5

716 47 30
                                    

Alles hat eine Geschichte. Ob Mensch, Tier oder Gegenstand. Manche enden mit einem Happyend, andere vergehen in der düsteren Wahrheit. Jana und Liam hatten das zweite, einen Tod, der für alle so klar schien aber eigentlich so unklar war. Aber warum sah es keiner? Wer hatte Jana umgebracht und Liam aus dem Weg geräumt?

Wenn der Mörder raus fand das ich auch etwas wusste, was würde mit mir passieren? Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinem Gedanken. „Hey Mama", begrüßte ich sie. „Hey süße, wo bist du?" Ihre Stimme klang gestresst. „Auf dem Weg nach Hause, warum?" Am anderen Ende der Leitung raschelte es wie verrückt. „Wir sind in der Werkstadt. Irgendwie läuft das Auto nicht mehr an."

Oh, mein Vater drehte bestimmt durch, unser BMW war sein ein und alles. „Okay, ich hab einen Schlüssel, bis nachher", verabschiedete ich mich. Unser Haus war eigentlich nichts Besonderes. Weiße Wand, braune Holztür und dazu passende Rahmen. Dafür war unser Garten, einfach wunderschön. Er lag direkt am Lake-See. Er ging durch die halbe Stadt und war im Sommer das Lieblings Domizil der Schüler. Im Haus ging ich sofort in mein Zimmer, um den Ring sicher zu verstauen. Sollte ich mein Wissen an die Polizei weiter geben?

Allerdings wollte ich Josh nicht hinter Gitter bringen.... Meine Hand blieb bei dem Tagebuch stehen. Jetzt hatte ich keinen Grund mehr es zu lesen. Aber es war verlockend. Gerade als ich die erste Seite aufschlagen wollte, klingelte unser Telefon.

Ich hüpfte die Treppen hinunter und suchte es. „Hamilton", ging ich ran. Ein Schauer lief über meinen Rücken. Rascheln. "Ist da wer?", fragte ich mit zittriger Stimme. Eine Welle der Angst überkam mich. Mein Atem wurde schneller und schneller. Plötzlich klirrte etwas so laut das ich vor Schreck den Hörer fallen ließ. Ich konnte hören wie derjenige auf der anderen Seite der Leitung laut los lachte. Es war ein Mann, doch die Stimme oder eher das Lachen war verzerrt.

Mit Beinen aus Pudding betrat ich das Wohnzimmer. Die Terrassentür war mit einem Stein zerschmettert worden. Ich hielt mir die Hand vor den Mund und musterte den Glasscherbenhaufen. Mein Verstand schielt sich zum Glück schnell ein, also ging ich los und machte überall die Rollläden herunter.

Der Gedanke daran, das mich jemand von draußen beobachtete, ließ mich das Ganze noch schneller machen. Was sollte ich meinen Eltern sagen? Panisch lief ich auf und ab. Doch dann blieb ich wie angewurzelt stehen. Die Zeit stand still. Auf dem Stein war ein kleiner Zettel angebracht worden. Mein ganzer Körper zitterte von Kopf bis Fuß. Es dauerte einige Minuten, bevor ich den Mut fand den Zettel in die Hand zunehmen.

Die Suche nach mir wird kein Ende finden! Sei froh dass du noch lebst.

Er wusste es. Er wusste dass ich es wusste. Er wusste dass ich nach ihm suchte. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinab. Aber wie? Woher? Was wenn ich wie Liam zu viel wusste? Er war tot. Und ich würde es bald auch sein. Ich hörte ein Auto auf die Einfahrt fahren. Oh nein... Meine Eltern waren zurück. Was sollte ich sagen? Bevor ich mir eine Ausrede einfallen lassen konnte, ging die Haustür auf und meine Mutter kam herein.

„Wir sind wieder da!", rief sie durchs Haus. Mein Vater kam hinter ihr rein und legte die Schlüssel auf die Kommode. „Wir sollten das Auto einfach nicht mehr über Nacht draußen stehen lassen", meckerte er. Ich rannte aus dem Wohnzimmer in den Eingangsbereich zu ihnen. Vielleicht wollten sie ja einfach nur noch ins Bett?

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben... „Was war denn los? Ein Marder?", fragte ich nervös. „Nein, irgendein Idiot hat das Kabel mit einer Zange kaputt geschnitten", erklärte er sauer. Es war alles geplant! Der Mörder schickte meine Eltern weg um mir zu drohen. Meine Mutter ging in Richtung des Wohnzimmers und sofort gingen bei mir sämtliche Alarmglocken an. Ich wollte sie aufhalten, doch es war zu spät.

Ein entsetztes Ausatmen ihrer Seitz folgte. Mein Vater rannte zu ihr und auch er zog scharf die Luft ein. Gleichzeitig drehten sie sich zu mir um. „Lucy Janett Hamilton, was hast du getan?!", schrie mein Vater fassungslos. „Ich... Also... Ich war draußen auf der Terrasse und habe vergessen dass die Tür zu war, und dann bin ich einfach reingerannt", log ich sie an. „Und du hast keine Schäden getragen?", fragte meine Mutter besorgt.

„Sieh sie doch an, natürlich nicht", antwortete mein Vater an meiner Stelle. „Du bist einfach hindurchgerannt?", fragte er misstrauisch. „Ja, das Telefon hat geklingelt, und ich habe es anfangs nicht gehört, also musste ich rennen  und dann lag ich auch schon im Wohnzimmer." Ja, so war die Geschichte viel besser.

„Ich räume mal die Scherben weg", sagte meine Mutter zögernd. "Ich mache das schon", rief ich ihr hinterher, aber sie winkte mit der Hand ab. „Wir reden Morgen nochmal darüber, aber jetzt muss ich ins Bett, es war ein langer Tag", sagte mein Vater und strich mir einmal durch die Haare. „Gute Nacht", flüsterte ich.

Meine Mutter sagte ich solle auch schlafen gehen, und dies tat ich. Natürlich wälzte ich mich nur bis um 3 Uhr Nachts im Bett herum. Doch dann vibrierte mein Handy. Eine neue Nachricht von Kathi.

Brauche deine Hilfe! SOS!

Sofort saß ich Kerzengerade im Bett. Ohne meinen Kopf erst wieder angeschalten zuhaben, zog ich mir Schuhe an und schlich die Treppen herunter. Wenn Kathi mir um 3 Uhr Nachts schrieb, stimmte etwas nicht. Sie würde niemals ihren Schönheitsschlaf aufgeben. Unten kam mir die Idee: Wenn ich jetzt laufen würde, dauerte es noch ewig, eigentlich kein Problem, aber mitten in der Nacht?

Ja, da redete die Angst in mir mit. Meine Eltern mussten ja von nichts mitbekommen... So leise wie möglich nahm ich die Autoschlüssel und ging raus in die Garage. Eigentlich durfte ich noch nicht alleine fahren, aber um diese Zeit würde doch keine Polizei unterwegs sein. Und Gewisse Situationen erforderten gewisse Maßnahmen.

Ich schmiss den Motor an, fuhr los und hoffte nebenbei dass meine Eltern nichts gehört hatten. Ihr Schlafzimmer war auf der anderen Seite des Hauses, also standen die Chancen gut. Es war eine regnerische Nacht, und auch der Himmel trug keine Sterne. Adrenalin machte sich in meinen Adern breit. Doch plötzlich drückte ich die Vollbremsung, denn ich sah etwas dass ich von weitem nicht identifizieren konnte...

Little SecretsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt