat, zumindest steckte der Sinn dahinter." Der Schwarzhaarige sah seinen Lehrer ausdruckslos an, ehe er fast unmerklich seinen Kopf schüttelte. "Ja, ich weiß, Sir", entschuldigte er sich leise und schaute in sein Heft. "Ich möchte euch in meinem Aufsatz über meinen Vater berichten", las er von seiner Seite ab, stockte aber, da er von Chantal unterbrochen wurde. "Herr Dutch, hören sie dem überhaupt zu? Der will über seinen Vater erzählen, aber jeder hat doch noch einen Vater?!" Dillan schaute seine Klassenkameradin verletzt an. "Chantal", begann er mit seiner dunklen, jetzt kalten Stimme "mein Vater ist VOR meiner Geburt gestorben, also DARF ich über ihn schreiben!" Das Mädchen schaute ihn mit arrogantem Gesichtsausdruck an und warf ihre dunkelblond bis braunen Haare in einer einzigen Bewegung nach hinten. "Ihr seid doch heute alle ein bisschen gereizt, nicht wahr? Seid bitte alle jetzt leise, denn wir wollen Dillan zuhören. Sein Aufsatz handelt immerhin nicht von dem Opa oder der Oma, die wahrscheinlich so gut wie jeder gewählt hat." Zwar etwas widerwillig, aber immerhin zügig wurde die Klasse still. "Ich durfte diesen Mann nicht kennenlernen, da er bereits vor meiner Geburt verstarb. Da das Thema genau dies als Bedingung vorschrieb, habe ich einige Informationen gesammelt, die ich euch jetzt einfach vortrage. Der damals 23-Jährige Otto Alouis Siegfried Leopold verstarb am 13. Februar des Jahres 1970 unter anfänglich ungeklärten Ursachen. Da dieser Tag ein Freitag war, vermutete man zuerst, dass der Fluch, der am Freitag dem 13. umhergeht, den Mann getötet haben muss. Jedoch fand die Polizei zusammen mit der Pathologie einige Tage später Spuren eines Mordes an der Leiche meines Vaters. Ich habe bis jetzt schon von einigen Versionen vom Tod meines Vaters  gehört. Allerdings ist bis jetzt auch jeder gestorben, der mir etwas Falsches erzählte, sowie auch meine Mutter. Da ich nicht vorhabe mein Leben jetzt zu beenden, erzähle ich euch jetzt die Version von dem Mann, der diese in die Zeitung gebracht hat und noch immer lebt, weshalb ich davon ausgehe, dass diese die einzig Richtige ist. Der junge Mann sei von seiner derzeitigen Lebensabschnittsgefährtin, also meiner Mutter, kaltblütig ermordet worden. Sie habe aus Affekt gehandelt, weil er sie bedroht hätte, sagte die damals 19-Jährige bei der Vernehmung aus. Vor Gericht beichtete die Frau, dass sie unter Alkoholeinfluss gehandelt habe, da er sie vergewaltigt und geschwängert hätte. Jedoch haben psychologische Nachtests ergeben, dass diese Aussagen nicht ganz richtig sein konnten. Um ehrlich zu sein, bräuchte ich keinen Psychologen um herauszufinden, ob die Aussagen richtig sind oder nicht. Ich sehe doch so, dass meine Mutter etwas verheimlichen wollte. Meine Tante erzählte mir ihre eigene, abgewandelte Version, die man einem Kind erzählen konnte. Wenig später verstarb sie. Das selbe geschah mit meinem Onkel, meinem Opa und meiner Oma. Auch meine Mutter erzählte mir ihre eigene Geschichte, sie war die Letzte aus meiner Familie, die über den Mord Bescheid wusste und mir erzählen könnte. Bis jetzt lebe ich allein in dem Haus meiner Eltern." Endlich konnte er von seinem Heft aufsehen, aber seine Mitschüler ignorierte er noch immer, um sich konzentrieren zu können. Er legte die Papiere auf den Pult und steckte die Hände in die Hosentaschen, allerdings nur um sie wieder herauszunehmen, da diese Geste jeden Lehrer in einem Referat oder generell beim Vortragen von Etwas verärgerte. So hielt er seine Hände einfach vor sich und zog an seinen Fingern, sodass sie leise knackten. "Aber ich warne euch. Solltet ihr euch über meinen Vater lustig machen oder Gerüchte über ihn erzählen, dann wird er sich an euch rächen kommen. Ich habe es... GESEHEN..." Seine Stimme hatte nicht wie seine geklungen, als er die Warnung aussprach. Sie klang viel eher gespenstig, vielleicht sogar wie aus einer anderen Dimension. Die Dimension der vollkommenen Bosheit und Rachelust. Er senkte den Kopf und ging schnell auf seinen Platz zurück. Herr Dutch akzeptierte dies normalerweise nicht, aber er hatte genug damit zu tun die aufgebrachten Schüler zu beruhigen. "Herr Dutch, dass kann doch nicht wirklich passieren oder?", piepste ein Mädchen, was sehr gute Noten schrieb, aber nur etwas sagte, sobald die Lehrer sie drannahmen. Der Lehrer lächelte dem blassen Mädchen aufmunternd zu und schüttelte den Kopf. "Nein, natürlich nicht, Cecilia. Warum meinen Sie, dass so etwas passieren sollte?" Plötzlich fingen Roxanna, Flora, Lia und Melvin an zu Lachen. "Die Tuse glaubt das auch noch!", prustete Melvin und wischte sich die imaginären Lachtränen aus den Augenwinkeln. Cecilia rutschte etwas weiter tiefer, sodass man nicht sehen konnte, dass ihr Gesicht eine rote Färbung annahm. "Dillan, wer soll denn deine Erzählung bitte glauben?", hakte Lia nach, aber bevor Dillan etwas sagen konnte, fing Roxanna schon an zu plappern. Die Blonde mit dem implantierten Busen versuchte den Schüler nachzuäffen. "Ich bin ein schüchterner Schisser, der Bock hat meine Klasse zu verarschen! Ich tu mal so, als wäre mein Killer-Vater tot, schreib den Aufsatz darüber und sollte mir jemand zu Nahe kommen, hat mein Vater einen Grund denjenigen zu killen. Höhö, ich bin soo gut!" Dillan runzelte seine Stirn und schaute die Blondine an. Ja, er war schüchtern, aber war das ein Grund ihm nicht zu glauben? Herr Dutch schaute auf seine Uhr, ignorierte die Kommentare der Schüler und rief leicht missgelaunt: "So einpacken, 12b. Es klingelt gleich." Wie als würde es kostenloses WLAN für den schnellsten Schulsachen-Packer geben, wurden die Taschen gepackt, Jacken angezogen und Stühle hochgestellt. Plötzlich kreischte Roxanna geschockt auf. Ihr Gesicht war leichenblass und ihre Augen starrten ins Leere. "Kalt?", fragte Dillan zögernd nach und als die Schülerin nur etwas zitternd nickte und sich ihre Lippen lila färbten, seufzte der Schwarzhaarige nur. "Ich habe euch gewarnt..."

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Falls jetzt irgendjemand meiner Leser die 12. Klasse besucht und der Ansicht ist, dass das Thema, sowie die Formulierungen inkorrekt seien, der brauch sich das Buch oder die Stelle ja nicht unbedingt durchlesen. Und ich selber besuche erst die 8. Klasse eines Gym's, sodass ich keine Ahnung habe, was vier Jahrgangsstufen über mir abgeht xD

Die Rache der SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt