》Neue Methoden《

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Als Cecilia und Dillan wieder in die Schule stolperten, waren sie noch immer ziemlich durcheinander und vor allem angewidert von der Brutalität einer bereits verstorbenen Person. Wenn man sich das mal durch den Kopf gehen ließ, ergab das alles keinen Sinn. Aber gab es überhaupt Dinge, die zu 100% Sinn ergaben? Immer wieder sahen sich die Jugendlichen flüchtig um, eventuell waren sie gerade dabei Verfolgungswahn zu entwickeln, vielleicht hatten sie auch einfach nur Angst, auch wenn Dillan diese nicht zu haben brauchte, schließlich war das sein Vater. Er würde seinem einzigen Sohn doch nichts zustoßen lassen. Oder etwa doch? Cecilia erreichte als erste das Klassenzimmer und hämmerte erst mit Wucht, dann immer zögerlicher an die massive Tür. Der Junge kam einige Sekunden nach dem Mädchen an und stellte sich mit dem Rücken zu ihr, um den Gang im Blick behalten zu können. Er traute seinem Vater mittlerweile alles zu. Auch, dass er einer von ihm bereits getöteten Person wieder Leben einhauchen könnte, er fürchtete, dass Lynn gleich um die Ecke kommen könnte und sich auf ihn stürzen würde. Allerdings nicht als das etwas fülligere, starke Mädchen was sie immer war, sondern als die bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche, die er im Müllcontainer gesehen hatte. Diese Vorstellung war zu grausam, um sie einfach vergessen zu können. Endlich hörte er, wie die Klassentür aufgemacht wurde. Er konnte sich gerade noch umdrehen, als Cecilia ihn schon hineinzog und die Tür zuknallte. Der Schüler, der ihnen die Tür öffnete, blickte den Neuankömmlingen perplex entgegen, sagte aber nichts weiter. Auch seine Miene verriet nicht, ob er wissen wollte, weshalb die Beiden so totenbleich aussahen oder nicht. Philip war nicht der Kerl großer Worte, aber Dillan mochte ihn trotzdem nicht, denn wenn er doch mal sein Mundwerk auftat, kam eh nur Hirndünnschiss heraus. Frau Jung bemerkte die Aufruhr schnell und richtete ihre rehbraunen Augen auf die beiden Schüler, fixierte deren schockierte Mienen besorgt. »Kinder, ihr seht ja aus, als hättet ihr einen Geist gesehen!«, stieß sie aus und schloss zu den Angesprochenen auf, wollte als eine Geste der Beruhigung ihre Hand auf deren Oberarme legen, lenkte ihre Hände in letzter Sekunde allerdings in Richtung ihrer Haare um. Sie war sich nicht sicher, wie der Junge und das Mädchen darauf reagieren würden, deshalb ließ sie es lieber bleiben. »Jaa, wahrscheinlich haben die nen Geist gesehen, in dem Moment als sie die Klasse betreten haben und in Ihr Gesicht blicken mussten«, ertönte die Stimme eines Mädchens, die man jedoch nicht allzu Ernst nehmen durfte, da sie meist sarkastisch sprach. Ein Raunen ging durch die Reihen der Schüler, denn noch nie hatte es jemand gewagt eine Autoritätsperson zu dissen, deren Reaktion sie nicht einschätzen konnten. Einige schauten Alèna n, andere richteten ihre Aufmerksamkeit auf Frau Jung, wieder andere wechselten immer mal wieder das Objekt ihrer Aufmerksamkeit, um alles genau mitzubekommen. »Ey Dillan, hast wahrscheinlich gesehen, wie dein Vater Lynn hat verrecken lassen, was?«, lachte Philip, er dachte, er hätte den Witz des Jahres gerissen, weil er nicht an die Rache der Seele glaubte. Der angesprochene Schüler drehte sich leicht zu dem Jungen um und erschrak leicht, als ihm die ungewöhnliche Farbe der Augen auffiel. Seine Augen waren schon immer grün, aber waren diese auch schon immer leicht rötlich angehaucht?, dachte er entgeistert, knurrte allerdings genervt: »Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, Phil.« Der Schüler, der die Tür geöffnet hatte, nahm diesen Kommentar allerdings nicht im Geringsten ernst und ein zynisches Grinsen umspielte seine Lippen. Nachdem Frau Jung nach Luft geschnappt hatte, schien sie ihre Sprache wiedergefunden zu haben. Der Schülerin, dessen dunkelbraune Haare sich auf eine fluffige Art kräuselten, warf sie nur einen bösen Blick zu, den man aber doch eher verzweifelt nennen konnte. Dann schien die junge Lehrerin sich an die kurze Konversation von Dillan Sliders und Philip Gerdes erinnern zu können, denn ihre braunen Augen richteten sich nun auf die Schüler, die noch  immer an der Tür standen. Die restlichen Schüler waren geteilter Meinung, was die momentane Situation anbelangte. Einige hatten erwartet, dass die sonst so energische Lehrerin Alèna anherrschen würde, andere waren einfach zufrieden, dass sie keinen Unterricht machen mussten und der Rest wartete gespannt auf die anstehende Konversation, denn das etwas gesagt werden musste, lag auf der Hand. Die leicht rot bemalten Lippen der Lehrperson öffneten sich, um einige Worte preiszugeben, schlossen sich allerdings wieder, als das Rot in Philip's Augen etwas intensiver wurde. Auch der Schwarzhaarige, sowie das blasse Mädchen neben ihm wurden auf die Veränderung aufmerksam gemacht, als der gehetzte Ausdruck in den Augen ihrer Lehrerin der Angst und Verwirrung wich. Das zynische Grinsen auf Philip's Gesicht wirkte nun nicht mehr so herablassend, eher gestellt und falsch, die Röte in seinen Augen sah wie reingepudert aus oder... Dillan sah seinen Klassenkameraden schockiert an, konnte es wirklich sein?

Philip, der seine hellblonden Haare stets zu einem Undercut schnitt und oben immer in die selbe Position nach links gelte, schien jetzt mit leerem Blick durch die Lehrerin hindurch zu blicken. Seine Haut war blass, fast blau, als sei ihm kalt. Da er allerdings einen Pullover trug, der seine Arme bedeckte, konnte man nur im Gesicht erkennen, dass es ihm nicht gut zu gehen schien. Dann schien der Junge aus dieser Art Trance zu erwachen und schüttelte seinen Kopf. »A-alles gut«, beteuerte er mit einem leichten Zittern in der Stimme. »Wie dem auch sei«, begann Frau Jung mit einem Blick auf die Uhr. Ihre Stimme klang wieder normal und auch ihr Ausdruck zeigte keinerlei Spuren von der vorherigen Angst. »Ich muss zu einer Lehrerkonferenz, aber ich denke Ihr kommt allein zurecht.« Och nee... Getuschel in den Schülerreihen, sowie Verwirrung, aber die Jugendlichen nahmen es so hin. Mit diesen Worten packte Frau Jung ihre Tasche, öffnete die Tür und rauschte ab. Gleichzeitig fuhren Dillan und Cecilia herum und starrten feindselig hinaus auf den Flur. Als sie nichts erblicken konnten, schlossen sie erleichtert die Tür und wandten sich wieder um. »Was machen wir denn je-«, Cecilia unterbrach sich selbst, als sie auf Phil blickte und auch Dillan fand den Anblick nicht zum Spaßen. »Ihh, muss das denn sein?!«, quietschte Lia auf, als auch sie ihre giftgrünen Augen nach vorne lenkte und warf ihre blonden Haare mit einer ausladenden Geste nach hinten, was nur ein genervtes Augenrollen bei Tyler hervorrief, der fast neben ihr stand. Natürlich war auch heute sein kariertes Hemd offen, sodass fast kein Mädchen an ihm vorbeilaufen konnte, ohne einen Blick auf sein durchtrainiertes Sixpack zu werfen. Und genau das tat Lia auch jetzt, das giftige Grün ihrer Augen schien nach mehr zu fordern, was Tyler mit einem amüsierten, dennoch perversen Grinsen erwiderte. Er selbst wollte nichts von Lia, die war ihm zu bitchig, aber er liebte es die Aufmerksamkeit von Mädchen zu haben. Als Cecilia's blassgrüne Augen das Schauspiel fixierten, wendete sie sich angewidert ab. Sie verstand nicht, was Mädchen an Sixpack so attraktiv finden konnten. Und so schnell würde das wohl auch nicht geklärt werden, denn die Aufmerksamkeit der Schüler richtete sich nun wieder Philip zu, der so aussah als hätte ihn jemand mit an den Nordpol genommen und dort vergessen. Plötzlich stieß er einen markerschütternden Schreckensschrei aus, taumelte ein paar Schritte zurück und stieß gegen die Wand. »Nein, nicht! Lass mich in Frieden, geh weg!«, ertönte die vor Angst heisere Stimme des Jungen aus der Ecke und er starrte entsetzt etwas vor ihm an, das Rot in seinen Augen war wie eine Reflektion von einem Licht. Dillan hatte keine Zeit länger darüber nachzudenken, denn er spürte eine Art Schlag in der Magengegend, krümmte sich und taumelte ebenfalls rückwärts, allerdings in die entgegengesetzte Richtung von Philip, also auf seine Mitschüler zu. Diese beobachteten alles gebannt, wie in einer Art Trance, aber auch ängstlich. Cecilia stürzte von dem Hellblonden weg, ehe auch ihr etwas geschehen konnte und setzte sich hinter Dillan, der sich mittlerweile auf den Boden gesetzt hatte.

Die Schüler starrten alle zu Philip, man konnte seinen Atem sehen, als wäre er umhüllt von einer Wolke aus reiner Kälte. Die Ecke verdunkelte sich, als ein bedrohlicher Schatten sich um den Jungen legte. Die surreale Erscheinung streckte lange Schatten, wie Finger, nach dem 17-Jährigen aus und berührten ihn an einigen Stellen seines Körpers, die dann wie abgestorben aussahen. Nahm der Schatten seine Finger wieder weg, erinnerte nichts an das widerliche Aussehen von vor ein paar Sekunden. »Es reicht, Philip!«, schallte die tiefe Stimme von Felix durch den Raum. Die anderen Schüler konnten einzig seinen Atem sehen, nicht aber das bedrohliche Schattenwesen. Felix trat vor und ging auf Philip zu, kam allerdings nicht weit. Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte er wieder zurück. »Was soll das?!«, knurrte er genervt und versuchte die Schmerzen auszublenden. Der Schatten hatte seine Klinge, welche er auch schon über Roxanna's Körper hat fahren lassen, in Felix' Wade gerammt, ohne das man etwas sah. Schattenklingen verursachten Schmerzen, aber keine sichtbaren Wunden, außer die Seele wollte es so. Wütend funkelte Felix seinen Mitschüler an, hielt sich aber immer noch seine Wade.



Die Rache der SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt